Archiv


Die ökologischen Standards der Olympischen Spiele in Sidney 2000 aus der Sicht Bonner Wissenschaftler

Am 15. September beginnen die Olympischen Spiele 2000 im australischen Sydney. Neben 10 000 Athleten und 5000 Funktionären werden bis zu 700 000 Zuschauer erwartet. Ein Großereignis ersten Ranges, das nicht nur die Frage nach seinem Nutzen und den Kosten aufwirft, sondern auch nach der Umweltzerstörung, die es hinterläßt. Denn bei allem Bemühen darum, Umweltrichtlinen einzuhalten: umweltfreundlich ist eine solche Veranstaltung nicht zu machen. Dennoch: Sydney will als Austragungsort Grüner Spiele in die Sportgeschichte eingehen, und dass es seinerzeit den Zuschlag bekam, können die australischen Umweltorganisationen schon als Erfolg verbuchen. Denn von allen Mitbewerbern, die ebenso umweltfreundliche Konzepte vorlegten, erhielt Sydney die breiteste Unterstützung nationaler und internationaler Umweltschutz-organisationen. Ein deutsches Forscherteam vom Geograpgischen Institut der Universität Bonn hat untersucht, inwieweit es den Australiern gelungen ist, ihrem Anspruch, Grüne Spiele zu realisieren, gerecht zu werden. (Die Untersuchung ist Teil eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts, das städtebauliche Großprojekte hinsichtlich ihrer langfristigen Auswirkungen auf die Umwelt untersucht.)

von Ursula Mense |
    Am 15. September beginnen die Olympischen Spiele 2000 im australischen Sydney. Neben 10 000 Athleten und 5000 Funktionären werden bis zu 700 000 Zuschauer erwartet. Ein Großereignis ersten Ranges, das nicht nur die Frage nach seinem Nutzen und den Kosten aufwirft, sondern auch nach der Umweltzerstörung, die es hinterläßt. Denn bei allem Bemühen darum, Umweltrichtlinen einzuhalten: umweltfreundlich ist eine solche Veranstaltung nicht zu machen. Dennoch: Sydney will als Austragungsort Grüner Spiele in die Sportgeschichte eingehen, und dass es seinerzeit den Zuschlag bekam, können die australischen Umweltorganisationen schon als Erfolg verbuchen. Denn von allen Mitbewerbern, die ebenso umweltfreundliche Konzepte vorlegten, erhielt Sydney die breiteste Unterstützung nationaler und internationaler Umweltschutz-organisationen. Ein deutsches Forscherteam vom Geograpgischen Institut der Universität Bonn hat untersucht, inwieweit es den Australiern gelungen ist, ihrem Anspruch, Grüne Spiele zu realisieren, gerecht zu werden. (Die Untersuchung ist Teil eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts, das städtebauliche Großprojekte hinsichtlich ihrer langfristigen Auswirkungen auf die Umwelt untersucht.)

    Mit den Bonner Wissenschaftlern sprach Ursula Mense.

    Greenpeace ist zwar nicht mehr dabei. Die Umweltschutzorganisation wollte sich nicht von ihrem ökologischen Konzept verabschieden, mit dem sie für das olympische Dorf beispielsweise dichte Etagenbauweise auf kleinen Grundstücken vorgesehen hatte. Da der australische Bundesstaat New South Wales von Beginn an auch auf privatwirtschaftliche Lösungen gesetzt hatte, mußten Kompromisse gemacht werden. Umweltfreundlich aber ist das Dorf trotzdem geworden. Nun wurde auf einem circa 90 Hektar großen Gelände eine Einfamilienhaus-Siedlung gebaut mit kleinen Gärten, die nach den Spielen als neuer Stadtteil Newington 5000 Menschen Wohnraum bieten soll. Bereits jetzt ist ein Teil der Häuser in Privatbesitz. Insgesamt hält Anke Schüttemeyer vom geographischen Institut der Uni Bonn die ökologische Bauweise der neuen Siedlung für gelungen.

