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Die mögliche Rückkehr der Tuberkulose

Tuberkulose – in Deutschland löst diese Krankheit keine Angst mehr aus. Wenige Menschen nur stecken sich bei uns mit der Tuberkulose an. In den Staaten der ehemaligen Sowjetunion dagegen ist die Tuberkulose auf dem Vormarsch. Das hat auch Bedeutung für Deutschland, war auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Lungeheilkunde in Berlin zu erfahren.

Von Volkart Wildermuth. |
    Der Zusammenbruch der Sowjetunion in den 90er Jahren traf auch das Gesundheitswesen. Die Krankenhäuser konnten nur noch eingeschränkt arbeiten, es fehlte an Ärzten und Medikamenten. Besonders in den überfüllten Gefängnissen breitete sich das Tuberkulosebakterium aus. Die Folge: in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion schnellten die Tuberkuloseraten in die Höhe, verdoppelten sich fast im Lauf von nur 10 Jahren. Während hierzulande unter 100.000 Menschen nur acht an der Lungenseuche erkranken, schätzt die Weltgesundheitsorganisation, dass in der Russischen Föderation von 100.000 Einwohnern über 120 Menschen an einer TB leiden.

    Und nicht nur das. Die Tuberkulose ist eine ausgesprochen schwierig zu behandelnde Krankheit. Die Patienten müssen drei Antibiotika gleichzeitig über ein halbes Jahr einnehmen um das Bakterium zu besiegen. Wird die Behandlung nicht konsequent durchgehalten, entwickelt der Erreger Resistenten, das heißt er spricht auf die Medikamente nicht mehr an, die Tuberkulose ist medizinisch dann nur schwer zu beherrschen. Immerhin haben sich die Erkrankungsraten mittlerweile auf hohen Niveau stabilisiert, aber das beruhigt Dr. Daniel Sagebiel vom Deutschen Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose kaum.

    "Hier kann man aber in keinster Weise Entwarnung geben, die Raten sind enorm hoch nach wie vor, die Resistzenzraten sind enorm hoch und in Folge zunehmender Migration werden wir auch mit diesem Problem konfrontiert werden in Zukunft, wir sehen jetzt schon ein Ansteig der Raten der Migranten mit einer Tuberkulose, das heißt es reicht eben auch nicht hier eben Aktivitäten in Deutschland durchzuführen die Therapie der Tuberkulose zu forcieren sondern man muss vor allem auch Projekte in den Hochprävalenzländern forcieren."

    Zu den Hochprävalenzländern gehören mittlerweile auch einige EU-Staaten. Während etwa in Polen oder der Tschechische Republik die Tuberkulose im Griff ist, haben besonders Lettland und Litauen große Probleme. Allerdings ist die Bevölkerung der baltischen Republiken relativ klein, so dass sich die Tuberkulose dort mit EU-Hilfe schnell wirksam bekämpfen lassen sollte. Schwieriger ist die Situation in der Region Kaliningrad, die zwar zwischen Polen und Litauen liegt, aber zu Rußland gehört. Seit dem Abzug der Militärs fehlt es hier an allem. Die Menschen kämpfen jeden Tag ums überleben – ein idealer Nährboden für den Tuberkuloseerreger, das sich dramatisch ausbreitet. Hier versucht der Verein Agitas-Circle zu helfen. Als ersten Schritt hat Dr. Dietrich Rohde in der Region Kaliningrad Informationskampagnen für die Bevölkerung und Fortbildungen für Ärzte organisiert.

    "Jetzt beginnt eben die Basisarbeit dahingehend, dass ich eben die Feldschere ausgestattet habe mit Fahrrädern, Rucksäcken und medizinischem Handwerkszeug, damit sie überhaupt arbeiten können und ihre Patienten aufsuchen können. Bringe jetzt einen Minibus rüber um die Patienten vom Dorf in die Stadt fahren zu können, damit sie untersucht werden können, damit die Untersuchungsmaterialien in die Zentrallaboratorien geschickt werden können, nichts ist vorhanden. "

    Im Labor kann auch überprüft werden, auf welche Medikamente das Tuberkulosebakterium noch anspricht, welche Behandlungsmöglichkeiten bleiben. Häufig sind die Erreger gleichzeitig gegen viele Antibiotika resistent sind und auch unter optimalen medizinischen Bedingungen kaum noch zu bekämpfen. Dietrich Rohde spricht von einer Tuberkulose mit neuem Gesicht. Dazu kommt, dass sich das AIDS-Virus in Kaliningrad wie in der russsichen Föderation generell, rasch ausbreitet und dabei auch das Tuberkuloseproblem noch einmal verschärft. Deshalb fordert Dietrich Rohde dazu auf, die medizinische Versorgung in Kaliningrad massiv zu unterstützen, schon aus Eigeninteresse. Denn multiresistente Tuberkuloseerreger gibt es auch in Deutschland. Unter Russlanddeutschen sind sie besonders häufig anzutreffen. Diese Gruppe wird ärztlich gut betreut. Anders sieht es bei den illegalen Migranten aus, erläutert Daniel Sagebiel.

    "Wir haben in einer Studie gesehen, dass ungefähr fünf Prozent aller Tuberkulosepatienten in Deutschland sich illegal hier befinden und hier kommt es oft zu einer Diagnoseverzögerung, da Patienten Angst haben, zum Arzt zu gehen, da sie das entweder nicht finanzieren können oder sich eben offiziell machen müssten und dann eventuell abgeschoben werden würden, ich denke es ist dringend erforderlich, dass eine politische Lösung gefunden wird um hier eben eine Behandlungssicherheit zu gewährleisten für diese Patienten."

    Aus Sicht des Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose sollte dieser Gruppe von Kranken mit liberalen Lösungen geholfen werden. In Deutschland sterben jedes Jahr immer noch etwa 400 Menschen an einer Tuberkulose. Wenn diese Zahl nicht steigen soll, muss der Erreger konsequent bekämpft werden, hierzulande aber auch in Osteuropa.