25. Februar 2024
Die Presseschau

Im Mittelpunkt stehen die Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen. Außerdem geht es um die Berlinale, die heute zu Ende geht.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (Mitte) mit dem kanadischen Premier Justin Trudeau, der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem belgischen Premier Alexander De Croo (v.l.) bei der Gedenkveranstaltung in Kiew zum zweiten Jahrestag der russischen Invasion.
Neben Präsident Selenskyi nahmen auch EU-Kommissionspräsidentin von der Ursula von der Leyen, Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni, der belgische Ministerpräsident Alexander De Croo sowie der kanadische Premierminister Justin Trudeau an der Gedenkveranstaltung in Kiew teil. (imago-images / ZUMA Wire / Pool / Ukrainian Presidentia)
Die österreichische Zeitung DIE PRESSE AM SONNTAG schreibt zum Ukraine-Krieg: "Am zweiten Jahrestag des russischen Überfalls schlug die Stunde der Durchhalteparolen und Solidaritätssymbolik. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen fuhr gemeinsam mit der italienischen Premierministerin sowie den Regierungschefs Kanadas und Belgiens nach Kiew, um weitere finanzielle und militärische Unterstützung zuzusichern. Solche Gesten gebietet nicht nur der Anstand. Es liegt in Europas ureigenem Interesse, dass sich die ukrainische Armee den Invasoren entgegenstellt. Denn sonst setzt der russische Diktator, Wladimir Putin, seinen verbrecherischen Eroberungsfeldzug anderswo fort", warnt DIE PRESSE AM SONNTAG aus Wien.
Die türkische Zeitung KARAR sieht es so: "Europa ist kriegsmüde. Doch ein Ende des Krieges in der Ukraine ist nicht in Sicht. Präsident Putins Aufruf zur Versöhnung im Interview mit dem US-Journalisten Carlson hat niemand ernst genommen. Trotz der hohen Verluste verzeichnet Russland in der Ukraine militärische Erfolge. Es ist möglich, dass weitere im Frühjahr folgen, sollte die Hilfe aus den USA nicht rechtzeitig eintreffen. Aber wenn man wollen würde, könnten wirksame Sicherheitsgarantien für die Ukraine, Hilfe beim Wiederaufbau des Landes und vor allem Verhandlungen auf der Grundlage des Istanbuler Abkommens vom März 2022 den Krieg beenden und Frieden in der Region schaffen", notiert KARAR aus Istanbul.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG kommentiert: "Der ukrainische Widerstand erodiert heute vor allem deswegen, weil die Ukrainer zu wenig Geld und Material bekommen. Das kann geändert werden, und manches ginge sofort. Die Verbündeten könnten zum Beispiel mehr Waffen aus ihren Beständen liefern. Der deutsche 'Taurus' liegt ungenutzt herum, und die NATO hat fünfmal mehr Flugzeuge als Russland. Die Hilfe könnte auch dadurch sofort wachsen, dass Munitionsexporte in Drittländer zurückgestellt werden. Weil das alles viel Geld kostet, könnten die Verbündeten das eingefrorene russische Zentralbankvermögen - etwa 278 Milliarden Euro - beschlagnahmen. Wenn das der Ukraine zur Verfügung stünde, würde auch die Finanzblockade im amerikanischen Kongress keine Rolle mehr spielen", hebt die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG hervor.
Die französische Zeitung LE JOURNAL DU DIMANCHE appelliert: "Es geht darum, unermüdlich weiterzumachen und den Ukrainern dabei zu helfen, dass sie ihren Krieg gegen Russland nicht verlieren. Dieser Krieg findet an mehreren Fronten statt und wird zunehmend von russischen Verbündeten wie etwa China und Iran unterstützt. Russland versucht zudem auch, die öffentliche Meinung in Frankreich zu beeinflussen. Überall in Europa wird man sich der russischen Kriegsführung bewusst: Estland ist seit mehreren Wochen der russischen Cyberpropaganda ausgesetzt. Moldawien wehrte sich vor einem Jahr erfolgreich gegen die von Moskau angezettelten Destabilisierungsversuche", listet der JOURNAL DU DIMANCHE aus Paris auf.
Die norwegische Zeitung DAGBLADET analysiert: "Wenn die NATO in ihrer jetzigen Form tatsächlich durch einen Einzug Trumps ins Weiße Haus geschwächt werden sollte, müssen wir uns anderweitig verteidigen. Auf Trump ist kein Verlass – und auf Putin sowieso nicht. Deshalb muss so schnell wie möglich eine europäische Sicherheitsstruktur etabliert werden, am besten schon gestern. Aber so korrupt Russland auch sein mag: Es verfügt über eine Kommandostruktur, während die europäischen NATO-Mitglieder unterschiedliche Interessen haben, auf ihre nationale Industrie Rücksicht nehmen und die Führung an die USA abgegeben haben. Die Ukraine ist der Gradmesser für die europäische Sicherheit – und entscheidend ist jetzt, dass die NATO-Länder genug Waffen und Munition liefern, um Putin auf seinem Marsch nach Westen aufzuhalten", unterstreicht DAGBLADET aus Oslo.
