11. August 2024
Die Presseschau

Themen sind unter anderem der israelische Angriff auf ein Schulgelände im Gazastreifen, der Wahlkampf in den USA und die Kämpfe im russisch-ukrainischen Grenzgebiet.

Eine Palästinenserin sitzt in einem beschädigten Gebäude in Gaza am 09. August 2024.
Die Vermittler haben Israel und die Hamas aufgefordert, die Verhandlungen über eine Waffenruhe am 15. August in Kairo oder Doha wieder aufzunehmen. (picture alliance / Anadolu / Doaa Albaz)
Zunächst in den Nahen Osten. Die israelische Zeitung HAARETZ fordert ein Ende des Kriegs: "Die schrecklichen Bilder des gestrigen Luftangriffs auf ein Schulgelände in Gaza-Stadt sind ein weiterer Beweis dafür, dass mit jedem Tag, an dem gekämpft wird, die Lage in der Region weiter eskaliert. Nach Angaben der Behörden in Gaza wurden bei dem Angriff 93 Menschen, darunter 11 Kinder und sechs Frauen, getötet und Dutzende weitere verletzt. Selbst wenn die Zahlen niedriger sind, wie Israel behauptet, spielt das keine Rolle. Das massive Töten von Zivilisten in Gaza muss aufhören. Dieser Krieg muss ein Ende haben", unterstreicht HAARETZ aus Tel Aviv.
Ähnlicher Meinung ist die österreichische Zeitung DIE PRESSE AM SONNTAG: "Es ist Zeit, dass der Wahnsinn endet: mit einem Waffenstillstand, der Freilassung aller israelischen Geiseln und am besten gleich auch mit der Übergabe der Macht in Gaza an die PLO-Autonomiebehörde. Das ist zugegebenermaßen derzeit ein unrealistisches Exit-Szenario, vor allem letzterer Punkt, aber vielleicht die einzige Hoffnung, einen großen Nahost-Krieg abzuwenden. Und danach wird es hoffentlich bald auch Neuwahlen in Israel geben und ein Ende der Ära Netanjahu. Bis das iranische Regime fällt, wird es länger dauern. Doch ewig werden auch die Mullahs nicht gegen ihr eigenes Volk regieren können. Erst dann wird der Nahe Osten eine friedliche Zukunft haben", glaubt DIE PRESSE AM SONNTAG aus Wien.
US-Präsident Biden sei einerseits der Einzige, der Netanjahu auf einen konstruktiveren Kurs zwingen könnte, ist die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG überzeugt: "Das gilt auch mit Blick auf eine Zweistaatenlösung, die Netanjahu und seine von Extremisten durchzogene Regierung sabotieren. Auf der anderen Seite ist es Washington nicht gelungen, die destabilisierenden Umtriebe Irans und seiner arabischen Schattenarmee wirksam einzuhegen, weder im Jemen noch im Irak, in Syrien oder im Libanon. So bekämpfen sich ein Alliierter Washingtons, der weitgehend macht, was er will, und dessen Erzfeind, dessen Rücksichtslosigkeit und Geduld die Tatkraft und das strategische Durchhaltevermögen Washingtons und seiner Partner überfordert. Die anderen Großmächte sind weder willens noch in der Lage, das Vakuum zu füllen, das Biden in der Region entgegen allen Ankündigungen zulässt", findet die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.
In einem Gastkommentar der NEW YORK TIMES heißt es: "Die Regierung von Präsident Biden hat Israel unterstützt und Waffen geliefert, als es seinen unerbittlichen Vergeltungsangriff auf die Bevölkerung von Gaza fortsetzte. Die Regierung hat an ihrer Unterstützung festgehalten, selbst nach Berichten von 40.000 Toten im Gazastreifen, die meisten von ihnen Frauen und Kinder. Sollte Ex-Präsident Trump gewählt werden, wird sich Israel mit ziemlicher Sicherheit noch mehr zu Angriffen ermutigt fühlen. Sollte die amtierende Vize-Präsidentin Harris gewählt werden, besteht die Chance, dass die Vereinigten Staaten allmählich von ihrer jahrzehntelangen Politik der bedingungslosen militärischen, politischen und wirtschaftlichen Unterstützung Israels abrücken werden. Die meisten Wähler der Demokraten, selbst die meisten Wähler, denen Israel und Palästina am Herzen liegen, können sich wahrscheinlich vorstellen, für Harris zu stimmen. Sie wissen zwar, dass ihre Regierung dem palästinensischen Volk keine unmittelbare Erleichterung bringen würde. Sie wissen aber auch, dass eine Regierung unter einer Präsidentin Harris besser wäre, als eine unter Trump", ist in der NEW YORK TIMES zu lesen.
