11. Februar 2024
Die Presseschau

Kommentiert werden unter anderem die Blockade weiterer Ukraine-Hilfen durch die US-Republikaner sowie das Wahlergebnis in Pakistan. Zunächst aber der Blick nach Berlin, wo heute in Teilen der Stadt die Bundestagswahl wiederholt wird.

Ein Schild mit der Aufschrift "Zum Wahllokal" hängt vor einem Wahllokal.
Wegen zahlreicher Pannen muss die Bundestagswahl in 455 Berliner Wahlberzirken wiederholt werden. An den Mehrheitsverhältnissen wird der Wahlgang in der Hauptstadt allerdings nichts ändern. (picture alliance / dpa / Sebastian Gollnow)
Dazu vermerkt der TAGESSPIEGEL: "20 Prozent der Berlinerinnen und Berliner sind aufgerufen, ihre Stimme erneut für den Deutschen Bundestag abzugeben – und dabei auch die Pannen, die bei der Wahl 2021 passierten, wettzumachen. An den Machtverhältnissen im Bund wird der Ausgang der Wahl nichts ändern. Fehler bei Wahlen in der Größenordnung wie in Berlin geschehen, können nicht ausgebessert werden. Sie dürfen deshalb nie wieder passieren. Eine Wahl muss ein Kraftakt bleiben, darf nicht Laissez-faire werden. Gelungene Wahlorganisation ist keine komplexe Wissenschaft. Dafür braucht die Verwaltung lediglich genug Geld und Personal, die zuständigen Politiker und Organisatoren brauchen die nötige Sorgfalt und ein Verantwortungsbewusstsein", kommentiert der TAGESSPIEGEL aus Berlin.
"Aus dieser Wahl-Wiederholung können wir lernen", meint die BERLINER MORGENPOST und führt aus. "Zwei Jahre hat das Wahlprüfungsverfahren gedauert, das Bundesverfassungsgericht musste als oberste Instanz entscheiden, wie die Wiederholungswahl ablaufen soll. Das dauerte alles viel zu lange. Wenn die Hälfte einer Legislatur vergangen ist, bis Fehler korrigiert werden, ist die Wiederholung ihrer Sinnhaftigkeit beraubt. Was wäre, wenn eine Bundestagswahl wirklich in größerem Umfang ungültig wäre? In der Zwischenzeit hätte eine Regierung ausreichend Zeit, um munter zu regieren, und das ohne demokratische Legitimation. Das klingt heute hypothetisch. Morgen kann es praktisch relevant werden. Daraus ergibt sich ein klarer Auftrag an die Politik. Eine solche Wahlprüfung darf künftig nicht länger dauern als ein paar Monate", meint die BERLINER MORGENPOST.
Im US-Senat sind weitere Milliardenhilfen für die Ukraine am Widerstand der Republikaner gescheitert. Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN zeigt sich alarmiert: "Mit weiterer Stagnation der Unterstützung laufen die demokratischen Staaten Gefahr, ein falsches Signal an die Welt zu senden: Denn das bedeutet, dass die Geschlossenheit der Länder, die die Rechtsstaatlichkeit schützen, ins Wanken gerät. Das spielt Putin in die Hände, der sich die Spaltung in Europa und in den USA so sehr wünscht. Es ist bedauerlich, dass in den USA die Ukraine-Hilfe ein politisches Instrument geworden ist", kritisiert NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG analysiert: "In der Frage der Militärhilfe für Kiew ist eine absurde Situation eingetreten. Über Monate sah es so aus, als würde sich die republikanische Kongressführung ihre Zustimmung durch Zugeständnisse von Präsident Biden in der Migrationspolitik erkaufen. Doch Donald Trump, dem nach den ersten Vorwahlen in seiner Partei die Präsidentschaftskandidatur nicht mehr zu nehmen ist, schert sich nicht um das nationale Interesse, sondern nur um sein persönliches. Als wiedergewählter Präsident möchte er sich mit Putin über die Landkarte Osteuropas beugen und, wie einst die Minister der europäischen Monarchen, die Grenzen neu ziehen. Für Europa und auch für Deutschland wäre eine Rückkehr Trumps das Ende aller Gewissheiten", hält die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG fest.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG befasst sich mit dem Bericht eines Sonderermittlers zum Umgang von Präsident Biden mit vertraulichen Dokumenten: "Vernichtender könnte ein Urteil für den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika kaum sein als der Befund, zu dem der Sonderstaatsanwalt Robert Hur diese Woche gekommen ist. Hur bezeichnete Joe Biden als 'gutmeinenden, älteren Herrn mit einem schlechten Gedächtnis'. Die Anzeichen dafür, dass der Präsident vergreist und nicht mehr für das Amt fähig ist – geschweige für eine weitere Amtszeit im Weißen Haus – mehren sich in höchst beunruhigendem Mass. Es scheint immer offensichtlicher, dass die Entscheidung der Demokratischen Partei, Biden zur Wiederwahl antreten zu lassen, ein verhängnisvoller Fehler war", findet die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
