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Die Physik des Unmöglichen

Der Captain ruft: "Schilde hoch!" Und von einem Moment auf den anderen ist das Raumschiff durch Kraftfelder geschützt. Frodo, der Hüter des Ringes, streift den Ring über und ist fortan absolut unsichtbar. Das ist zwar reine Phantasie, aber prinzipiell möglich. Der amerikanische Physikprofessor Michio Kaku nennt diese Visionen "Unmöglichkeiten ersten Grades". Sie sind zwar heute nicht zu verwirklichen, verletzen aber keines der bekannten Naturgesetze.

Von Michael Lange | 22.03.2009
    Anders ist das bei "Unmöglichkeiten zweiten Grades". Zeitreisen, Parallel-Universen oder Über-Lichtgeschwindigkeit gehören in diese Kategorie. Sie mögen zwar, wie Michio Kaku schreibt, "am äußersten Rand unseres Verständnisses der physikalischen Welt angesiedelt sein", aber sie stehen nicht in Widerspruch zu der Physik von heute. Um sie zu verwirklichen, dürften freilich einige Jahrtausende ins Land gehen, wenn nicht Jahrmillionen.

    Jenseits dieser Grenze liegen die Unmöglichkeiten dritten Grades. Das perpetuum mobile zählt dazu, oder die Präkognition, also die Wahrnehmung von Ereignissen, die noch nicht stattgefunden haben. Diese Vorstellungen sind mit allem, was wir heute über Physik wissen, nicht in Einklang zu bringen. Auch der zukunftsoptimistische Autor Michio Kaku kann sich ihre Verwirklichung nicht vorstellen.

    Dem Buch gelingt es mit großer Leichtigkeit und manchmal mit einem Schuss Ironie, das Mögliche vom Unmöglichen zu trennen. Schnell lernt der Leser die Devise des Physikprofessors kennen: Vieles, was auf den ersten Blick nicht machbar scheint, muss nicht für alle Zeit unmöglich bleiben. Ein Zitat von Arthur Clarke bringt es auf den Punkt: "Wenn ein angesehener, aber älterer Wissenschaftler behauptet, dass etwas möglich ist, hat er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit recht. Wenn er behauptet, dass etwas unmöglich ist, hat er höchstwahrscheinlich unrecht."

    Der angesehene, und inzwischen auch schon ältere Physiker Michio Kaku versucht, nicht in diese Falle zu tappen. Zur Bodenhaftung bedient er sich ausschließlich der Gesetze der Physik. Den aktuellen Stand der Technik beachtet er kaum. Stattdessen erweist sich Michio Kaku als Science Fiction Kenner verschiedener Stilrichtungen und Epochen. Bei seinem Umweg über die Fiktion und das Unmögliche erklärt er das Alltägliche. Seine gelegentlichen Ausflüge in die Geschichte der Physik sind amüsant zu lesen und weitgehend verständlich.

    Ein wirklicher Blick in die Zukunft der Erde gelingt ihm dabei allerdings nicht. Sämtliche Probleme, die auf die Menschheit zukommen, werden ausgeblendet. Fragen, die heute wichtiger scheinen als Tarnvorrichtungen und Zeitreisen, wie Klimawandel oder Ressourcenknappheit kommen in Michio Kakus Wissenschaftsvisionen nicht vor.

    Michio Kaku: Die Physik des Unmöglichen. Beamer, Phaser, Zeitmaschinen
    ISBN 978-3-498-035402
    Rowohlt, 414 Seiten, 24,90 Euro