"Der Westen muss an der Seite der Ukraine und Israels stehen", titelt der britische SUNDAY TELEGRAPH und führt aus: "In Bezug auf die Ukraine scheinen die westlichen Staatschefs nur noch Rhetorik zu bieten zu haben. Die Bemühungen um eine Steigerung der Waffenproduktion, um einen stetigen und konsistenten Fluss von Rüstungsgütern nach Kiew zu gewährleisten und um die NATO-Armeen neu auszurüsten, sind erbärmlich. Im Fall Israels ist der Westen nicht so sehr durch die damit verbundenen Kosten eingeschüchtert, sondern er verliert rasch den moralischen Mut, für das Richtige einzustehen. In den Tagen nach dem 7. Oktober herrschte weitgehend Einigkeit darüber, dass die Hamas vollständig besiegt werden muss. Doch noch bevor die Israelis mit den Bodenoperationen begonnen hatten, begann bereits die Kritik am israelischen Vorgehen", bemängelt der SUNDAY TELEGRAPH aus London.
In der schweizerischen NZZ AM SONNTAG heißt es zum Gazakrieg: "Der israelische Regierungschef Netanjahu will die ständige militärische Kontrolle über das Gebiet, die zivile Kontrolle soll lokalen Beamten übergeben werden. Faktisch ist das eine neuerliche Besetzung durch Israel. Einer Zweistaatenlösung erteilt Netanjahu eine Absage. Dieser Plan steht in direkter Opposition zu dem, was die Amerikaner für einen künftigen Frieden im Nahen Osten anvisieren: keine permanente Besetzung Gazas durch Israel, eine revitalisierte Palästinensische Autonomiebehörde, die die Zügel in Gaza in die Hand nehmen soll, damit der Grundstein für einen palästinensischen Staat gelegt werden kann. Es scheint, als ob es Netanjahu darauf angelegt hätte, US-Präsident Biden zu desavouieren", erklärt die NZZ AM SONNTAG.
Zu einer Zwei-Staaten-Lösung meint die WELT AM SONNTAG: "Würde diese Zwei-Staaten-Lösung heute von einer Fee, von Aphrodite, der Göttin der Liebe, oder wem auch immer mit einem Federstrich eingeführt werden – der Krieg wäre nicht vorüber. Im Gegenteil. Die Hamas würde überleben und somit auch ihr Vernichtungswille allen Juden gegenüber. Nicht die Israelis, die Hamas setzt auf einen Genozid. Mit ihr würde es keine Zweistaaten-, allenfalls als Zwischenstufe eine Dreistaaten-Lösung geben: mit Israel, einem Palästinenserstaat im Westjordanland und Hamastan im Gazastreifen. Kurzum: Eine Zwei-Staaten-Lösung ist nur möglich, wenn die Hamas besiegt ist", betont die WELT AM SONNTAG.
Die NEW YORK TIMES kommt zu folgender Einschätzung: "Die Frage ist nicht, ob es gerechtfertigt war, dass Israel nach dem Terroranschlag vom 7. Oktober gegen die Hamas vorging. Das war es, und Israel hat einige seiner militärischen Ziele erreicht. Doch der derzeitige Verlauf dieses Krieges führt zu einer massiven Tötung von Palästinensern, während die Hamas international an Ansehen gewinnt und die verbleibenden israelischen Geiseln gefangen bleiben. Die Vereinigten Staaten als Israels wichtigster Verbündeter und Quelle militärischer Hilfe sollten die Führung übernehmen, um dies zu ändern", fordert die NEW YORK TIMES.
Der Berliner TAGESSPIEGEL AM SONNTAG beschäftigt sich mit dem Filmfestival Berlinale, das heute zu Ende geht: "Die Berlinale ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Insbesondere der Wettbewerb hat seine Bedeutung als einer der Referenzpunkte für das Kinojahr eingebüßt. Die Verantwortung dafür ist nicht allein Carlo Chatrian als künstlerischem Leiter zuzuschreiben. Aber das Festival hätte in diesem Jahr mehr denn je einen Moderator gebraucht, der seine Idee vom Kino zu vermitteln versteht, statt sich in eine kuratorische Wagenburg zurückzuziehen. So versammelte der diesjährige Wettbewerb einen disparaten Haufen von Filmen, die wenig Aussagekraft über den Zustand des Kinos haben. Von den meisten wird man in den kommenden zwölf Monaten vermutlich nie wieder etwas hören", prophezeit der TAGESSPIEGEL.
"Ein Programm mit Anstand, ein Fest für Cineasten", bilanziert die BERLINER MORGENPOST. "Aber der Glamour hätte höher ausfallen können. Ein Festival darf nicht nur hohe Kunst, es muss auch Kirmes und Unterhaltung bieten, zumal auf einem Publikumsfestival wie der Berlinale."