02. Juni 2024
Die Presseschau

Mit Kommentaren zum Prozess gegen Donald Trump, zum Einsatz westlicher Waffen im Ukraine-Krieg und zum Ausgang der Parlamentswahl in Südafrika.

Donald Trump sitzt vor Gericht und schaut ernst in die Kamera. Hinter ihm wachen zwei Polizisten.
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump wurde vor dem Gericht in New York in 34 Anklagepunkten schuldig gesprochen. (AFP / Justin Lane)
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG schreibt zum Schuldspruch gegen den früheren amerikanischen Präsidenten: "Gewiss, Trump wird in Berufung gehen. Doch zieht er eben als Straftäter in den Wahlkampf. Unabhängige und ein Teil der traditionellen Republikaner haben deutlich gemacht, dass es für sie sehr wohl einen Unterschied macht, ob ihr Kandidat ein verurteilter Straftäter ist. Um diese Wähler geht es jetzt. Trump lebte lange von seinem Sieger-Image. Das entsprach schon lange nicht mehr der Wirklichkeit: Seit 2018 hat er in Wahlen fast nur noch verloren. Und nun verliert er auch vor Gericht. Trumps Gesicht war rot bei der Urteilsverkündung, sein Blick versteinert. Als wüsste er, dass er am Donnerstag nicht nur einen Prozess verloren hat. Die Szene erinnerte an das Wahljahr 2020, als Trump begriff, dass das Coronavirus ihn den Wahlsieg kosten würde", heißt es in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG.
Die spanische Zeitung EL DIARIO bemerkt: "Das Urteil in dem Verfahren wird im Juli verkündet, unmittelbar vor dem Parteitag der Republikaner. Selbst wenn es nicht allzu wahrscheinlich ist, dass Trump in Haft muss - er ist dann vorbestraft und kann trotzdem kandidieren. In einer anderen Wirklichkeit wäre das eine verhererende Ausgangsposition und etwas Unmögliches für Bürger, die ihr Land für ein moralisches und demokratisches Vorbild für die Welt halten. Aber das alles spielt jetzt offenbar keine Rolle, weder für Trumps Anhänger noch für seine Geldgeber. Am Ende entscheiden nur ein paar unentschiedene Wähler in einigen Swing States, ob Trump eine zweite Amtszeit erhält - und für die hat er bereits einen Rachefeldzug gegen alle seine Gegner angekündigt. Kein Amerikaner kann dann noch behaupten, er hätte von nichts gewusst", unterstreicht EL DIARIO aus Madrid.
Der britische GUARDIAN ergänzt: "Die laute Theatralik und die Selbststilisierung als Opfer, die Trumps Auftritt vor Gericht kennzeichneten, haben dazu beigetragen, dass Joe Biden stabiler, vernünftiger und staatsmännischer wirkt. Trump ist ein krasser Gegensatz zu Biden, 81, immer adrett und fröhlich, wenn auch etwas wackelig auf den Beinen. Es ist schwer vorstellbar, dass Biden die jungen Erstwähler, die Unabhängigen und die Minderheiten weniger anspricht, die laut Meinungsforschern im November den Unterschied ausmachen könnten. Während Biden ein problematischer Kandidat bleibt, hat Trump in den letzten Tagen erneut bewiesen, dass er ein wirklich grauenhafter Kandidat ist - und ein reueloser Krimineller obendrein. Er ist ungeeignet für das Amt. Er sollte zurücktreten." Das war THE GUARDIAN aus London.
Die schweizerische NZZ AM SONNTAG analysiert: "Beim umstrittenen Prozess geht es um die falsche Verbuchung einer Schweigegeldzahlung an eine Pornodarstellerin, mit der Trump Sex gehabt haben soll. Es geht nicht darum, dass Trump Tausende Menschen aufgehetzt hatte, das Capitol zu stürmen, und es geht auch nicht darum, dass er nach der Wahl 2020 in Georgia die Wahlaufsicht dazu gedrängt hatte, ein paar tausend Stimmzettel zu 'finden'. Es geht um eine Verbuchung. Dass alle Augen auf dem New Yorker Verfahren waren, hing vor allem damit zusammen, dass es der einzige Prozess gegen Trump war, der vor den Wahlen stattfinden konnte. Die anderen relevanteren Anklagen gegen den Ex-Präsidenten kommen erst nach dem Urnengang. Das ist die eigentliche Tragödie", findet die NZZ AM SONNTAG.
