
"Bundeswirtschaftsminister Habeck hat ein Problem", schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG zum ersten Thema: "Sein wichtigster Staatssekretär hat einem engen Freund einen Spitzenposten verschafft, und nun reden alle von grünem Filz. Aber der Reihe nach: Der Staatssekretär Patrick Graichen ist der Mann hinter Habecks Energiewende und ein leidenschaftlicher Verfechter der Wärmepumpe. Er ist außerdem der Schwager von Michael Kellner, ebenfalls Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, sowie der Bruder von Verena und Jakob Graichen, die ihrerseits in parteinahen Öko-Instituten und Umweltverbänden an der Energiewende mitbasteln. Die Fallstricke im familiären Beziehungsgeflecht waren den Beteiligten durchaus bewusst, weshalb Patrick Graichen selbst keine Aufträge an die Organisationen seiner Geschwister vergeben durfte. Doch als sich nun sein Trauzeuge um den Vorsitz der Deutschen Energie-Agentur bewarb, war dem Staatssekretär offenbar der Kompass im grün wuchernden Labyrinth aus persönlichen Beziehungen abhandengekommen. Als mächtigster Kopf einer vierköpfigen Findungskommission siebte er immer mehr Bewerber aus, bis nur noch sein Trauzeuge übrig blieb. Habeck versprach nun, das Verfahren neu aufzurollen. Dass zuweilen auch Vermählte, Verschwisterte und Verschwägerte an den Schrauben der Macht drehen, ist an sich kein Skandal. Nur müssen sie sich dann umso strenger an die Regeln halten und für größtmögliche Transparenz sorgen. Das hat Graichen versäumt", kritisiert die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.
DER TAGESSPIEGEL AM SONNTAG geht auf die Asyldebatte in Deutschland ein: "Kurz vor dem Flüchtlingsgipfel am 10. Mai unterstützt die rot-grün-gelbe Bundesregierung den Vorschlag der EU-Kommission, Asylverfahren an die Außengrenzen zu verlegen. Bundesinnenministerin Faeser spricht von einem 'historischen Momentum'. Dabei war es ihre SPD, die solche Forderungen abgelehnt hatte, als sie vom damaligen Koalitionspartner CDU/CSU kamen und der Innenminister Seehofer hieß. Auch die Minister der Grünen tragen den Vorschlag mit. Als Seehofer Transitzentren für Asylbewerber vor der Einreise in die EU vorschlug, hatten Cem Özdemir und Anton Hofreiter solche Ideen als inhuman, populistisch und Panikmache verurteilt. Warum die Kehrtwende? Die Koalition steht unter vierfachem Druck. Erstens steigt die Zahl der Asylbewerber nach den Pandemiejahren stark an. Zweitens wird international diskutiert, wie man Flüchtlinge dazu bewegen kann, in dem ersten Land zu bleiben, in dem sie nach Verlassen der Heimat nicht mehr um Leib und Leben fürchten müssen. Drittens verschiebt sich unter diesen Eindrücken der deutsche Bewertungsrahmen, welche Forderungen als anstößig und welche als mehrheitsfähig gelten. Viertens ist Deutschlands Ansehen und Einfluss in der EU gesunken. Seine Russland- und Energiepolitik ist aus Sicht der Partner dramatisch gescheitert. Warum sollen sie da Vertrauen in die strategische Weitsicht deutscher Asylpolitik haben? fragt DER TAGESSPIEGEL AM SONNTAG.
Die BILD AM SONNTAG hält fest: "Die Zahl illegaler Einreisen nach Deutschland steigt unaufhörlich. Bürgermeister und Landräte schildern schlimme Zustände bei der Flüchtlingsversorgung. Deswegen müssen beim Migrationsgipfel endlich alle unbequemen Wahrheiten auf den Tisch. Dem Kanzler muss klar sein: Nur ein ehrlicher Neustart kann noch helfen. Kanzler und Innenministerin müssen der Bundespolizei zuhören. Endlich mehr Geld für die gebeutelten Kommunen, die Sorgen der Landräte und Bürgermeister ernst nehmen. Zudem muss sich Scholz für eine erweiterte Liste sicherer Herkunftsländer einsetzen. Es muss ein gemeinsames EU-Asylverfahren geben, nicht 27 nationale. Alle Asylsuchenden müssen zentral in Aufnahmezentren an Außengrenzen der EU. Abgelehnte Migranten müssen konsequent zurückgeführt werden, das macht das Geschäft der Schleuser kaputt. Es darf nicht sein, dass fast jeder, der es in die EU geschafft hat, bleiben darf. Das sind wir den Menschen schuldig, die wirklich unseren Schutz brauchen. Sie müssen integriert werden, unsere Sprache lernen, arbeiten können. Und in Wohnungen statt in Containern leben", betont die BILD AM SONNTAG.
