
In der israelischen Zeitung HAARETZ heißt es dazu: "Israel ist nicht für lange Kriege gemacht. Nur eine Großmacht, die nicht vom Rest der Welt abhängig ist, kann es sich leisten, lange Kriege zu führen. Die USA können das. Russland kann es auch. Aber ein Land, das vollkommen vom Rest der Welt abhängig ist, kann nicht endlos weiterkämpfen. Der Verlust der internationalen Unterstützung ist unvermeidlich. Und je mehr Zeit vergeht, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass erneut so schreckliche Fehler passieren wie die Ermordung von sieben Mitarbeitern der Hilfsorganisation World Central Kitchen. All dies macht Israel zu einem geächteten Pariastaat, gegen den wirtschaftliche und militärische Embargos verhängt werden können, auch von den Vereinigten Staaten", notiert HAARETZ aus Tel Aviv.
Die WELT AM SONNTAG merkt an: "Benjamin Netanjahu ist der am längsten amtierende israelische Ministerpräsident und war lange der erfolgreichste Politiker. Unter seiner Ägide ist Israel zu einer führenden Hightech-Nation aufgestiegen. Wirtschaftsleistung und Lebensstandard nahmen stetig zu. Netanjahu gelang es, die Intifada, den bewaffneten Aufstand der Palästinenser, weitgehend zu kontrollieren. Jetzt aber sollte er Israel einen letzten Dienst erweisen und von allen politischen Ämtern zurücktreten. Netanjahu hat den Krieg politisch verloren. Er sollte seinen Platz räumen, um Israel einen Neuanfang zu ermöglichen", mahnt die WELT AM SONNTAG.
"Die Bilanz, die Israels Premier Netanjahu nach sechs Monaten Krieg vorzuweisen hat, ist verheerend", meint DIE PRESSE AM SONNTAG aus Österreich: "Israel überschreitet rote Linien und ist deshalb international zunehmend isoliert. Und auch innenpolitisch steigt der Druck. Doch Netanjahus Regierung könnte zerbrechen, wenn er dem dringenden Appell der USA nachgibt, von einer Offensive in Rafah im äußersten Süden des Gazastreifens abzusehen. Eine Atempause könnte ihm ein Geiseldeal verschaffen. Seit Wochen liegt ein Vorschlag auf dem Tisch. Doch die Hamas legt sich quer. Sie will nur eines: an der Macht bleiben. Es ist überfällig, dass die arabischen Staaten, besonders Katar, endlich Druck auf die Hamas ausüben, einem Geiseldeal zuzustimmen", fordert DIE PRESSE AM SONNTAG aus Wien.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG blickt auf die zunehmend schwierigen Beziehungen zwischen den USA und Israel: "Die Härte, mit der Israel den Gazakrieg führt, wird zunehmend zu einem politischen Problem für US-Präsident Biden. Zwar versucht Biden seit Monaten, die Rechtsregierung von Netanjahu dazu zu bringen, Zivilisten zu schonen und humanitäre Hilfe zuzulassen – doch bewirkt hat das Zureden wenig. Nun hat Biden ihm ein Ultimatum gestellt. Sollte Israel nicht mehr tun für die Sicherheit der palästinensischen Zivilbevölkerung, würden die USA andere Saiten aufziehen. Netanjahu liess kurz darauf zwar ankündigen, dass man nun über zwei neue Wege Hilfslieferungen ins Land lasse. Dass das die Situation verbessert, ist zu bezweifeln", schreibt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz.
THE SUNDAY TELEGRAPH aus Großbritannien notiert: "Sechs Monate nach den Gräueltaten vom 7. Oktober hat sich der Nachrichtenfokus unweigerlich auf die jüngsten Schrecken und das Mitleid im Krieg zwischen Israel und der Hamas konzentriert. Heute sollten wir innehalten und der Opfer dieses schrecklichen Tages gedenken, des schlimmsten Massakers an Juden seit dem Holocaust. Fast 700 israelische Zivilisten wurden ermordet. Viele starben auf grausame und entwürdigende Weise. Doch wenn wir uns an die Verderbtheit des 7. Oktober erinnern, müssen wir auch an das schrecklichen Leid der Menschen in Gaza denken, die ebenfalls Opfer der Hamas sind. Der Terrorismus vom 7. Oktober ist nicht vorbei. Für die Geiseln, ihre Familien und alle Betroffenen wird er weitergehen, bis die Hamas zur Rechenschaft gezogen wird", ist THE SUNDAY TELEGRAPH aus London überzeugt.
