Samstag, 20. April 2024

Archiv


Die neue Sekundarschule in NRW

In der kommenden Woche soll bekannt gegeben werden, wo in NRW die ersten Sekundarschulen ab dem Schuljahr 2012/2013 entstehen. Was genau dieses neue Schulmodell beinhaltet, hat der Verband Bildung und Erziehung in einem Workshop erklärt.

Von Andrea Lueg | 27.01.2012
    Rainer Michaelis vom Schulministerium NRW kommt mit seinem Vortrag nicht so recht voran, immer wieder müssen Verständnisfragen geklärt werden: Wie viele Schüler pro Klasse braucht man mindestens, um eine Sekundarschule zu gründen? Müssen alle Sekundarschulen Ganztagsschulen sein? Kann eine Sekundarschule mehrere Standorte haben? Der Leiter der Projektgruppe regionale Schulentwicklung bemüht sich redlich, zunächst mal mindestens das zu erklären, was schon feststeht.

    Das Publikum ist gut informiert und kritisch. Überwiegend sind es Hauptschullehrer und -schulleiter, die sich, wie Gisela Kusenberg überlegen müssen, wie es mit ihren Schulen weitergeht.

    "Im Moment fühlen wir uns ganz gut, aber in Zukunft haben wir schon Befürchtungen, dass wir immer weniger Schüler bekommen, weil die anderen Schulformen bevorzugt werden/L2 Wie mache ich das so attraktiv, dass die Eltern sich für uns entscheiden und dass ich so eine Vorstellung habe, wenn wir mehr anbieten, was in Richtung bessere Schulabschlüsse noch geht, dass dann die Eltern sich für uns entscheiden. Und der Name Hauptschule ist einfach schädigend."

    Sekundarschule klingt da besser. Die Sekundarschule umfasst Klasse 5-10, soll eine Ganztagsschule sein und muss mit mindestens einem Gymnasium, einer Gesamtschule oder einem Berufskolleg kooperieren, sodass anschließend alle Schüler bei entsprechenden Leistungen bis zum Abitur gelangen können. Dafür sind neun Jahre vorgesehen. An der neuen Schulform soll nach gymnasialen Standards unterrichtet werden.

    "Das ist etwas, wo ich denke, auch das ist nicht durchdacht. Letztlich ist es eine Zusammenlegung von Haupt- und Realschule und kein Elternteil, dass die Möglichkeit hat, sein Kind auf ein Gymnasium zu schicken, wird sein Kind an der Sekundarschule anmelden, da bin ich ziemlich sicher."

    Rainer Michaelis hält dagegen:
    "Seitdem das G8-Modell an den Gymnasien gilt und die Gesamtschulen das G9-Modell fahren, sind die Gesamtschulen für viele Eltern sehr attraktiv geworden, ich glaube, dass es für die Sekundarschulen genauso gelten wird, weil zunehmend viele Eltern sich nicht sicher sind am Ende der Klasse 4 mit zehn Jahren die Kinder in eine ganz bestimmte Richtung zu schicken."

    Die neue Schulform bietet viele Varianten: der Unterricht kann integriert, teilintegriert oder kooperativ stattfinden. Das heißt, man kann entweder innerhalb einer Klasse auf verschiedenen Leistungsniveaus unterrichten, oder man richtet in einigen Fächern unterschiedliche Klassen ein oder es gibt ab Klasse 7 zwei Bildungsgänge mit unterschiedlichen Anforderungen. Die Konzepte, die für die Genehmigung neuer Sekundarschulen eingereicht wurden, haben Lehrer und Schulleiter ausgearbeitet. Dass sie dann später auch an den neuen Schulen arbeiten werden, ist nicht 100prozentig sicher. Gisela Kusenberg formuliert es so:

    "Wir machen die ganze Arbeit und schaffen uns dann eigentlich hinterher selber ab."

    Tatsächlich muss zum Beispiel ein Hauptschullehrer, dessen Schule in eine Sekundarschule aufgeht, um Versetzung bitten. Dass er an die Sekundarschule kommt ist aber nicht garantiert. Rainer Michaelis erklärt, dass man sich bemühen wird, allen Lehrern gute Angebote zu machen. Aber es werden auch nicht alle, die das möchten an eine Sekundarschule kommen. Denn dort sollen zum Beispiel auch Gesamtschullehrer unterrichten. Welche Anforderungen genau an die neuen Schulleiter der Sekundarschulen gestellt werden, muss noch geklärt werden. Und was zum Beispiel aus Seiteneinsteigern an den Schulen werden soll oder wie es um die Schulsozialarbeit an Sekundarschulen steht, kann Rainer Michaelis nicht beantworten. Und sorgt damit für Unmut unter den Teilnehmern. Hauptschulleiterin Gisela Kusenberg geht zwar gut informiert, aber dennoch frustriert nach Hause:

    "Es hat mir ein bisschen mehr Klarheit gebracht so in der Richtung, das ich im Moment eher darüber nachdenke, das nicht zu machen, weil die Position der Lehrer und auch der Schulleitung nicht wirklich geregelt sind. Und es ärgert mich, dass man nicht wahrnimmt, wie gut die Kollegen alle gearbeitet haben, dass sie die Arbeit machen und hinterher außen vor bleiben."