Die WELT AM SONNTAG befasst sich mit der kurzfristig abgesagten Abstimmung im Rat der Europäischen Union über die Lieferketten-Richtlinie und mit der Rolle der FDP. "Die Liberalen wollen erzwingen, dass sich Deutschland bei der Abstimmung enthält. Das könnte die EU-Richtlinie kippen. Das ist für die Idealisten, die sie vorangetrieben haben, tragisch – und trotzdem richtig. Moralisch ist es aller Mühen wert, diejenigen europäischen Unternehmen haftbar zu machen, die mit Produkten Geld scheffeln, in denen Kinderarbeit oder Umweltzerstörung stecken. Und dort, wo europäische Konzerne auf Druck der Verbraucher von Zulieferern die Wahrung von Mindeststandards einfordern, ändert sich tatsächlich etwas zum Besseren. Wer Nähereien in Bangladesch besucht, kann das mit eigenen Augen sehen. Jedoch: In Ländern wie China, wo Menschenrechte systematisch vom Staat verletzt werden, ist solch ein positiver Prozess illusorisch. Die europäischen Unternehmen würden für Dinge haften, die sie weder kontrollieren noch ändern können", schreibt die WELT AM SONNTAG.
Nun ein Blick nach Pakistan. Bei der dortigen Parlamentswahl ist nach Auszählung der meisten Wahlkreise das Lager der unabhängigen Kandidaten stärkste Kraft geworden. Die britische Zeitung THE OBSERVER notiert: "Auch wenn das Endergebnis noch nicht feststeht: Klar ist, dass der bevorzugte Kandidat der Armee - der ehemalige Premierminister Nawaz Sharif - den von vielen Analysten vorhergesagten klaren Sieg nicht errungen hat. Stattdessen holten unabhängige Kandidaten, die Imran Khan, den inhaftierten Führer der verbotenen Partei PTI treu ergeben sind, die meisten Sitze. Das entspricht einem politischen Erdbeben in einem Land, dessen Politik traditionell hinter den Kulissen von mächtigen Militärchefs bestimmt wird. Die Wähler haben den Generälen eine blutige Nase verpasst", urteilt THE OBSERVER aus London.
Die türkische Zeitung KARAR bilanziert: "Wie erwartet haben die Wahlen in Pakistan die politischen Spannungen im Land weiter verschärft. Es ist völlig unklar, wer wie eine Regierung bilden wird. Pakistan befindet sich derzeit in einer politischen Krise mit ungewissem Ausgang. Ein weiteres Problem, mit dem Pakistan zu kämpfen hat, ist der Terrorismus. Die Armee hat große Schwierigkeiten, die Sicherheit an der Grenze zu Afghanistan zu gewährleisten. Die etwa 3,7 Millionen afghanischen Migranten in Pakistan nähren den Terrorismus im Land. Die Instabilität des Landes ist zugleich eng mit der Türkei verknüpft. Denn durch ein nicht-kontrollierbares Pakistan wächst das Risiko, dass die Türkei mit einer neuen Flüchtlingswelle konfrontiert wird", vermerkt KARAR aus Istanbul.
In Finnland wird heute ein neuer Präsident gewählt. In der Stichwahl treten der konservative frühere Regierungschef Stubb und der ehemalige Außenminister und Grünen-Politiker Haavisto gegeneinander an. Die dänische Zeitung JYLLANDS-POSTEN aus Aarhus befindet: "Der Wahlkampf war von wenigen Ausnahmen abgesehen sachlich und substantiell, nicht zuletzt auf dem Gebiet der Außen- und Sicherheitspolitik. Beide Kandidaten sind in diesem Bereich prinzipientreu und kompetent – und das ist auch gut so. Genau auf diesem Gebiet spielt der Präsident in Finnland nämlich eine zentrale Rolle, und das ist umso wichtiger, wenn man eine 1.300 Kilometer lange Grenze zu Russland hat. Anders als andere europäische Länder hat Finnland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nicht an seiner Landesverteidigung gespart, sondern verfügt über eine starke Armee. Mit dem finnischen NATO-Beitritt hat die Allianz ein Mitglied bekommen, das keine Illusionen über seinen großen Nachbarn hegt und das im Umgang mit Russland weder zur Naivität noch zur Hysterie neigt", folgert JYLLANDS-POSTEN zum Ende der Presseschau.