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Die Parteien und das Freihandelsabkommen mit den USA

Zwischen der Europäischen Union und den USA wird ein Freihandelsabkommen verhandelt, das Transatlantic Trade und Investment Partnership (TTIP). Die EU-Kommission versucht dabei die Handelshemmnisse zu beseitigen beziehungsweise zu reduzieren. Doch was halten die Bundestagsparteien mit Blick auf Ernährung und Gentechnik vom TTIP?

Von Daniela Siebert | 04.09.2013
    Verbraucherschutz und grüne Gentechnik sind sensible Themen im angestrebten Freihandelsabkommen der EU mit den USA. In ihrem Wahlprogramm teilt die CDU zwar sehr konkret mit, sie lehne Handelsbeschränkungen ab und wolle mit den USA eine "umfassende Partnerschaft für Handel erreichen". Gleichwohl hat Peter Bleser, derzeit CDU-Staatssekretär im Bundesverbraucherschutzministerium, die Hand an der Bremse:
    "Wir bestehen darauf, dass unsere Form des vorsorgenden Verbraucherschutzes auch in Zukunft gewahrt bleiben kann. Dass unsere Standards, die wir uns in Europa und auch speziell in Deutschland gegeben haben, die Regelungen bei gentechnisch veränderten Produkten oder bei Klonen von Tieren oder bei dem Einsatz von Hormonen in der Fleisch- und Milchproduktion, all diese Dinge wollen wir beibehalten."
    An solch ein Verhandlungsergebnis glaubt die Partei "Die Linke" nicht.
    "Ich finde grundsätzlich dieses Freihandelsabkommen überaus fragwürdig", ...
    … zweifelt Caren Lay, die verbraucherpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Linken. Doch ihre Partei formuliert im Wahlprogramm dazu kein kategorisches Nein. Die Linken sorgen sich speziell um die Landwirtschaft und fürchten eine unbeschränkte Einfuhr gentechnisch behandelter Produkte. Caren Lay:
    "Meine Befürchtung ist, dass es den Weg ebnen wird für die große Agrarlobby, dass es zu einer weiteren Monopolisierung auf den Lebensmittelmärkten führt, dass es zu Lohndumping führen wird und auch dazu führen wird, dass bestimmte Standards beispielsweise im Verbraucherschutz weiter sinken werden."

    Speziell der US-Konzern Monsanto könnte so mit seinen Produkten doch noch auf dem europäischen Markt Fuß fassen, außerdem werde die regionale heimische Produktion zurückgedrängt.

    "Es ist bisher gar kein Kapitel 'Verbraucherschutz' in diesem Freihandelsabkommen vorgesehen und wir müssen feststellen, dass in den USA bei vielen, vielen Dingen ganz andere und niedrigere Standards gelten als bei uns, beispielsweise gibt es dort weniger strenge Standards bei Pestizidrückständen, in den USA ist es völlig üblich, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel auf dem Markt sind, auch ohne Kennzeichnung."

    Wenig überraschend dagegen verspricht die FDP in ihrem Wahlprogramm, sie werde die Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen "vorantreiben". Auf Deutschlandfunk-Nachfrage präzisieren die Liberalen per E-Mail "das bestehende Gesundheits- und Verbraucherschutzniveau der EU" stehe dabei nicht zur Disposition.

    Die Grünen sehen das Freihandelsabkommen im Prinzip positiv, ziehen aber ebenfalls Grenzen. Über Lebensmittel, die in der EU nicht zugelassen sind, sollte gar nicht erst verhandelt werden, teilt die Partei auf Anfrage des Deutschlandfunks mit, ebenso wenig über Agrogentechnik und Patente auf Leben. In anderen Fragen plädieren sie für eine Anhebung sozial-ökologischer Standards mindestens auf EU-Niveau. Bestehende Rückverfolgbarkeits- und Kennzeichnungsregelungen müssen erhalten bleiben, so die Grünen.

    Diplomatisch-biegsam zeigt sich die SPD in ihrem Wahlprogramm: Dem transatlantischen Freihandelsabkommen müssten die "fortschrittlichsten Regeln" zugrunde gelegt werden, auch bei ökologischen Standards. SPD-Verbraucherexperte Wilhelm Priesmeier.
    "Also, man muss in dem Dialog natürlich schauen, wie man dort zu gemeinsamen, tragfähigen Kompromissen kommt, aber eines dürfte von unserer Einschätzung her nicht umsetzbar sein: Das heißt, die europäischen Standards zur Gentechnik, glaube ich, sollte man nicht den Interessen von Monsanto und Pioneer opfern. Wir haben natürlich auch eine ganze Reihe von Standards, wo es zum Beispiel um Chlorbehandlung von Geflügelfleisch geht, wo es um das Ausschließen von Hormonen geht, die also für die Mast eingesetzt werden oder von Substanzen was wir ausschließen, da gibt es eine ganze Reihe an Standards, die von unserer Einschätzung her auch Standards bleiben müssen."

    TTIP biete auch die Chance, dass die USA und Europa voneinander lernen, ergänzt er zur SPD-Position. So sei in den USA beispielsweise der Zuckergehalt in Nahrungsmitteln besser gekennzeichnet. Und man könne sehr gut die Risikobewertung der Gentechnik vereinheitlichen.

    Auch CDU-Staatsekretär Peter Bleser hofft, die US-Amerikaner davon zu überzeugen, dass hiesige Standards die besseren seien. Die Alternative sei gegenseitige Toleranz. Auf Dauer könnte das Abkommen zu einer Angleichung der Vorstellungen bei der Ernährungssicherheit führen, hofft Peter Bleser.
    "Wir glauben, dass wir da federführend sind und vielleicht können die Amerikaner ja von uns noch was lernen."