Wie ein großes verwittertes Schiff scheint das Parlamentsgebäude von Dhaka in Bangladesch auf dem Wasser zu schweben, eine graue Arche aus Stein, die auf wundersame Weise das Klobige eines Findlings mit den Formen avancierter Geometrie zusammenbringt. Und die nebenbei auch sehr gut benutzbar ist: Der 1983 fertiggestellte Komplex eröffnet trotz seiner Monumentalität großzügige Plätze und Räume. Ein Regierungssitz, der am Wochenende zum Treffpunkt und Ausflugsziel wird, das muss man erst mal hinkriegen.
Louis Kahn, der amerikanische Architekt, hat sich im Alter von fast 60 Jahren noch einmal neu erfunden. Als er Ende der 1950er-Jahre das Jewish Community Center bei Trenton in New Jersey baute, entdeckte er nicht nur das Jüdische in sich, sondern auch die Geschichte an sich. Und ging dann noch weiter zurück: Seine späten Bauten sind eine spielerische Mischung aus Archaik und Moderne; sie wirken monumental und schwer, sind funktionell aber leicht begehbar, kommunikativ, lichtdurchflutet. Sie sind geprägt von einer ungeheuren Geschichtskenntnis ihres Erbauers, der auf seinen zahlreichen Reisen (nach Ägypten, Italien, Griechenland, Indien, aber auch nach Europa) stets den Zeichenstift mit sich führte; diese Skizzen, die man bei Vitra nun sehen kann, sind seine Inspirationsquelle.
Und doch hat er ganz anders angefangen: Der 1901 in Estland geborene Kahn begann in den 1940er-Jahren als Stadtplaner in Philadelphia, baute zunächst Arbeiterviertel und wollte auch den boomenden Verkehr tangential neu ordnen. Dieser strukturalistische Zugriff findet sich in allen Kahn-Werken, wenngleich die im Lauf einer langen Karriere sich wandelten - Wasser, Wind und Licht wurden als Elemente immer wichtiger, die Einbettung in die Landschaft, das Schaffen von Kommunikationsräumen, die Nutzung von Naturstein statt Eisen, Beton und Glas. Kahns 1962 geborener Sohn Nathaniel hat mit dem Film "My Architect" versucht, sich dem Werk des Vaters zu nähern - einige instruktive Clips über Kahns große Bauten sind in der Ausstellung zu sehen.
Das spektakulärste Exponat aber ist ein drei Meter hohes Modell des von Kahn ab 1952 geplanten City Tower für seine Heimatstadt Philadelphia. Wie eine DNS-Doppelhelix winden sich Verstrebungen, Schrägen, Geraden, Dreiecke und übereinandergeschichtete Waben um ein stabilisierendes Zentrum in die Höhe. 180 Meter hoch sollte dieser Turm für die Stadtverwaltung werden - er wurde nicht gebaut, wie so vieles, was Kahn entwarf. Aber er zeigt exemplarisch die frühe Philosophie dieses großen Architekten: Die Biologie, die Natur selber ist das Vorbild, an dem man sich ausrichtet. Sie liefert Modelle und Anschauungsmaterial, das man konstruktiv nutzen kann.
Das Haus, das Heim, das Privathaus ist für Kahn die Ur-Zelle der Architektur. Aber auch hier gelingt ihm eine Integration moderner Module, zum Teil Fertigbauteile, mit geheimnisvoller Lichtführung, Naturhölzern und Anpassung an die Landschaft, zum Beispiel beim Fisher-Haus 1967. Dass der Garten dominanter Teil der Architektur sein kann, zeigte Kahn auch mit dem taghellen Kimbell Art Museum in Texas 1973. Und mit den statuarischen naturwissenschaftlichen Laboratorien des Salk Institute im kalifornischen La Jolla demonstrierte er seine Philosophie der dienenden und bedienten Räume: Der aufwendigen Gebäudetechnik wurden eigene Stockwerke zugewiesen, sie war nun auf einmal wahrnehmbar.
Trotz all dieser Finessen ist Kahns Grundfrage, wie Architektur Gemeinschaft stiften kann. Und wie sie, ohne vergangene Stilepochen zu kopieren, übergeschichtliche Grundmuster des Bauens für die Moderne fruchtbar machen kann. Besonders Kahns letzte, in Indien verwirklichte Gebäude erfüllen diesen Anspruch:
Sie sind wie Signets, archaische Volumina, sie wirken roh und sind doch sehr praktisch benutzbar. Hier, das ist jedenfalls die These der Ausstellung, schließt Kahn auch an seine frühe Tätigkeit als Stadtplaner wieder an, sagt Kurator Jochen Eisenbrand.
"Ich glaube, dass er insofern wieder an diese frühen Überlegungen anschließt, als er auf diesem Campus des Indian Institute of Management in Ahmedabad, das er entworfen hat von 1962 im Grunde bis zu seinem Tod, fast eine eigene Stadtlandschaft schafft mit Arkadengängen, mit großzügigen Plätzen, mit Anlagen, in denen sich die Studenten nicht nur während der Seminare treffen können, sondern auch außerhalb der Seminare, die dazu einladen, sich auszutauschen, die dazu einladen, ein Leben auf diesem Campus zu erschaffen, so wie man sich das auch in der Stadt wünschen würde, dass die Architektur ein öffentliches Leben ermöglicht."
