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Die parteiinternen Grabenkämpfe der Elbliberalen

Die Personaldebatte in der FDP ist noch lange nicht abgeschlossen. Nachdem sie die Liberalen zum bisher einzigen Erfolg in diesem Jahr geführt hat, werden der Hamburger FDP-Fraktionsvorsitzenden Katja Suding beste Chancen eingeräumt, in den Bundesvorstand ihrer Partei aufzurücken.

Von Verena Herb |
    6,7 Prozent. Nach sieben Jahren außerparlamentarischer Opposition sitzt die Partei wieder in der Bürgerschaft. Der Auftakt ins Superwahljahr 2011 im Februar läuft für die FDP gar nicht mal so schlecht. Ohne Frage ein Verdienst der Spitzenkandidatin, Katja Suding.

    "Ihr habt´s gerockt, wir haben es geschafft. Ich kann's noch gar nicht glauben."

    Das können viele nicht: Plötzlich sind SIE die Vorzeigeliberalen, die FDP Hamburg. Und Christian Lindner, der Generalsekretär, lobt die junge Hamburger Frontfrau:

    "Diese Neuaufstellung der Hamburger FDP ist gelungen. Katja Suding - also wir sind zufrieden damit und optimistisch, dass die Hamburger FDP nun Tritt fasst."

    Mit festem Schritt ziehen Suding und ihre Fraktion in die Bürgerschaft ein. War ihr zum Anfang ihres Wahlkampfes noch die Unerfahrenheit auf dem politischen Parkett anzumerken, schreitet Suding nun souverän durch die hanseatische Politlandschaft. Ein neues Bild. Denn bislang sorgten innerparteiliche Querelen und ominöse Aktionen wie ein Parteitag nachts um halb zwei auf der Nordseeinsel Sylt bei den Hamburgern eher für amüsiertes Kopfschütteln als politische Unterstützung. Mit Katja Suding scheint nun alles anders: Sie hat die Hamburger – zumindest oberflächlich – wieder auf Kurs gebracht. Jetzt will sie noch weiter hinaus: in die Bundesspitze, nach Berlin.

    "Ich plane, im Mai auf dem Bundesparteitag für den Bundesvorstand als Beisitzerin zu kandidieren."
    Diese Kandidatur habe sie schon länger geplant, sagt sie. Nicht erst als Guido Westerwelle am vergangenen Wochenende seinen Rücktritt vom Amt des Parteichefs bekannt gibt und damit einer Personaldebatte Tür und Tor öffnet. Besonders weil er sagt, ihm falle seine Entscheidung ...

    "... leicht, weil eine ganze Anzahl auch von jungen Persönlichkeiten bereit steht auch in die Führung der Partei aufzurücken und die Führung der FDP zu übernehmen."

    Katja Suding ist eine von ihnen. Neben dem designierten Parteivorsitzenden Philipp Rösler, Generalsekretär Christian Lindner und Daniel Bahr, dem NRW-Landeschef – gehört Suding zweifelsohne zu den Hoffnungsträgern der Bundespartei. Noch zu Beginn des Jahres zeigte sie sich im Wahlkampf gerne mit Parteichef Guido Westerwelle. Nun positioniert sie sich, fordert nach dem Wahldesaster in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg Konsequenzen:

    "Wir haben drei Landtagswahlen verloren. Die sind nicht ausgegangen, wie wir uns das gewünscht haben. Und ich denke, das war ein Zeitpunkt, wo man wirklich gucken musste, in welche Richtung muss es jetzt gehen. Und wenn man die Stimmung in der Partei aber auch der Bevölkerung aufgenommen hat, da hat man schon festgestellt, dass eine personelle und inhaltliche Neuausrichtung notwendig war und ist."

    Die Partei hat erkannt: An Katja Suding, der Einzigen, die die FDP bisher in diesem Jahr zu einem Erfolg geführt hat, kommt man nicht vorbei. Cornelia Pieper, die scheidende stellvertretende FDP-Vorsitzende hat Suding gleich für das neue FDP-Präsidium vorgeschlagen. Die Hamburgerin gibt sich zurückhaltend:

    "Ich habe da mit Frau Pieper noch nicht drüber gesprochen und bleibe bei meiner Planung, dass ich für den Vorstand als Beisitzerin kandidieren möchte."
    Doch im Hintergrund wird diskutiert und debattiert. Die Personaldebatte ist noch lange nicht abgeschlossen. Bis zum Parteitag im Mai ...

