Sonntag, 28. April 2024

27. August 2023
Die Presseschau

Die Disziplinarkommission des Fußball-Weltverbandes FIFA hat gestern den spanischen Verbandspräsidenten Rubiales wegen seines Verhaltens nach dem Finale bei der WM der Frauen für zunächst 90 Tage suspendiert.

27.08.2023
Jenni Hermoso wird nach dem Spiel vom spanischen Fußballpräsidenten Luis Rubiales geküsst.
Luis Rubiales hat Grenzen überschritten, im Unrecht sieht er sich aber nicht. (picture alliance / ZUMAPRESS.com / Noe Llamas)
Dazu schreibt die BILD AM SONNTAG: "Es kann da keine zwei Meinungen geben: Spaniens Fußball-Boss Luis Rubiales muss von seinem Amt zurücktreten. Dass der Ex-Fussballprofi der spanischen Nationalspielerin Jennifer Hermoso nach dem WM-Finale einen Kuss auf den Mund aufgedrängt hat, ist nichts anderes als: sexuelle Belästigung! Das sieht wohl nicht jeder so. Rubiales selbst will von einem Fehlverhalten nichts wissen, sein Verband – ein fußballtypischer Alte-Weiße-Männer-Haufen – stärkt ihm den Rücken. Ekelhaft! Positiv überrascht jedoch das schnelle Durchgreifen der FIFA. Rubiales wird nicht wiederkommen. Hoffentlich. Richtig so!", meint die BILD AM SONNTAG.
Die Schweizer NZZ AM SONNTAG sieht es so: "81 spanische Fussballerinnen haben eine Erklärung unterzeichnet, dass sie unter Verbandschef Luis Rubiales keine Länderspiele mehr bestreiten werden. Unter ihnen auch die 23 Weltmeisterinnen. Es ist ein starkes Zeichen der Frauen, dass sie sich hinter Jennifer Hermoso stellen, die bei der WM-Feier von Rubiales gegen ihren Willen auf den Mund geküsst wurde. Doch wo sind die Männer? Einzig Borja Iglesias hat angekündigt, nicht mehr für Spanien zu spielen. Das ist ehrenhaft, doch Iglesias ist im Nationalteam eine Randfigur. Einige Spieler zeigten sich in den sozialen Netzwerken schockiert. Das reicht nicht. Wollen sie solidarisch sein, müssen auch sie streiken. Weil die Männer etwas angeht, was mit den Kolleginnen passiert", unterstreicht die NZZ AM SONNTAG.
"Der Frauenfußball muss toxische Männer loswerden", heißt es in der BERLINER MORGENPOST: "Es war ein großartiger Triumph, als Spaniens Kapitänin im Stadion von Sydney den WM-Pokal in die Höhe riss. Mit dem Wissen von heute muss unser Respekt vor den spanischen Spielerinnen noch größer sein. Denn Jennifer Hermoso und ihr Team haben diesen großartigen Sieg unter dem Druck eines toxischen Männersystems errungen, dessen hässlichste Seiten jetzt nach und nach ans Licht kommen. Der Fußballverbandschef Rubiales, der seine Spielerin auf offener Bühne mit physischer Gewalt zum Kuss zwingt, der sie - wie ein Metzger Schweinehälften - auf die Schulter lädt und ihre nackten Schenkel begrapscht, ist nur die sichtbare Spitze des Eisbergs. In der Tiefe geht der Grusel weiter. Der Fußballweltverband FIFA hat Rubiales nun immerhin vorläufig suspendiert. Der Deutsche Fußball-Bund kann nun Solidarität mit dem spanischen Nationalteam zeigen, indem er die Zusammenarbeit mit Karl-Heinz Rummenigge beendet. In der neuen DFB-Kommission sollte kein Platz für einen vorbestraften Fußballfunktionär sein, der den Übergriff auf die Spielführerin 'absolut okay' findet", merkt die BERLINER MORGENPOST an.
Der Anführer der Wagner-Söldnergruppe, Prigoschin, ist vermutlich bei einem Flugzeugabsturz in Russland ums Leben gekommen. Es gibt Vermutungen, dass die russische Regierung in den Absturz involviert ist. Der Kreml weist jedoch jede Verantwortung für das Geschehen zurück. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG kommentiert: "Anhand der Geschichte des Aufstiegs und Absturzes Jewgenij Prigoschins lässt sich erzählen, wie in Wladimir Putins Russland die Gewalt der Gesetze durch das Gesetz der Gewalt ersetzt worden ist. Weil es so schrill und blutig ist, legt Prigoschins Schicksal so unverhüllt wie kein anderer Fall bloß, wie das Regime funktioniert, das Putin und seine aus den sowjetischen Geheimdiensten stammenden Weggefährten geschaffen haben. Der Krieg gegen die Ukraine hat die Radikalisierung des russischen Regimes beschleunigt. Es versucht nun nicht mehr, seine Gewalttätigkeit zu kaschieren. Die mutmaßliche Tötung Prigoschins ist ein Markstein in der Radikalisierung, weil erstmals ein dem ganzen Land bekanntes Mitglied der russischen Elite getötet wurde. Richteten sich Repression und Gewalt bisher gegen Menschen, die das System von außen bekämpften, so traf es nun einen Mann, der dessen Teil war", hält die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG fest.
