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Die neue Eiszeit zwischen Georgien und Russland

Erst erhöhte Russland die Preise für die Erdgaslieferungen, dann wurden Anschläge auf Gas- und Stromleitungen in Richtung Georgien verübt. Die Folge waren massive Energie-Engpässe. Der Streit um das Gas hat auch die Beziehungen zwischen Georgien und Russland bis auf den Gefrierpunkt abkühlen lassen - weshalb die Regierung in Tiflis jetzt auf mehr Unabhängigkeit setzt.

Von Gesine Dornblüth |
    Gela Bezhuashvili ist ein Mann mit Humor. Aber wenn es um den Nachbarn Russland und dessen Gaspolitik geht, dann ist der Spaß für den Außenminister Georgiens vorbei. Ihn ärgert vor allem die Art, mit der Russland nach den Anschlägen mit Georgien umgegangen ist.

    " Russland hat 24 Stunden geschwiegen. Ein Gas- und Stromausfall stellt das Land und seine Regierung auf eine harte Probe. Wir hätten erwartet, dass die russischen Behörden sich sofort bei uns melden und erklären, was passiert ist. Wir fragen uns - und das sollte auch die Europäische Union tun - ob wir es bei Russland mit einem transparenten und zuverlässigen Partner zu tun haben, oder ob Russland mit Energie spielt und die Karten je nach dem zieht, ob ihm ein Land gefällt."

    Nach den Anschlägen auf die Pipeline am Sonntag waren in Georgien für mehrere Stunden komplett Gas und Strom ausgefallen. Mittlerweile wird das Land über den Nachbarn Aserbaidschan beliefert, aber nicht in vollem Umfang. Die Georgier heizen mit Gas. Wer keinen Kamin oder Holzofen hat, sitzt in der Kälte. Der georgische Argwohn gegenüber Russland ist groß. Russland bemüht sich seit langem darum, Pipeline-Netze im nahen Ausland aufzukaufen: Im Südkaukasus, in Weißrussland, in der Ukraine. Lange war der Verkauf der Pipeline für die Georgier ein Tabu. Doch erst in den letzten Wochen wurden in Tiflis Überlegungen laut, dem Drängen der Russen doch noch nachzugeben. Die Regierung Georgiens steht unter Erfolgsdruck. Die Privatisierung läuft. Der Staatshaushalt hat sich zwar seit der Rosenrevolution vor zwei Jahren verfünffacht, doch trotz allem bleibt ein erheblicher Finanzbedarf. Kein Grund, sich in eine noch stärkere Abhängigkeit von Russland zu stürzen, findet Außenminister Bezhuashvili:

    " Ich gehöre zu denen, die nicht glauben, dass wir die Pipeline verkaufen müssen. Wir werden nicht weiter in Betracht ziehen, diese Pipeline an Russland abzugeben. Denn das wäre ein weiteres starkes Verhandlungsinstrument in den Händen unberechenbarer Lieferanten."

    Georgien bleibe nur ein Weg: Es müsse sich unabhängig machen von russischen Energielieferungen, betont Bezhuashvili. Damit hat die kleine Südkaukasusrepublik bereits begonnen. Zur Zeit wird eine Gaspipeline vom aserbaidschanischen Baku am Kaspischen Meer über Georgien ins türkische Erzurum fertig gestellt. Diese Gaspipeline läuft parallel zur Ölpipeline Baku-Ceyhan, die im vergangenen Jahr in Betrieb genommen wurde. Von 2007 an soll Georgien für den Transit Gas aus Aserbaidschan erhalten. Außerdem blicken die Georgier nach Süden. Dort baut das Nachbarland Armenien gerade eine Gasleitung in den Iran.

    " Wir werden ganz sicher diese Möglichkeit nutzen. Sobald die Leitung fertig ist, werden wir versuchen, Gas von Iran zu bekommen."

    Und dann ist da noch die jüngste Initiative des georgischen und des ukrainischen Präsidenten: Das so genannte "Bündnis demokratische Wahl" - eine strategische Gemeinschaft, der sich außer Georgien und der Ukraine bereits die baltischen Staaten, Moldau und Aserbaidschan angeschlossen haben - allesamt Nachfolgestaaten der Sowjetunion, die auf Distanz zu Russland gegangen sind. Gemeinsam wollen sie Alternativen zum Energielieferanten Russland entwickeln. Bezhuashvili hat große Pläne:

    " Ziel ist es, die europäische Staatengemeinschaft zu alarmieren. Wir müssen eine umfassende euroatlantische Strategie für die Energiesicherheit entwerfen. Wir sind bereit, dies zu unterstützen. Wir liegen geographisch günstig. Es können weitere Pipelines von Zentralasien durch das Kaspische Meer, durch Georgien, die Türkei, das Schwarze Meer und die Ukraine gebaut werden. Die europäischen Staaten sollten über solche Projekte nicht nur nachdenken, sondern in sie investieren, denn die Zeit läuft."

    Noch allerdings setzen die Zentralasiatischen Staaten eher auf eine Partnerschaft mit Russland. Bezhuashvili lenkt dementsprechend ein:

    " Russland sollte auch ein Partner sein. Ich sage ja nicht, dass es ganz ohne Russland gehen sollte. Es darf aber nicht der einzige Lieferant, Verkäufer und auch noch Besitzer des Transitsystems sein."