Zum Krieg Russlands gegen die Ukraine heißt es in einem Gastkommentar der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG: "Zu Ostern wurden hierzulande einmal mehr Forderungen laut, dem Blutvergießen in der Ukraine endlich ein Ende zu setzen. Solche Forderungen übersehen die militärische Überlegenheit Russlands. Sie setzen voraus, beide Seiten seien bereit, die Kampfhandlungen einzustellen. Am naivsten ist die Annahme, Putin wolle einen Krieg, den er bewusst losgetreten hat, beenden. Ein schwelender Konflikt ist für Putin vorteilhafter. Er hofft, den heutigen Frontverlauf ganz gut gegen ukrainische Vorstöße langfristig verteidigen zu können. Der Kriegszustand ist Putin wichtiger als ein Kompromiss oder gar ein Friedensschluss. Die Auswirkungen der Sanktionen fallen bisher harmloser aus als angenommen. Der Krieg stärkt seine Macht nach innen, denn im Krieg gilt der Primat der Exekutive. Der Krieg wertet sein Land international auf, weil er seinem Militärpotenzial politische Wirkung verleiht. Drohungen mit einem Atomschlag lösen Angstwellen in westlichen Staaten aus und nähren Forderungen nach einem Unterwerfungsfrieden. Putin will keinen Frieden – deshalb wird es mit ihm keinen Frieden geben. Die Ukraine muss sich auf einen langen Krieg vorbereiten. Der Krieg wertet die wichtigste Machtwährung Russlands auf: militärische Gewalt." Soweit die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz.
Die WELT AM SONNTAG befasst sich mit den Aktionen der Klimaaktivisten der sogenannten Letzten Generation und deren Auswirkungen: "Während Verkehrsminister Wissing auf das Gespräch setzte, scheint die Rechtsprechung eine härtere Gangart einzuschlagen. Lange Zeit konnte der Eindruck entstehen, die sogenannten Aktivisten müssten nur Geldstrafen befürchten. Im März und April verurteilte das Amtsgericht Heilbronn dann Mitglieder der 'Letzten Generation' zu Freiheitsstrafen. Auch das Amtsgericht Tiergarten verhängte kürzlich eine Freiheitsstrafe. Doch solange 'Aktivisten' durch Straftaten politische Erfolge erzielen, wird es weitere Taten geben. Das hat auch Lea Bonasera, Mitgründerin der 'Letzten Generation', nach dem Treffen mit dem Verkehrsminister deutlich gemacht. 'Der Protest', so die Aktivisten, 'hat uns erst in dieses Gespräch geführt.' Wissings Parteifreund Marco Buschmann hatte schon Ende 2022 vor solchen Gesprächen gewarnt. 'Die Letzte Generation verletzt die Rechte Dritter, sie verletzt das Strafrecht. Das ist keine Grundlage für ein Gespräch', schrieb er auf Twitter. 'Die Bundesregierung', ergänzte das Social Media-Team des Justizministers später, 'kann nicht im Nachhinein Rechtsverstöße legitimieren, indem sie auf solche Gesprächseinladungen eingeht'. Und genauso ist es!", meint die WELT AM SONNTAG.
Der Londoner GUARDIAN schreibt vor dem Hintergrund der Krönung von König Charles III. zur Bedeutung der Monarchie in Großbritannien: "Das Bemerkenswerte an der königlichen Familie ist: Es steht nichts auf dem Spiel. Sie haben keine wirkliche Macht und niemand kümmert sich darum, was sie tun. Deshalb billigen wir die Royals. Die Monarchie symbolisiert alles, was das moderne Großbritannien am meisten missbilligt: den Triumph des Blutes über das Talent. Doch bei den Vorbereitungen für die Krönung sah man Straßenfeste, bei denen die Menschen mit ihren Nachbarn bei Marmeladenbroten und Kuchen plauderten, man sah die überfüllten Biergärten und die Großmütter, die mit ihren Enkeln Krönungsquiche backten. Die Monarchie bedeutet inzwischen etwas ganz anderes. Um die königlichen Traditionen herum haben sich Gemeinschaften gebildet und gefestigt. Bei königlichen Anlässen geht es also eigentlich gar nicht um die Royals", fasst es die britische Zeitung THE GUARDIAN zusammen, mit der die Presseschau endet.