
Dazu schreibt die WELT AM SONNTAG: "Ist 'immerhin' das Wort der Stunde? Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat in dieser Woche das propalästinensische Netzwerk Samidoun verboten. Seine Unterstützer hatten den Hamas-Terroranschlag auf Israel in den Straßen Berlins gefeiert, Kanzler Olaf Scholz hatte ein Verbot angekündigt. Drei Wochen später steht es: Für Deutschland ein rasantes Tempo, immerhin. Und immerhin stellte sich Vizekanzler Robert Habeck in dieser Woche so nachhaltig staatsmännisch vor die Kamera, um unter anderem klarzustellen, dass Antisemiten in diesem Land nichts zu suchen haben und dass Relativierung etwas anderes ist als Kontextualisierung, dass die Rede von der Staatsräson plötzlich mit Leben gefüllt wurde. Aber 'immerhin' ist nicht mehr genug, angesichts der riesigen, erdrückenden Welle an Antisemitismus, die Europa und Deutschland gerade heimsucht. Immerhin ist nicht genug angesichts der Tatsache, dass davor seit Langem gewarnt wurde", meint die WELT AM SONNTAG.
Die BILD AM SONNTAG hält fest: "Tausende Islamisten ziehen mit ihren Flaggen durch die Essener Innenstadt, demonstrieren ihre Macht, brüllen ihre Parolen. Allenfalls am Rande fordern sie 'Free Palestine', ihnen geht es um etwas Größeres: die Errichtung eines weltweiten Kalifats, eines streng religiösen Reiches also, wie es die Terrormiliz 'Islamischer Staat' zwischen 2014 und 2019 in Syrien und Irak verwirklichte. Verstörende Bilder auch in Berlin, Hamburg, Dortmund und anderen Städten. Überall trumpfen Juden-Hasser auf, als gehöre ihnen die Straße. Der Hamas-Krieg hat das zutage gebracht, wovor liberale Muslime wie Ahmad Mansour, Seyran Ates und viele andere seit Jahren warnen: In Deutschland leben Zehntausende, wahrscheinlich eher Hunderttausende Radikale, die unsere freie Gesellschaft nicht nur ablehnen, sondern umstürzen wollen. Aber statt Mahnern wie Mansour zuzuhören, wurden diese bestenfalls ignoriert, schlimmstenfalls als rassistisch und 'islamophob' verunglimpft. Jetzt sehen wir das Ergebnis des langen Wegschauens", bemerkt die BILD AM SONNTAG.
Die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER ist folgender Meinung: "Antisemitismus gehört gleichermaßen zu den schlimmsten Übeln der Geschichte und der Gegenwart. Eine seiner abstoßenden Eigenschaften ist, dass Menschen sich das Recht herausnehmen, Juden zu bedrohen, zu schikanieren oder sogar zu töten, nur weil sie Juden sind – und zwar unabhängig davon, ob sie in Israel oder tausende Kilometer entfernt von dem Konflikt leben, der diesen Hass gerade neu befeuert. In Deutschland ist längst von einer neuen Welle des Antisemitismus die Rede. Gegen Synagogen werden Brandbomben geworfen, jüdische Schulen werden bedroht, und Nazis und Intellektuelle schließen sich mit Juden-Hassern aus dem Nahen Osten zusammen. Auch in Ländern wie Großbritannien oder Frankreich steigt die Zahl antisemitischer Taten. In allen Ländern mit Ausnahme von Israel sind Juden eine Minderheit, und oft sind sie ganz besonders gefährdet. Der Terror, dem sie auch in westlichen Demokratien ausgesetzt sind, ist für sie eine Frage von Leben und Tod. Auf dem Spiel steht nicht weniger als das Recht der Juden auf ihre Existenz und auf einen Alltag", unterstreicht DAGENS NYHETER aus Stockholm.
In einen Online-Gastkommentar des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL ist zu lesen: "Alle, die selbst nach den Nachrichten vom Morgen des 7. Oktober völlig ohne jede moralische Irritation routinemäßig ihrem Reflex der 'Beide Seiten'-Historisierung und der 'Siedlungspolitik'-Kontextualisierung folgen, schweigen zu den tatsächlich historischen Ursachen des Konflikts. Beginnend noch vor der Proklamation des Staates Israel und bis zum heutigen Tag liegt die Ursache dieses Konflikts in der fehlenden Bereitschaft der palästinensischen Seite, dieses Territorium mit einem benachbarten eigenständigen israelischen Staat zu teilen und diesen zu akzeptieren. Ihrer Vorstellung nach sollten Juden in der Nachfolge der britischen Mandatsherrschaft in Palästina ohne einen eigenen Staat, als jüdische Minderheit unter muslimischer Herrschaft leben – und sich dem Risiko von Unterdrückung und Vertreibung beugen. Alle Vernichtungskriege der arabischen Nachbarn gegen den Staat Israel haben dieses Ziel verfolgt: nicht die Grenzen einer Zwei-Staaten-Lösung zu bestimmen, sondern die Zerstörung des Staates Israel", stellt DER SPIEGEL klar.
