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Die Nadel im Heuhaufen

Astronomie.- Im kalifornischen Santa Clara haben am Wochenende mehr als 500 Astronomen über den eigenen Tellerrand geschaut. Dabei wissen sie eigentlich gar nicht so recht, wohin sie schauen sollen, denn sie suchen Außerirdische. Vielleicht aber auf die falsche Weise?

Von Guido Meyer | 16.08.2010
    "Das hier ist genau das Piepen, das SETI aus dem ganzen Lärm des Weltalls heraushören soll. Es ist eigentlich schon viel zu laut. Die Hintergrundgeräusche sind im Verhältnis zu den Pieptönen viel zu leise. Was Sie da gehört haben, ähnelt den Signalen, nach denen wir suchen. Dummerweise hat dieses Beispiel den Test nicht bestanden. Es liegt genau im Frequenzspektrum, das Satelliten zur Datenübertragung verwenden. Es ist also leider keine Mitteilung einer außerirdischen Zivilisation."

    James Forster ist auf der Suche nach Außerirdischen. Der Astronom arbeitet im SETI-Institut im kalifornischen Silicon Valley. Nacht für Nacht suchen die Wissenschaftler in Mountain View den Himmel nach Radiosignalen ab – nach solchen, die eine Art Sinn ergeben, also beispielsweise mit einer gewissen Regelmäßigkeit auftreten.

    Auch der Astronom Seth Shostak beteiligt sich am SETI-Institut an der Suche nach der Nadel im Heuhafen.

    "In unserer Galaxie gibt es ein paar hundert Milliarden Sterne. Wenn wir jeden dieser Sterne auf die Größe eines Sandkorns verkleinern würden, erhielten wir eine Lkw-Ladung voller Sand. Die Menge an Sand jedoch, die wir bislang näher untersucht haben, würde in meine Handfläche passen. Wir haben also gerade erst mit der Suche nach anderen Zivilisationen begonnen. Es überrascht mich nicht, dass wir sie noch nicht gefunden haben."

    Das sind die Argumente, die Astronomen ins Feld führen, um ihre Suche zu rechtfertigen. Die Vorwürfe von Kritikern, dass sie nach Jahrzehnten immer noch nichts gefunden haben, griffen zu kurz, sagt Seth Shostak.

    "Ich schaue in meinen Garten und sehe dort keine Bären. Und das, obwohl Bären Millionen von Jahren Zeit gehabt hätten, sich dort niederzulassen. Kann ich aus der Beobachtung meines Gartens also mit Recht schließen, dass es in Nordamerika keine Bären gibt? Wohl kaum. Die Suche nach Außerirdischen aufzugeben hieße, aus extrem lokalen Beobachtungen allgemein gültige Schlüsse zu ziehen."

    Auf das All übertragen, entspricht Seth Shostaks Garten etwa einem Gebiet mit einem Radius von 70 Lichtjahren. Weiter haben es Radio- und Fernsehsignale von der Erde noch nicht ins All geschafft. Sind die Außerirdischen weiter weg, hätten sie bislang keine Gelegenheit gehabt, auf die Menschheit aufmerksam zu werden. Also müssen die Menschen selbst tätig werden.

    "Wir suchen nach Radiowellen, und wir suchen nach Lichtblitzen. Vielleicht zieht eine andere Zivilisation es ja vor, Laser statt Funkwellen einzusetzen. Radiowellen bewegen sich mit Lichtgeschwindigkeit fort, was nach unserem Kenntnisstand die schnellste Form der Datenübertragung ist. Außerdem durchdringen sie Gas- und Staubwolken, und sie lassen sich ohne großen Aufwand über weite Strecken schicken."

    An ihrer Technik zweifeln die Astronomen also nicht, wohl aber an ihren Methoden. Denn vielleicht haben sie bislang falsch gesucht. In der Hoffnung auf außerirdische Signale richten sie derzeit ein Radioteleskop auf einen Stern und belauschen ihn permanent – für mehrere Stunden, manchmal für Tage.

    "Diese Methode macht nur dann Sinn, wenn wir annehmen, dass die Außerirdischen nichts besseres zu tun haben, als permanent ein Signal in unsere Richtung zu schicken. Da sie wahrscheinlich nicht wissen, dass es uns gibt und wo wir sind, ist es aber viel wahrscheinlicher, dass sie nur ab und zu ein Signal in unsere Richtung senden - vielleicht alle zehn Minuten, vielleicht einmal in der Stunde oder nur alle zehn Tage. Solche sporadischen Signale würden wir jedoch übersehen, weil wir alle zwei bis drei Minuten einen Mittelwert aller eintreffenden Signale auswerten. Kurze Ausschläge fallen dabei durch's Raster."

    Die Universität von Kalifornien in Berkeley hat ihre Suche bereits entsprechend umgestellt – in der Hoffnung auf kurze Spitzen statt gleichmäßigen Signalen.