Die türkische Online-Zeitung T24 überlegt, welche Folgen ein Wahlsieg Trumps für die US-Außenpolitik hätte: "Seit seinen Anfängen hat Amerika Allianzen mit Ländern bevorzugt, die gemeinsame politische und wirtschaftliche Werte teilen. Trump hat diesen Ansatz auf den Kopf gestellt, indem er erklärt hat, er werde keine schmarotzenden Verbündeten schützen, die nicht genug für die Verteidigung ausgeben, und indem er bei jeder Gelegenheit seine Bewunderung für autoritäre Führer wie Xi Jinping, Vladimir Putin, Viktor Orban und Jair Bolsonaro zum Ausdruck bringt. Russlands Präsident Putin freut sich auf einen möglichen Wahlsieg Trumps, der sich für eine Kürzung und Einstellung aller Hilfen für die Ukraine ausspricht. Aber nicht nur Putin, sondern alle Autokraten der Welt, einschließlich der Golfstaaten, Saudi-Arabiens und Chinas, wollen, dass Trump wiedergewählt wird", glaubt T24 aus Istanbul.
Thema in der WELT AM SONNTAG ist der Einsatz westlicher Waffen im Ukrainekrieg auf Ziele in Russland: "Tatsächlich hatte der Westen die Ukraine mehr als zwei Jahre lang gezwungen, quasi mit angezogener Handbremse zu kämpfen. Statt Nachschublinien, Militärbasen und Flugfelder, von denen russische Kampfjets mit ihrer tödlichen Bombenlast aufsteigen, auch in Russland bekämpfen zu können, mussten die Ukrainer stets warten, bis die Aggressoren die Grenze zur Ukraine überschritten hatten. Die Absurdität dieser Einschränkung zeigt sich gerade im Raum Charkiw. Dass sich das jetzt ändert, war überfällig und ist auch vereinbar mit dem Völkerrecht. Es ist traurig, dass es immer erst die schiere Not und Bedrängnis der ukrainischen Kräfte ist, die westliche Politiker zu Entscheidungen zwingt, die eigentlich auf der Hand lagen und deren Verzögerung sehr viele Leben auf ukrainischer Seite gekostet hat", betont die WELT AM SONNTAG.
Die österreichische PRESSE AM SONNTAG führt aus: "In diesem Krieg haben sich die 'roten Linien' schon öfter verschoben als die Fronten. Zuerst wollte der Westen keine tödlichen Waffen schicken, dann keine schweren, dann zumindest keine Kampfpanzer. Und nun ist Joe Biden wohl der erste US-Präsident, der den Einsatz amerikanischer Waffen gegen Ziele im Land einer Nuklearmacht erlaubt was er davor kategorisch ausgeschlossen hatte, auch mit dem Argument, einen dritten Weltkrieg verhindern zu müssen. Im Nachhinein ist man zwar immer schlauer, aber die Frage drängt sich schon auf, ob diese Selbstbeschränkungen in aller Öffentlichkeit immer schlau waren", meint die PRESSE AM SONNTAG.
Die WASHINGTON POST geht auf die Parlamentswahl in Südafrika ein, bei der die Regierungspartei ANC nach 30 Jahren ihre Mehrheit eingebüßt hat: "Die Südafrikaner hatten eindeutig die Nase voll von der weit verbreiteten Korruption, der inkompetenten Erbringung grundlegender öffentlicher Dienstleistungen wie Wasser- und Stromversorgung, der grassierenden Arbeitslosigkeit unter der schwarzen Bevölkerungsmehrheit und der sich verschärfenden Ungleichheit. Der logischste Schritt für den ANC wäre es, sich mit der zweitplatzierten Demokratischen Allianz zusammenzuschließen. Die DA ist eine pro-marktwirtschaftliche Partei der rechten Mitte. Sie ist pro-westlicher als der ANC. Eine solche Koalition könnte Südafrika eine starke, multiethnische Regierungsmehrheit verschaffen, die sich auf drei Fünftel der Stimmen stützt und in der Lage ist, die notwendigen Wirtschaftsreformen durchzuführen. Das wäre gut für Südafrika, den Kontinent und die Welt", ist die WASHINGTON POST aus den USA überzeugt.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG befasst sich mit dem Messerangriff eines afghanischstämmigen Mannes auf Islamkritiker in Mannheim: "Natürlich liegt der Verdacht sehr nahe, dass der Messerstecher bei seiner Wahnsinnstat islamistisch motiviert handelte. Mindestens aber deswegen zustach, weil er die Religion beziehungsweise sein Verständnis des Islam über die Meinungsfreiheit stellt. Und damit über die Grundwerte der Gesellschaft, in der er lebt. Niemand darf das Recht selbst in die Hand nehmen, um andere zum Schweigen zu bringen, besonders dann nicht, wenn jene Hand ein Messer führt. Eigentlich selbstverständlich. Aber das ist es offenbar nicht für alle Menschen, die in Deutschland leben. Wenn Täter wie in Mannheim sich nicht einmal von Polizeipräsenz abschrecken lassen, zeigt das, wie groß die Gefahr ist, die von radikalisierten Einzeltätern ausgeht. Kein gutes Gefühl, in einem Jahr mit Großveranstaltungen wie der Fußball-Europameisterschaft."