Die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO blickt auf die Rolle der Vereinten Nationen: "Der Nahost-Konflikt verdeutlicht nochmals, wie wichtig die Organisation ist. Bedauerlicherweise ist es mit ihrer Autorität in der heutigen Welt nicht weit her, so dass man sich über ihre Handlungsfähigkeit bei globalen Krisen sorgen muss. Es ist Zeit, dass die UNO wieder ihre Aufgabe wahrnimmt, für die sie gegründet wurde - nämlich ihre Aufgabe als Wächter des Weltfriedens. Die Vereinten Nationen müssen endlich vehement für eine Waffenruhe im Nahen Osten eintreten", fordert HUANQIU SHIBAO aus Peking.
Die arabischsprachige Zeitung AL QUDS aus Ost-Jerusalem notiert: "Offenbar denkt Israel darüber nach, den Gazastreifen nach dem Ende der Hamas-Herrschaft neu zu ordnen - ganz so, als sei dies das größte Problem im Gazastreifen. Tatsächlich besteht dieses aber darin, dass die westlichen Länder nicht die Konsolidierung eines palästinensischen Staates angehen wollen. Solange dieses Problem bestehen bleibt, wird es auch nach der Zerschlagung der Hamas Palästinenser geben, die für ihre Präsenz in ihrer Heimat kämpfen werden."
Die israelische Zeitung HAARETZ merkt an: "Ministerpräsident Netanjahu hielt am Freitag eine weitere Rede zur Lage der Nation. Abermals wurde darin deutlich, dass es Netanjahu an echtem Mitgefühl fehlt für das, was die israelischen Bürger erleben. Er spricht kaum über das Massaker, das Hamas-Terroristen am 7. Oktober in unserem Land angerichtet haben. Netanjahu hält es auch nicht für nötig, den Angehörigen der über Tausend Opfer sein Beileid auszusprechen. Vielmehr besucht er Armeeinheiten und lässt anschließend von seinem Büro Fotos veröffentlichen, die ihn im Kreise der Soldaten zeigt. Man kann sich der Schlussfolgerung nicht entziehen, dass der Premierminister selbst mitten im wichtigsten Krieg des Landes seit 50 Jahren in erster Linie mit sich selbst und der Rettung seiner wackeligen politischen Zukunft beschäftigt ist", vermutet HAARETZ aus Tel Aviv.
Morgen beraten Bund und Länder über die Migrationspolitik. DER TAGESSPIEGEL führt dazu aus: "Das Regieren mit der Ministerpräsidentenkonferenz ist seit der Flüchtlingskrise 2015 zu einer wichtigen Einrichtung geworden. Angela Merkel und ihre Regierung wirkten damals zeitweise überlastet, ohne die Länder ging nichts mehr. Auch Kanzler Scholz kommt um die MPK nicht herum, er wollte allerdings weg von den langen Nachtsitzungen und den zähen Verhandlungen mit den Länderchefs. Zügiger, gezielter, effizienter, das war das Ziel. Aber die Wirklichkeit sieht nun so aus, dass sich zum morgigen Treffen ein für die Bürger kaum noch nachvollziehbares Paket an Anliegen, Projekten und Vereinbarungen zusammengeballt hat. Das Ergebnis ist Unübersichtlichkeit: Gesetzgebung zu Migration und Asyl, die Frage der Finanzierung mit Ländern und Kommunen, das Projekt einer Bezahlkarte, flüchtlingspolitische Forderungen in Richtung EU, das Deutschlandticket, ein Industriestrompreis, Planungsbeschleunigung und einige Kleinigkeiten mehr. Wie das eben so ist, wenn man vieles miteinander verknüpft, weil man eine große Masse an Deal-Möglichkeiten schaffen möchte, um so Ergebnisse zu erzwingen." Das war zum Ende der Presseschau DER TAGESSPIEGEL aus Berlin.