Die Zeitung WELT AM SONNTAG kritisiert die Entscheidung von Harris, Tim Walz als Runnig-Mate für den Präsidentschaftswahlkampf zu nominieren: "Statt das Antisemitismus-Problem in ihrer Partei zu benennen und zu bekämpfen, ist Harris vor den radikalen Kräften eingeknickt. Sie hat abgewogen zwischen dem Risiko, eine israelkritische und teilweise antisemitische Wählergruppe zu verlieren, und der Chance, die Erfolgsaussichten im möglicherweise wahlentscheidenden Pennsylvania zu erhöhen. Das Ergebnis ist besorgniserregend. Denn es wirft die fundamentale Frage auf, ob Harris als Präsidentin felsenfest zu der einzigen Demokratie im Nahen Osten stehen würde. Diese Unsicherheit könnte den Iran und seine Verbündeten stärken - ausgerechnet in einer Phase, in der sie so angriffslustig sind wie selten zuvor. Harris' Haltungsschwäche ist gefährlich für Israel, den ganzen Westen und damit auch für Deutschland", meint der Kommentator der WELT AM SONNTAG.
Hören Sie nun Kommentare zu den Kämpfen in der russisch-ukrainischen Grenzregion. Die Schweizer NZZ AM SONNTAG schreibt: "Hoffentlich haben sie einen Plan: Das ist der Stoßseufzer, mit dem Regierungspolitiker und Offiziere im Westen auf den Einmarsch der ukrainischen Armee in Russland blicken. Hoffentlich haben Präsident und Militärführung in Kiew durchdacht, was sie da in Gang gesetzt haben – den Einsatz einiger hundert, vielleicht Tausender Soldaten, um Teile der russischen Grenzregion Kursk in ihre Gewalt zu bringen. Denn zur selben Zeit wird die Front im Donbass immer brüchiger, kämpfen sich russische Einheiten auf strategisch wichtige Punkte vor. Ist es klug, an diesem Teil der Front dringend benötigte Soldaten ganz woanders in eine Spezialoperation zu schicken? Dem ukrainischen Armeechef Olexander Sirski ist schon einmal eine Überraschung gelungen. Im September 2022 befehligte er als Kommandant der Bodentruppen die Befreiung der Region Charkiw. Die Russen hatte er damals übertölpelt. Wie auch nun in Kursk. Sirskis Problem wird jetzt sein, das Gebiet in Kursk zu halten. Seine Soldaten dort in Stellungen sturmfest zu machen, bis Russland vielleicht einmal zu Friedensverhandlungen auf Augenhöhe bereit ist. Oder aber rasch und unter möglichst geringen Verlusten wieder abzuziehen", analysiert die NZZ AM SONNTAG aus Zürich.
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN stellt folgende Überlegung an: "Der Fokus richtet sich nun auf die Frage, ob die Ukraine die besetzte Region lange Zeit halten kann. Sollte dies der Ukraine gelingen, dürfte sich die Region Kursk zu einem kleinen, aber wirkungsvollen Argument entwickeln, das bei künftigen Friedensverhandlungen mit Russland eine große Rolle für die Ukraine spielen könnte. Man erinnere sich an den jüngsten Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen: Diese Verhandlungen sind zustande gekommen, weil der Geheimdienst-Agent Krassikow, den Präsident Putin unbedingt zurückholen wollte, in einem deutschen Gefängnis saß. Möglicherweise hat die Ukraine künftige Friedensverhandlungen im Blick, die zu einem Austausch zwischen Kursk und einer von Russland besetzten ukrainischen Region führen könnten", notiert ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
Nun noch ein Blick nach Spanien. Dort ist der Sozialist Illa zum neuen Regionalpräsidenten Kataloniens gewählt worden. Die Zeitung EL PERIODICO DE CATALUNYA aus Barcelona stellt fest: "Illa ist sofort von der Wirklichkeit eingeholt worden. Seine Sozialisten bilden eine Minderheitsregierung, und am Horizont steht die ewige Ungewissheit, die das traurige Erbe der Separatisten verursacht hat. Katalonien leidet unter einer Überdosis nationalistischer Mystifizierung, und Illa wird alle Hände voll zu tun haben, radikalen Forderungen entgegenzutreten. Das reicht von den Finanzen, demGesundheits- und Bildungswesen und der Sprachpolitik bis zu den Themen Sicherheit, Einwanderung und Klimawandel. Hinzu kommt jetzt noch das Versagen der Sicherheitskräfte bei der Festnahme des Separatistenführers Puidgedemont. Spaniens Regierungschef Sánchez muss nun alles tun, um die Lage unter Kontrolle zu bringen und nicht in Panik zu verfallen", betont die spanische Zeitung EL PERIODICO DE CATALUNYA.