Den 1974 gestorbenen großen Architekten Louis Kahn kann man nun im Vitra Design Museum in Weil am Rhein treffen. Die Ausstellung zeigt auch ausführlich seine strengen Sakralbauten, die er, als Jude, für alle drei Weltreligionen gebaut hat.
Louis Kahn, der amerikanische Architekt, hat sich im Alter von fast 60 Jahren noch einmal neu erfunden. Als er Ende der 1950er-Jahre das Jewish Community Center bei Trenton in New Jersey baute, entdeckte er nicht nur das Jüdische in sich, sondern auch die Geschichte an sich. Und ging dann noch weiter zurück: Seine späten Bauten sind eine spielerische Mischung aus Archaik und Moderne; sie wirken monumental und schwer, sind funktionell aber leicht begehbar, kommunikativ, lichtdurchflutet. Sie sind geprägt von einer ungeheuren Geschichtskenntnis ihres Erbauers, der auf seinen zahlreichen Reisen (nach Ägypten, Italien, Griechenland, Indien, aber auch nach Europa) stets den Zeichenstift mit sich führte; diese Skizzen, die man bei Vitra nun sehen kann, sind seine Inspirationsquelle.
Und doch hat er ganz anders angefangen: Der 1901 in Estland geborene Kahn begann in den 1940er-Jahren als Stadtplaner in Philadelphia, baute zunächst Arbeiterviertel und wollte auch den boomenden Verkehr tangential neu ordnen. Dieser strukturalistische Zugriff findet sich in allen Kahn-Werken, wenngleich die im Lauf einer langen Karriere sich wandelten - Wasser, Wind und Licht wurden als Elemente immer wichtiger, die Einbettung in die Landschaft, das Schaffen von Kommunikationsräumen, die Nutzung von Naturstein statt Eisen, Beton und Glas. Kahns 1962 geborener Sohn Nathaniel hat mit dem Film "My Architect" versucht, sich dem Werk des Vaters zu nähern - einige instruktive Clips über Kahns große Bauten sind in der Ausstellung zu sehen.
Das spektakulärste Exponat aber ist ein drei Meter hohes Modell des von Kahn ab 1952 geplanten City Tower für seine Heimatstadt Philadelphia. Wie eine DNS-Doppelhelix winden sich Verstrebungen, Schrägen, Geraden, Dreiecke und übereinandergeschichtete Waben um ein stabilisierendes Zentrum in die Höhe. 180 Meter hoch sollte dieser Turm für die Stadtverwaltung werden - er wurde nicht gebaut, wie so vieles, was Kahn entwarf. Aber er zeigt exemplarisch die frühe Philosophie dieses großen Architekten: Die Biologie, die Natur selber ist das Vorbild, an dem man sich ausrichtet. Sie liefert Modelle und Anschauungsmaterial, das man konstruktiv nutzen kann.
Das Haus, das Heim, das Privathaus ist für Kahn die Ur-Zelle der Architektur. Aber auch hier gelingt ihm eine Integration moderner Module, zum Teil Fertigbauteile, mit geheimnisvoller Lichtführung, Naturhölzern und Anpassung an die Landschaft, zum Beispiel beim Fisher-Haus 1967. Dass der Garten dominanter Teil der Architektur sein kann, zeigte Kahn auch mit dem taghellen Kimbell Art Museum in Texas 1973. Und mit den statuarischen naturwissenschaftlichen Laboratorien des Salk Institute im kalifornischen La Jolla demonstrierte er seine Philosophie der dienenden und bedienten Räume: Der aufwendigen Gebäudetechnik wurden eigene Stockwerke zugewiesen, sie war nun auf einmal wahrnehmbar.
Trotz all dieser Finessen ist Kahns Grundfrage, wie Architektur Gemeinschaft stiften kann. Und wie sie, ohne vergangene Stilepochen zu kopieren, übergeschichtliche Grundmuster des Bauens für die Moderne fruchtbar machen kann. Besonders Kahns letzte, in Indien verwirklichte Gebäude erfüllen diesen Anspruch:
Sie sind wie Signets, archaische Volumina, sie wirken roh und sind doch sehr praktisch benutzbar. Hier, das ist jedenfalls die These der Ausstellung, schließt Kahn auch an seine frühe Tätigkeit als Stadtplaner wieder an, sagt Kurator Jochen Eisenbrand.
"Ich glaube, dass er insofern wieder an diese frühen Überlegungen anschließt, als er auf diesem Campus des Indian Institute of Management in Ahmedabad, das er entworfen hat von 1962 im Grunde bis zu seinem Tod, fast eine eigene Stadtlandschaft schafft mit Arkadengängen, mit großzügigen Plätzen, mit Anlagen, in denen sich die Studenten nicht nur während der Seminare treffen können, sondern auch außerhalb der Seminare, die dazu einladen, sich auszutauschen, die dazu einladen, ein Leben auf diesem Campus zu erschaffen, so wie man sich das auch in der Stadt wünschen würde, dass die Architektur ein öffentliches Leben ermöglicht."
Den 1974 gestorbenen großen Architekten Louis Kahn kann man nun im Vitra Design Museum in Weil am Rhein treffen. Die Ausstellung zeigt auch ausführlich seine strengen Sakralbauten, die er, als Jude, für alle drei Weltreligionen gebaut hat.