    "Was auch sehr positiv zu bewerten ist, ist, dass das gesamte olympische Dorf mit Solarenergie versorgt wird und es wird damit geworben, dass es zur Zeit der olympischen Spiele das größte solar betriebene Dorf der Welt ist. Über die Solaranlage wird Energie erzeugt. Es gibt aber auch auf den Einfamilienhäusern eine solare Warmwasseraufbereitung. Es wurde auch darauf geachtet, dass beim Bau heimische Hölzer verwendet worden sind, dass ohne PVC gearbeitet worden ist. Das Regenwasser wird wieder genutzt. Das Regenwasser und das leicht verschmutzte Brauchwasser wird auf dem Olympiagelände recycled und es wird dann zur Toilettenspülung und zur Besprenkelung der Grünanlage genutzt."

    Gut gelöst ist nach Auffassung der Bonner Geographen ebenfalls die Verkehrsanbindung zwischen Homebush Bay, dem Hauptgelände der Olympischen Spiele und den weiter ausserhalb gelegenen Sportstätten. Eine teilweise unterirdisch geführte S-Bahn soll dafür sorgen, dass der private Autoverkehr reduziert wird. Ohnehin sind während der Spiele Privatautos auf dem gesamten olympischen Gelände nicht erlaubt. Leider aber, so Anke Schüttemeyer, hat man hier den ökologischen Gedanken nicht konsequent zu Ende gedacht. Weder zur Innenstadt nach Sidney - das sind immerhin 14 Kilometer - noch zum Olympischen Dorf, das heißt zum neuen Stadtteil Newington, führt die Bahn.

    "Ich glaube nicht, dass die Leute, die nach den olympischen Spielen hier einziehen, auf ihr Auto verzichten oder es weniger nutzen werden. Denn sowohl die Bahnanbindung als auch die Fähranbindung, die über den Fluss zum Zentrum hin gegeben ist, liegen beide zu weit vom Dorf entfernt als dass das wirklich eine Alternative sein könnte. Meines Erachtens muss man erst die Alternativen schaffen und muss erst den Leuten die Möglichkeit geben, praktisch und schnell und ohne Probleme auch da hin zu kommen, wo Sie hinwollen und wenn man ihnen das dann schmackhaft machen kann, dann kann auch ein Umdenken funktionieren, ich glaube, andersherum klappt das nicht."

    Zweiter problematischer Punkt: die Altlastensanierung. Denn das ehemalige Industriegebiet, auf dem neben Chemiefabriken und einem Waffendepot auch der Schlachthof und eine Ziegelei angesiedelt waren, hatte an verseuchten Böden einiges aufzuweisen. Besonders imageschädigend: die Entdeckung hochgiftiger Dioxine. 160 Millionen Mark wurden für die Sanierung ausgegeben. Erfolgreich abgeschlossen wurde sie nicht. Dr. Boris Braun vom Geographischen Institut der Uni Bonn

    "Das andere ist natürlich, dass diese Altlastensanierung immer auch Kritik hervorgerufen hat, eigentlich bis heute kritisiert wird, weil die Umweltverbände in Australien immer sehr stark darauf gedrängt haben, dass die Altlasten am Ort selbst entgiftet werden und nicht exportiert werden in andere Gebiete Australiens und dort Probleme verursachen. Das ist weitestgehend auch eingehalten worden, nur ist es im Wesentlichen so gemacht worden, dass die Böden in großen Deponien auf dem Gelände selbst gelagert werden, was natürlich langfristig, und das ist nicht ausgeschlossen, Probleme bereiten könnte."

    Trotz der Schadstoffbelastung aber hatten sich auf dem Gelände seltene Pflanzen und Tiere angesiedelt. Feuchtbiotope entlang des Parramatta Flusses und eine riesige Tongrube, Lebensraum des Golden Bell Frosches, zeugen davon. Nachdem man die Frosch-Kolonien entdeckt hatte, wurde heftig darüber diskutiert, wie das Gelände zu gestalten sei. Es galt, unbedingt den Fortbestand der Frösche zu sichern. Noch einmal Dr. Braun

    "Zum Teil wurde versucht, die Lebensräume dieser Frösche zu erhalten und in einen Landschaftspark zu integrieren was relativ aufwändig und kostenintensiv war, weil man mit Froschzäunen und Durchgängen unter den Wegen arbeiten musste. Aber weil das Ganze so einen Symbolgehalt hatte, hat man das versucht, um hier nichts anbrennen zu lassen."

    Trotz verbesserungswürdiger Teilbereiche halten die Bonner Geographen den Ansatz für gelungen. In Zukunft müssen bei Großereignissen ökologische Aspekte mehr denn je berücksichtigt werden, und dabei dürfte Sydney ganz sicher als Vorbild dienen.