    "... werden wir noch einige Diskussionen führen, wie dann am Ende das Personaltableau aussehen wird."
    Ließe sie sich vielleicht doch noch überzeugen, eines der Ämter zu übernehmen? Es sei wichtig, ein Team von neuen aber auch erfahrenen Leuten zu haben, meint die 35-Jährige diplomatisch:

    "Ich persönlich bin da sehr skeptisch, eine komplette U-40-Partei aus uns zu machen. Also, wir müssen schon auch gucken, dass wir auch die Erfahrung, die auch viele ältere Parteimitglieder mitbringen, dass wir uns die natürlich nutzbar machen. Ich halte gar nichts davon zu sagen, wir stoßen jetzt sämtliche Erfahrung und setzen jetzt nur auf die 30-Jährigen. Das kann aus meiner Sicht nicht der richtige Weg sein."

    Sie findet die Entscheidung richtig, die Posten im Bundeskabinett nicht zu verändern: Westerwelle mache gute Arbeit als Außenminister und ...

    "... gerade Wirtschaftsminister Brüderle ist ja einer der beliebtesten Minister im Kabinett. Also, da wäre ich vorsichtig, da zu schnell mit irgendwelchen Forderungen zu kommen."
    Zu weit nach vorne preschen will die junge Politikerin dann wohl doch nicht, zumindest nicht, wenn es um Personalfragen in ihrer Partei geht. Dann doch lieber eine inhaltliche Neuausrichtung fordern. Die sei unbedingt nötig, denn seit der vergangenen Bundestagswahl habe ihre Partei einige handwerkliche Fehler gemacht. Zum einen, als "Ein-Themen-Partei" mit Steuersenkungen in den Wahlkampf zu ziehen. Diese inhaltliche Verengung.

    "Hat uns sicherlich nicht gut getan. Das ist allerdings ne Entwicklung, die schon länger geht. Die eigentlich schon seit den 90er-Jahren ne Tendenz zeigt. Ich glaube, es würde uns sehr gut tun, wenn wir uns thematisch noch breiter aufstellen. Es ist nicht so, dass wir dann neue Inhalte erfinden müssen, die sind ja da. Nur die Kommunikation liegt eben auf einem anderen Schwerpunkt."
    Sie verteidigt die Kehrtwende ihrer Partei beim Thema Atomenergie:

    "Wir haben immer gesagt, Kernenergie ist eine Brückentechnologie. Wir haben es aber versäumt, zu erklären, wie wir denn das andere Ende der Brücke erreichen können. Welche Konzepte wir denn brauchen, um das neue Zeitalter der neuen Energien zu erreichen."

    Die Hamburgerin hat gute Chancen, in den Bundesvorstand aufzurücken. In ihrem Heimatland gleichzeitig den Parteivorsitz zu übernehmen, hat sie verworfen. Mit ihrer Rolle als Fraktionsvorsitzende sei sie voll und ganz ausgelastet, sagt sie. Doch ist es ein offenes Geheimnis, dass sie darauf spekuliert, künftig auch in Berlin mitzumischen. Nun wird sich also der amtierende Landeschef Rolf Salo übernächstes Wochenende auf dem Landesparteitag erneut zur Wahl stellen. Doch womöglich bleibt er nicht der einzige Bewerber um den Chefposten. Wer tatsächlich in zehn Tagen zum neuen FDP-Hamburg-Chef gewählt wird, weiß man selbst in den eigenen Reihen noch nicht. Thomas-Sönke Kluth, FDP-Bürgerschaftsabgeordneter:

    "Da ist die Hamburger FDP immer für eine Überraschung gut. Und da kann man keine sicheren, verlässlichen Aussagen machen ..."
    Auch, wenn es seit der Bürgerschaftswahl etwas ruhiger in der Landespartei geworden ist, die parteiinternen Grabenkämpfe bei den Elbliberalen wüten weiter. Sicher ist nur: Katja Suding wird sich raushalten. Das hat sie bisher immer so gemacht. Mit Erfolg.