Im QATAR TRIBUNE aus Doha lesen wir: "Fast 1,7 Millionen Einwohner des Gazastreifens sind aufgrund des unerbittlichen israelischen Beschusses und der immensen Zerstörung auf der Flucht. Nachdem sie mitten im Winter die schrecklichen Folgen dieser Umstände ertragen mussten, haben sie nun weiter mit großem Hunger und schlechtem Wetter zu kämpfen. Doch dieser immer wiederkehrende Zyklus der Vertreibung ist für die Bewohner des Gazastreifens keine neue Erfahrung, da sie seit 1948 den Grausamkeiten der Israelis ausgesetzt sind", glaubt der QATAR TRIBUNE.
Themenwechsel. DER SPIEGEL befasst sich in einem Gastkommentar mit den Überlegungen der EU, die Ukrainehilfe mit eingefrorenem russischen Vermögen zu bezahlen: "Gibt es das moralische Recht, das Vermögen eines Staats, der einen anderen überfallen hat, zu beschlagnahmen, um die dadurch verursachten Schäden zu finanzieren? Viele würden das wohl bejahen. Die EU ist jetzt den ersten Schritt gegangen. Der Europäische Rat hat beschlossen, die Zinserträge abzuschöpfen, die sich bei Euroclear anhäufen. Dort werden die russischen Vermögenswerte verwaltet, die nach dem Überfall Moskaus auf die Ukraine eingefroren wurden. Ob es überhaupt rechtmäßig wäre, russisches Staatsvermögen zu beschlagnahmen, ist fraglich. Jetzt könnte man sagen: na und? Der Aggressor ist doch nicht schützenswert. So eine Haltung würde aber nicht nur dem Völkerrecht schaden, sondern auch Europa. Die USA scheren sich nicht um internationales Recht, wenn es amerikanischen Interessen zuwiderläuft. Europa kann sich das nicht leisten. Europas DNA ist die eines regelbasierten Akteurs. Dieses Image würde leiden, wenn eine Beschlagnahmung rechtlich fragwürdig erfolgte", unterstreicht DER SPIEGEL.
Die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER widmet sich einem anderem Thema - der NATO: "Ein Gespenst geht um in Europa und das heißt Donald Trump. Das wurde ganz deutlich beim jüngsten Treffen der NATO-Außeniminister anlässlich des 75. Jahrestags der Allianz in Brüssel. In vieler Hinsicht ist die NATO stärker denn je. Finnland und Schweden sind dem Bündnis beigetreten, die Ostsee ist zum NATO-Binnenmeer geworden. Doch eine weitaus größere Rolle spielte in Brüssel die drohende Rückkehr Trumps ins Weiße Haus. Ohne überhaupt gewählt zu sein, hat er bereits die US-Hilfen für die Ukraine blockiert, und bei einem Sieg Trumps im November drohen noch deutlich schlimmere Dinge. Wie geht es weiter, sollten die USA ausscheren aus dem Bündnis? Allein der Gedanke war 75 Jahre lang unvorstellbar. Heute ist er es nicht mehr", hebt DAGENS NYHETER aus Stockholm hervor.
Die BILD AM SONNTAG widmet sich der Rentenpoltik der Bundesregierung: "Früher in Rente und dafür mehr Rente. Das ist der Wunsch der meisten Deutschen. Doch dafür müsste Finanzminister Lindner einen Dukatenesel im Garten seines Ministeriums stehen haben – und den gibt es nur im Märchen. Die Rente ist – egal, was uns die Politik verspricht – nicht mehr sicher. Ihr droht natürlich nicht der Zahlungsausfall, aber sie wird für Beitrags- und Steuerzahler noch teurer als ohnehin schon. Es gibt nur einen Ausweg: Die Regierung muss endlich für mehr Wachstum sorgen und wir Bürger müssen alle Träume von kürzeren Lebens- und Wochenarbeitszeiten begraben", bilanziert die BILD AM SONNTAG.
Zum Schluss ein Blick nach Österreich. Die KLEINE ZEITUNG aus Graz rückt die Asylpolitik des Landes in den Fokus: "Der Familiennachzug von anerkannten Flüchtlingen, fast 90 Prozent aus Syrien, steigt weiter. Das ist, erstens, ein im Asylgesetz und in einer EU-Richtlinie verankertes Recht geflüchteter Menschen. Es ist aber auch, zweitens, ein Problem, vor allem für Wien, wo fast 60 Prozent der Syrer in Österreich leben. Innerhalb eines Jahres ein paar Tausend Schulplätze für die nachziehenden Kinder zu schaffen, ist eine enorme Herausforderung. Abgesehen vom humanistischen Aspekt kann die Familienzusammenführung auch für die weitere Integration sinnvoll sein. Väter, die mit ihren Gedanken stets bei den weit entfernten Kindern sind, haben wenig Ressourcen, sich in der neuen Heimat einzurichten." Mit diesem Kommentar der KLEINEN ZEITUNG aus Österreich endet diese Presseschau.