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Die Milch fließt

Der 1. Juni ist der internationale Tag der Milch: Er wurde ins Leben gerufen wurde, um auf die Bedeutung dieses Nahrungsmittels aufmerksam zu machen. Unterdessen wird in Deutschland die Milch weggekippt, weil die Milchbauern wegen gesunkener Preise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind. Doch trotz des Lieferboykotts rechnet der Einzelhandel nicht mit Engpässen. Die Verbraucher zeigen zwar Verständnis für die Proteste der Landwirte, ändern aber wenig an ihren Gewohnheiten.

Von Verena Kemna |
    "Also, ich gucke schon nach den Preisen. Ich kaufe sie da, wo sie am preiswertesten ist. Aber ich kaufe nach wie vor viel, viel Milch."

    Diese Mutter von zwei kleinen Söhnen hat ihre Einkaufsgewohnheiten wegen der streikenden Milchbauern nicht geändert. Sie kauft jeden Tag mehrere Liter Milch - da, wo sie am billigsten ist, im Discounter. Bis vor wenigen Wochen haben die Landwirte für jeden Liter Milch noch mehr als 40 Cent bekommen. Dann hat der Einzelhandel die Preise gesenkt.

    Nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Milchviehhalter bekommen die Landwirte nur noch 27 bis 35 Cent. Die Preise sind seit Januar um 30 Prozent gesunken, die Produktionskosten dagegen um ein Viertel gestiegen. Der Deutsche Einzelhandel habe darauf keinen Einfluss, so Hubertus Pellengahr, Sprecher des Hauptverbands:

    "Die Milchpreise sind gesunken, weil zu viel Milch da war. Deshalb haben die Molkereien deutliche Preisabschläge in der zurückliegenden Verhandlungsrunde angeboten. Aber man hat von vornherein die Laufzeit der Verträge verkürzt. Die Verträge laufen jetzt nur ein halbes Jahr, nicht ein Jahr, wie das bisher der Fall war - um dann den Erzeugern in einem halben Jahr wieder eine Chance zu geben, höhere Preise durchzusetzen, wenn sich bis dahin die Nachfrage verändert hat und das Angebot knapper geworden ist."

    Die Landwirte fordern einen Mindestpreis von 43 Cent pro Liter. Aus der Sicht des Handels alles eine Frage von Angebot und Nachfrage, meint Hubertus Pellengahr:

    "Der Einzelhandel verhandelt mit den Molkereien. Was die Molkereien dann den Landwirten auszahlen, ist Sache der Molkereien. Das Milchgeld, das die Bauern bekommen, ist sehr unterschiedlich. In Norddeutschland gibt es sehr viel weniger Milchgeld als in Süddeutschland. Dort produzieren die Milchbetriebe sehr viel effizienter. So, dass man überhaupt nicht pauschal sagen kann, ob das zu viel oder zu wenig ist."

    Seit dem Lieferboykott erhalten die Molkereien nur noch etwa zwei Drittel der normalerweise gelieferten Milchmenge. Doch davon ist in den Regalen der Supermärkte nichts zu sehen. Die Kühltruhen sind voll. Auch, wenn der Lieferboykott andauert. Hubertus Pellengahr vom Hauptverband des Deutschen Einzelhandels rechnet auch in den nächsten Wochen nicht mit Engpässen:

    "Die Versorgung des Einzelhandels mit Milch läuft reibungslos. Die Milch fließt im Einzelhandel. Es ist genug Milch da. Die Kühlregale sind voll, die Lager sind voll. Der Preis spielt für die Verbraucher eine große Rolle. Und deshalb wird vorwiegend die Milch zum niedrigsten Preis gekauft. Viele Haushalte können gar nicht mehr bezahlen. Die sind heilfroh, dass die Milch wieder billiger geworden ist, dass der Wettbewerb im Einzelhandel funktioniert. Aber die Milch muss natürlich nicht dauerhaft billig sein. Die kann auch im Herbst wieder teurer werden. Das müssen wir abwarten, wie dann die Marktsituation aussieht."

    Viele Verbraucher haben für die Proteste der Landwirte Verständnis:

    "Die Milch müsste nicht teurer werden, sondern die Verteilung des Erlöses müsste zugunsten der Erzeuger geändert werden."

    "Ich würde sagen, die Bauern müssen mehr haben. Der Aufwand ist viel größer geworden, den die Bauern haben. Aber ich würde sagen, man müsste dann auch notgedrungen mehr bezahlen."

    "Es ist natürlich schwierig, wenn man nicht so viel verdient. Aber ich meine, die haben ja auch viele Kosten, und das geht ja so nicht. Naja, zehn Cent würde ich schon mehr bezahlen."