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Die Medien, die Finanzkrise und der Neoliberalismus

Nicht nur die Banken sind an der gegenwärtigen Finanzkrise schuld, auch die Medien haben ihre Kontroll- und Warnfunktion vernachlässigt. Die Politik und scheint das Wirtschaftssystem längst nicht mehr zu begreifen. So lautet die Bilanz der Berliner "Akademiegespräche" zum Thema Finanzkrise, an denen der Künstler Klaus Staeck, der Publizist Frank A. Meyer und der Filmemacher Andres Veiel teilnahmen.

Von Frank Hessenland |
    Nicht nur die Medien haben ihre gesellschaftliche Kontroll- und Warnfunktion im Vorfeld der gegenwärtigen Krise sträflich vernachlässigt. Darin sind sich Akademiepräsident Klaus Staeck, Filmemacher Andres Veiel und der Publizist Frank A. Meyer einig. Doch spielen die Medien für sie eine Hauptrolle. Haben nicht alle, sogar linke Zeitschriften das Märchen von der endlosen Geldvermehrung an der Börse verbreitet? Haben nicht die allermeisten Journalisten kritiklos die Abkopplung der Finanzwirtschaft von der Realwirtschaft gefeiert, die sich nun als substanz- und verantwortungsloser Blasenkapitalismus entpuppt. Der Schweizer Publizist Frank A. Meyer ist der Meinung:

    "Es geht um eine Krise der Vernunft und eine Krise des Vertrauens, nämlich das Vertrauen in die Demokratie. Wenn wir heute die Passivität der Menschen sehen: man kann nichts tun, man fühlt sich ohnmächtig, dann ist das auch eine Folge der Sprache. Wir Medienleute, wir Journalisten haben den Menschen die Sprache nicht gegeben, mit der sie sich heute wehren könnten."

    Neben den Medien jedoch - das kam gestern auch schnell zur Sprache -haben natürlich die Banken versagt, die Wirtschaftswissenschaft, dazu noch die Politik. Andres Veiel, der über seinen Film Black Box BRD Kontakte in die Vorstandsetagen der Deutschen Bank und der Regierungsparteien pflegt, attackiert diese als im diskursiven Tiefschlaf befindlich:

    "Im Juni 2007 im Willy-Brandt-Haus: Herr Ackermann redet, sagt, wir sind noch nie so gut dagestanden wie heute, kein Grund zur Beunruhigung. Weiß nicht wie viel Leute im Saal waren, klatschen, danken. Es kommt nicht eine einzige kritische Frage. Was heißt das. Das heißt, dass wir im Moment keine Politik haben, die die Dinge wirklich durchdringt: Warum gibt es keinen Untersuchungsausschuss über all das, was passiert ist? Wir haben weder von der Presse hinreichend Druck, noch von der Politik. Wir benennen es hier in diesem Rahmen, aber es ist folgenlos. Wir reden sozusagen gegen eine Wand da draußen."

    Bedauerlich, dass von der Opposition gestern auch nicht mehr zu erwarten war. Und selbst die Künstler, welche in romantischeren, weniger kommerzialisierten Zeiten als Freigeister eben noch die Finger auf jede Wunde gelegt hätten, scheinen heute nur noch geschockt über die Verluste in ihren Aktiendepots, stellen Klaus Staeck und Frank A. Meyer fest:

    "Es gibt eben eine Problematik der Linken und der Intellektuellen. Sie haben sich nie mit Wirtschaftspolitik auseinandergesetzt, mit Wirtschaft. Drum wirkt der große Grass so sonderbar, wenn er redet zu der Sache. Gerade auch die intellektuellen haben nichts zu sagen. Sie sind nicht da."

    Irgendwie scheinen wir alle in der Falle der Finanzwirtschaft zu sitzen, deren Manager sich alleine in New York zu Weihnachten vor einem Jahr noch 25 Milliarden Doller Boni von den Banken haben auszahlen lassen, die wir heute mit Steuergeld stützen müssen. Demokratiegefährdend kann das noch werden, weil Offenheit, die Kardinaltugend der Demokratie, zum Systemzusammenbruch führen mag, wenn alle aus Angst ihre Konten zu räumen beginnen. Beruhigend war gestern nur, dass in der Akademie noch die Lichter brannten und die Heizung funktionierte.