"Was passiert in Russland?", fragt die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT und notiert: "Diese Frage ist sowohl in der russischen Gesellschaft als auch in westlichen politischen Kreisen relevant. Denn die jüngsten Ereignisse sind sehr mysteriös. Das mutmaßliche Attentat auf Wagner-Chef Prigoschin zeigt, dass der Kampf um die Macht in Russland eine gefährliche Richtung eingeschlagen hat und jetzt gnadenlos und grausam geführt wird. Auch andere Gegner des russischen Präsidenten Putin könnten das Schicksal von Prigoschin erleiden", befürchtet MÜSAVAT aus Baku.
Die österreichische Zeitung DIE PRESSE AM SONNTAG blickt auf den Gipfel der BRICS-Staaten, der in dieser Woche im südafrikanischen Johannesburg stattgefunden hat: "In Johannesburg einigten sich die Mitglieder Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika auf eine Erweiterung ihres Vereins. Die lose Allianz hat schon bisher mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung und ein Viertel der globalen Wirtschaftsleistung auf die Waage gebracht. Künftig soll ihr Gewicht noch steigen. Beim Gipfel in Südafrika haben sechs Länder eine Einladung erhalten, sich dem Klub anzuschließen: Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, der Iran, Ägypten, Äthiopien und Argentinien. Die Mitgliederliste ist und bleibt heterogen. Demokratien wie Brasilien, Indien, Südafrika und demnächst auch Argentinien sind darauf ebenso zu finden wie eisenharte Diktaturen vom Schlage Chinas und Russlands, die sich nun auch despotische Verstärkung aus Teheran, Riad und Dubai ins Boot holen. Und doch gibt es ein einigendes Band dieser Länder des globalen Südens: Sie wollen die Vorherrschaft des Westens brechen. Die Welt verändert sich gerade rasend schnell. Geopolitische Achsen verschieben sich. Europa muss lernen, sich in dieser Umgebung kalter Machtpolitik zu behaupten", stellt DIE PRESSE AM SONNTAG fest.
In der türkischen Zeitung YENI ŞAFAK ist zu lesen: "Das bemerkenswerteste Ergebnis dieses Gipfels war der Beschluss über die Ausweitung der Organisation. Dieser Beschluss zeigt, dass der Zwist unter den BRICS-Mitgliedern über eine Ausweitung des Bündnisses ausgeräumt ist. Mit BRICS bestehen jetzt neben der G7 zwei große Blöcke. Durch die Beteiligung energiereicher Länder wie Iran, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten wird die Macht der BRICS auf der globalen Bühne weiter zunehmen. Die Erweiterung ist auch ein Zeichen für die abnehmende Macht der USA. Die Tatsache, dass dutzende Länder Schlange stehen, um aufgenommen zu werden, ist eine äußerst eindrucksvolle Botschaft", analysiert YENI ŞAFAK aus Istanbul.
Themenwechsel. Der wegen Wahlbeeinflussung angeklagte frühere US-Präsident Trump musste in einem Gefängnis in Atlanta vorstellig werden. Die WELT AM SONNTAG bemerkt dazu: "Auf seinem Verbrecherfoto blickt Donald Trump nicht in die Zukunft, sondern finster vor sich hin. Nicht nur kindlicher Trotz ist in seinem Blick zu lesen, sondern noch etwas anderes: eine Drohung. 'Ich bin eure Rache', hat er auf einer seiner Massenveranstaltungen seinen Anhängern zugerufen. Es geht diesem Mann nicht um das Versprechen einer lichten Alternative – es geht nur noch darum, das verhasste 'System' niederzureißen und ein Trümmerfeld zu hinterlassen. Viele haben den Trumpismus als politischen Kult bezeichnet und Donald Trump dessen Messias genannt. Aber dieser Messias reitet nicht auf einem Esel ein, während ihm Palmwedel gestreut werden, sondern inmitten eines Autokorsos, der Macht demonstriert. 'Wenn ihr mir nachstellt, stelle ich euch nach', verkündete er auf seiner Internetplattform, eine Kriegserklärung an alle Richter und Geschworenen, die es wagen, ihn schuldig zu sprechen: Sie sollen ihres Lebens nicht mehr sicher sein, wie die Richter in Mafia-Prozessen." Das war zum Ende der Presseschau die WELT AM SONNTAG.