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Die nächste Runde der Zypern-Gespräche

Die politischen Führer Zyperns, der Grieche Dimitris Christofias aus dem Süden der Insel und Mehmet Ali Talat vom Nordteil Zyperns, wollen ab heute intensiv über die Hindernisse bei der Wiedervereinigung der Mittelmeerinsel beraten. Die höchste Hürde dabei ist die Frage nach der politischen Machtverteilung einer wiedervereinigten Insel.

Von Susanne Güsten | 11.01.2010
    "Hello."

    "Hello."

    Begegnung zwischen zwei Nachbarinnen in Nikosia: den Ehefrauen des griechisch-zyprischen Staatspräsidenten und des zyperntürkischen Volksgruppenführers. Auf Englisch begrüßen sich Elsie Christofias und Oya Talat, in der Sprache der früheren Kolonialherren auf Zypern, dann setzen sie die Unterhaltung mit Dolmetschern fort - und diese Verständigungsschwierigkeiten sind noch das geringste Problem bei der Wiedervereinigung von Zypern. Denn die Insel ist seit mehr als 35 Jahren zwischen Griechen und Türken geteilt:

    "Thank you."

    "Thank you very much…"

    Die Stimmung war dennoch optimistisch bei diesem Treffen im Frühjahr 2008, als Oya Talat der frischgebackenen First Lady der Zyperngriechen eine Zimmerpflanze überbrachte und die besten Wünsche für eine gemeinsame Zukunft in Frieden und Wohlstand.

    Dimitris Christofias war damals gerade zum Präsidenten der Republik Zypern gewählt worden und hatte umgehend sein Wahlversprechen wahrgemacht, direkte Gespräche mit dem türkischen Volksgruppenführer Mehmet Ali Talat aufzunehmen. Weil Talat selbst Befürworter einer Einigung mit den Zyperngriechen ist, ging zunächst alles ganz schnell - der symbolträchtige Grenzübergang an der Ledrastraße wurde geöffnet, die UN entsandte einen Beauftragten, und im selben Herbst begannen die beiden Volksgruppenführer direkte Verhandlungen über eine Wiedervereinigung von Zypern. Eine schwierige Mission, wie der UN-Beauftragte Alexander Downer nach den ersten Verhandlungsrunden einräumte, aber nicht aussichtslos:

    "Seit mehr als drei Jahrzehnten ist immer wieder versucht worden, eine Friedenslösung für Zypern zu finden, und bisher sind alle Versuche gescheitert. Aufgrund dieser Erfahrungen denken viele Zyprer, dass es auch diesmal wieder nichts wird. Ihnen würde ich gerne sagen: Wenn es jemals eine Einigung geben soll, dann wird dazu vor allem eines notwendig sein, eine grundlegende Voraussetzung, und das ist der politische Willen der beiden Volksgruppenführer."

    Den Willen haben Christofias und Talat bewiesen: Woche für Woche treffen sich die beiden Männer seit September 2008, um die Bedingungen für die Wiedervereinigung auszuhandeln. Mehr als 60 Verhandlungsrunden haben sie inzwischen hinter sich und durchaus Fortschritte erzielt auf einigen Gebieten. Die brenzligsten Bedenken aber, so zeigt sich inzwischen, lassen sich nicht so einfach wegdiskutieren. Einer dieser Brennpunkte ist das Misstrauen zwischen den beiden Volksgruppen - die blanke Angst, wie Downer sagt:

    "Auf beiden Seiten gibt es viel Angst um die eigene Sicherheit. Zyperngriechen halten mich auf der Straße an, um mir zu sagen, dass sie die türkischen Truppen auf der Insel fürchten. Und die Zyperntürken sagen, dass sie um ihre Sicherheit fürchten würden, wenn die türkischen Truppen nicht da wären. Die Herausforderung besteht darin, eine Lösung zu finden, die beiden Volksgruppen ein solides Gefühl der Sicherheit gibt."

    Ein Problem, das in den Verhandlungen noch nicht gelöst werden konnte - eben so wenig wie die beiden anderen Hauptprobleme. Eines davon ist die Machtverteilung zwischen griechischer Mehrheit und türkischer Minderheit in dem angestrebten Bundesstaat. Das andere Problem ist die Eigentumsfrage, also die Frage nach Rückgabe oder Entschädigung des Grundbesitzes, der im Bürgerkrieg enteignet wurde. Inzwischen tickt die Uhr, denn in diesem Frühjahr stehen wieder Präsidentschaftswahlen an, diesmal im türkischen Teil von Zypern, in der international nicht anerkannten Türkischen Republik Nordzypern. Amtsinhaber Mehmet Ali Talat muss sich von seinen Gegnern schon jetzt vorwerfen lassen, den Zyperngriechen zu gutgläubig zu begegnen. Im zyperntürkischen Fernsehen begegnete er diesem Vorwurf jetzt frontal:

    "Ja, ich bin gutgläubig: Ich glaube an eine Lösung. Wenn wir nicht daran glauben würden, könnten wir es nicht schaffen. Ich glaube aufrichtig, dass wir eine Lösung finden können. Wenn man mich deshalb gutgläubig nennen will, dann habe ich da nichts dagegen: Das ist doch nichts Böses: Ich weiß auch, dass mir vorgeworfen wird, ich würde mich in den Zyperngriechen täuschen oder mich von ihnen täuschen lassen. Aber dem ist nicht so. Ich bin gutwillig, ich setze mich für eine Lösung ein, ich arbeite für eine Lösung, und wenn das nicht klappt, dann wird es an mir nicht gelegen haben und das wird die ganze Welt sehen können."

    Lange wird Talat aber wohl nicht mehr am Verhandlungstisch sitzen: Die Demoskopen sagen ihm eine vernichtende Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen im April voraus. Mit mehr als 20 Prozentpunkten Vorsprung werden die Umfragen vom derzeitigen Ministerpräsidenten Dervis Eroglu angeführt, einem Nationalisten und bekennenden Vereinigungsskeptiker. Unter diesem Druck wollen Talat und Christofias nun einen letzten Spurt versuchen und ziehen sich zur Klausur zurück - die erste solche Tagung beginnt heute und soll drei Tage dauern.