Samstag, 18. Mai 2024

05. Mai 2024
Die Presseschau

Themen sind die anhaltenden Proteste in Georgien und die Kommunalwahlen in England und Wales. Doch zunächst hören Sie Kommentare zur AfD.

05.05.2024
Demonstranten mit georgischen und EU-Fahnen. Sie halten Kerzen in den Händen.
Demonstrationen in Georgien. Demonstranten in Tiflis mit georgischer und EU-Flagge. (Zurab Tsertsvadze / AP / Zurab Tsertsvadze)
Die BILD AM SONNTAG konstatiert: "Lange schien es so, als könnte niemand den Aufstieg der AfD stoppen. Allmählich wird jedoch klar: Die AfD bremst sich selbst aus! Von allen Parteien und einem großen Teil der Öffentlichkeit wurde die AfD seit Langem ausgegrenzt, vom Verfassungsschutz wird sie beobachtet. Nichts davon hat der Rechtsaußen-Partei bislang geschadet, selbst die vielen Skandale in den eigenen Reihen nicht. Da schlüpfte man rasch in die Rolle der von allen verfolgten Unschuld. Doch zuletzt ist viel, möglicherweise zu viel zusammengekommen. Das zynische Gerede von millionenfacher Ausweisung von Migranten. Der Nazi-Sprech des thüringischen Spitzenkandidaten Björn Höcke, der wegen der Verwendung einer Parole der SA vor Gericht steht. Die Spionage- und Korruptionsvorwürfe gegen Spitzenvertreter der AfD, auf die die Parteiführung von Alice Weidel und Tino Chrupalla keine Antwort hat - außer sich wegzuducken! In den potenziellen AfD-Wählern haben sich Zweifel an der patriotischen Gesinnung der eigenen Partei eingenistet, auch ein Grund dafür, warum die AfD wieder unter 20 Prozent in Umfragen liegt. Wer für China und Russland spioniert oder agitiert und sich dafür auch noch bezahlen lässt, ist alles Mögliche zwischen dumm und kriminell, aber er ist definitiv kein Freund Deutschlands", unterstreicht die BILD AM SONNTAG.
Die spanische Zeitung EL PAIS analysiert die unterschiedlichen Positionen der Fraktion "Identität und Demokratie", die rechtspopulistische, nationalistische und rechtsextreme Parteien im Europäischen Parlament vereint: "Innerhalb der Fraktion ID gibt es gravierende Turbulenzen, wie die jüngsten Spannungen zwischen zwei ihrer wichtigsten Mitglieder zeigen, nämlich Marine Le Pens französische Partei "Rassemblement National" und der Alternative für Deutschland. Das Bündnis mit dem deutschen Partner, der in einigen Punkten radikaler ist, erschwert Le Pens Bemühungen, ein Bild der Mäßigung zu vermitteln. Die Enthüllungen in Deutschland über die internen Pläne der AfD, Migranten massenhaft auszuweisen, beunruhigen ihre französischen Kollegen", erläutert EL PAIS aus Madrid.
Mit den jüngsten Rüstungslieferungen aus Deutschland an die Ukraine befasst sich die WELT AM SONNTAG: "Jetzt liefert Berlin wieder ein paar Panzer und durch den Deal von Demokraten und Republikanern im US-Kongress ist ein weiteres Waffenpaket für die Ukraine immerhin gesichert. Aber der Schaden gerade durch die deutsche Zögerlichkeit könnte schon irreversibel sein. Das zeigt sich nicht nur an den ukrainischen Arsenalen, sondern vielleicht noch mehr an der Rekrutierungslage der ukrainischen Armee. Hier passiert derzeit genau das, was Scholz angeblich verhindern will – Putin gewinnt gerade den Krieg. Und zwar auf der Ebene der Psychologie. Mit den deutschen Taurus-Raketen könnte die Ukraine jene weiter entfernten russischen Luftwaffenbasen zerstören, von denen die Bomber losfliegen, um wehrlose ukrainische Rekruten zu vernichten. Aber mit der logisch kaum nachvollziehbaren Begründung, die Ukraine könnte damit russische Städte beschießen und eine Eskalation des Krieges auslösen, verweigert Olaf Scholz weiterhin die Lieferung eben dieser Waffen. Für 'Mitte, Maß und Frieden' bezahlen derzeit zahllose Ukrainer mit ihrem Leben", kritisiert die WELT AM SONNTAG.
Die NZZ AM SONNTAG kommentiert die Proteste in Georgien gegen ein von der Regierungspartei vorangetriebenes Gesetz zur Verhinderung "ausländischer Einflussnahme": "Georgien galt einmal als große Hoffnung des Westens – ungleich kleiner und überschaubarer als die Ukraine, ein Bollwerk der Demokratie im Hinterhof Russlands. Das ist lange vorbei, und seit dieser Woche weiß man auch, wohin die Reise gehen soll: Bidsina Iwanischwili, der Oligarch und wahre Machthaber Georgiens, hat bei einem seltenen Auftritt in der Öffentlichkeit die Maske fallen lassen. Er will die Opposition und die Zivilgesellschaft ausschalten, um sein Geld und sein Regime zu behalten. Es ist eine Diktatur mit Ansage. Iwanischwili steht gegen die Mehrheit der Bevölkerung, die den Rechtsstaat will und den Beitritt zur EU. Sie wird sich mit aller Kraft wehren. Die Parallele zum blutigen Maidan-Aufstand in der Ukraine 2014 ist offensichtlich. Eine kleine Chance gibt es noch, die Spirale der Gewalt zu stoppen – in fünf Monaten sind Parlamentswahlen. Die EU muss Druck ausüben auf Iwanischwili, um einen fairen Urnengang zu erzwingen, und dem Autokraten im Kaukasus drohen: mit der Aberkennung von Georgiens Status als Beitrittskandidat, mit dem Ende der Finanzhilfen, mit Sanktionen gegen sein Finanznetzwerk", fordert die NZZ AM SONNTAG aus der Schweiz.
In der norwegischen Zeitung DAGBLADET heißt es: "Das kleine Georgien hat eine komplizierte Identität. Der Körper liegt in Asien, das Herz dagegen in Europa. Ost oder West, Diktatur oder Demokratie - das ist, vereinfacht gesagt, die Entscheidung, vor der Georgien gerade steht. Die EU verurteilt das sogenannte Agentengesetz sowie das gewaltsame Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten in der Hauptstadt Tiflis. Es geht nicht nur um das Gesetz, sondern auch um den Kampf gegen ein sich anbahnendes Ein-Parteien-System, in dem die Regierung die Gerichte und die Presse kontrolliert, während auf der anderen Seite eine offene liberale Gesellschaft steht. Der Kampf ist aber noch nicht entschieden. Erstens spricht die EU jetzt Klartext, und die überwältigende Mehrheit der Georgier will gen Westen und nicht in Richtung Russland. Im Herbst sind Parlamentswahlen – und die Straßenkämpfe in Tiflis erinnern die Wähler daran, was auf dem Spiel steht", schreibt DAGBLADET aus Oslo.
Die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT notiert: "Die wichtigsten Oppositionsparteien des Landes und Hunderte von NGOs wurden mobilisiert, um die Verabschiedung des Gesetzes zu verhindern. Es besteht kein Zweifel, dass die georgische Regierung dieses Gesetz benötigt, um die Finanzquellen der Opposition zu kontrollieren. Dieses Gesetz im Allgemeinen und die jüngsten Bemühungen der georgischen Behörden haben nichts mit der Sicherheit Georgiens zu tun. Auf der einen Seite sagen die Behörden, dass es ein solches Gesetz auch in den USA gibt, und auf der anderen Seite erklären sie, dass sie, wenn die EU Georgien aufnimmt, dieses Gesetz aussetzen oder sogar aufheben könnten. Europa hat Tiflis den Kandidatenstatus auch aufgrund geopolitischer Kriterien zuerkannt. Derzeit findet ein erbitterter Kampf um den Südkaukasus statt und man hat in Europa erkannt, dass man das Land in Richtung Russland treibt, wenn man den Druck auf die georgische Regierungspartei erhöht", erklärt MÜSAVAT aus Baku.
Die britische Zeitung THE SUNDAY TELEGRAPH blickt auf den Ausgang der Kommunalwahlen in England und Wales: "Die Konservativen haben nur insgesamt etwa 20 Prozent der umkämpften Sitze in den Gemeindeparlamenten gewinnen können - das sind noch weniger als die Liberaldemokraten. Ein desaströses Ergebnis. Es verdeutlicht, wie sehr das Ansehen der Tories in den Augen der breiten Öffentlichkeit mittlerweile gesunken ist. Und bis spätestens Januar 2025 muss Tory-Premier Sunak die Parlamentswahl anberaumen. Doch auch der Wahlsieger Labour kann sich nicht einfach zurücklehnen und entspannen. Abgesehen von London haben die Sozialdemokraten in Bezirken stark an Boden verloren, in denen sich viele Menschen als Muslime identifizieren. Das legt die Vermutung nahe, dass die Muslime mit der Haltung des Labour-Vorsitzenden Starmer zum Gaza-Krieg unzufrieden sind. Insgesamt ist zu erkennen, dass die Wählerinnen und Wähler eine bemerkenswerte Bereitschaft zeigten, für Kandidaten außerhalb des politischen Mainstreams zu stimmen. Dies war die deutlichste Warnung an das politische Establishment", analysiert THE SUNDAY TELEGRAPH aus London.