27. April 2025
Die Presseschau

In den Kommentaren der Sonntagszeitungen geht es vor allem um die derzeitigen Bemühungen, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beenden. Ein weiteres Thema ist die gestrige Trauerfeier für den verstorbenen Papst Franziskus in Rom.

Das Foto zeigt US-Präsident Trump und den ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Gespräch miteinander. Beide sitzen sich gegenüber auf goldenen Stühlen, die mit rotem Stoff bezogen sind.
Als "Begräbnisdiplomatie" bezeichnet die Zürcher NZZ AM SONNTAG das Gespräch zwischen US-Präsident Trump und dem ukrainischen Staatschef Selenskyj in Rom. (AFP / HANDOUT)
Dazu heißt es in der RHEINPFALZ AM SONNTAG aus Ludwigshafen: "Sie wirkt nicht nur aus der Zeit gefallen, die Trauerfeier für Papst Franziskus ist aus der Zeit gefallen. Gerade deshalb tut sie uns allen gut, egal, wer wir sind, egal, was unsere Religion ist. Sie steht für eine Tradition des Glaubens an Einheit und Menschlichkeit, die größer ist als all die Fragen der Alltagspolitik, die uns sonst tagein, tagaus beschäftigen."
Die LÜBECKER NACHRICHTEN sehen es ähnlich: "Bei aller Kritik an der Katholischen Kirche, ihren unnachgiebigen Dogmen und den intransparenten Machtstrukturen: die Anteilnahme an der Trauer um den verstorbenen Papst Franziskus und das große Interesse von Gläubigen aus aller Welt, ihn direkt in Rom oder per Livestream auf dem letzten Weg zu begleiten, beweisen, welche Faszination von der größten Glaubensgemeinschaft ausgeht. Es ist paradox: archaisch anmutende Riten und jahrhundertealte Regeln stehen gleichzeitig in der Kritik und üben eine kaum beschreibbare Anziehungskraft auf Menschen aus. Die katholische Kirche wirkt zuweilen wie eine Trutzburg in einer immer verrückter zu werden scheinenden Welt. Das ist Menetekel und Chance zugleich für sie. Franziskus hat seine Kirche als Papst wieder dahin zu führen versucht, wo sie seiner Auffassung nach hingehört: an die Seite der Menschen, die nicht oder nicht andauernd auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Er stand wie lange kein Papst mehr vor ihm dafür, die Kirche sprichwörtlich im Dorf zu lassen. Dafür genoss der Argentinier im Leben wie nach seinem Tod weltweit höchste Anerkennung. Das macht die Suche nach einem guten Nachfolger nicht einfach", befürchten die LÜBECKER NACHRICHTEN.
"Es fällt nicht nur schwer, sich vorzustellen, wer der nächste Papst wird, sondern auch, in welche politische Richtung der Vatikan gehen wird", überlegt die spanische Zeitung EL PERIODICO DE CATALUNYA in einem Gastkommentar. "Der aggressive Konservatismus ist zurzeit in Mode, wie Trump, Netanjahu oder Orbán zeigen. Die große Frage ist also, welche Entscheidung das Konklave in den nächsten Tagen fällt. Wird es sich für einen Papst entscheiden, der dem reaktionären Trend der Gegenwart folgt? Oder wird es jemand sein, der gegen den Strom rudert?" fragt EL PERIODICO DE CATALUNYA aus Barcelona.
Am Rande der Trauerfeier im Vatikan trafen US-Präsident Trump und sein ukrainischer Amtskollege Selenskyj zusammen, um erneut über eine Friedenslösung im Ukraine-Krieg zu beraten. Dazu bemerkt die Schweizer NZZ AM SONNTAG: "Die Diplomatie ist eine seltsame Pflanze. Schrecklich empfindlich und zugleich so zäh, dass sie nicht umzubringen ist. Acht Wochen nachdem Wolodimir Selenski aus dem Weissen Haus geflogen war – ein nie gesehener diplomatischer Eklat -, sass der ukrainische Präsident wieder Donald Trump gegenüber. Allein, Auge in Auge, 15 Minuten auf einem gepolsterten Stuhl im Petersdom in Rom. Lief das Gespräch der beiden Männer dieses Mal besser? Augenscheinlich. Selenski nannte es 'sehr symbolisch' und 'potenziell historisch', das Weisse Haus 'sehr produktiv'. Sicher ist: Es wird weiterer Diplomatie bedürfen, um einer Beilegung des Ukraine-Krieges näher zu kommen. Und intensiverer Verhandlungen, als es die sogenannte Begräbnisdiplomatie erlaubt", glaubt die NZZ AM SONNTAG aus Zürich.
Die österreichische PRESSE AM SONNTAG kritisiert Trump für seine russlandfreundliche Haltung bei den Friedensgesprächen: "Der US-Präsident hat bisher auf befremdliche Weise Standpunkte des Kreml übernommen und sich der Seite des Aggressors angedient, statt den ukrainischen Opfern der Invasion den Rücken zu stärken. Trump hat zuletzt ohne jede Gegenleistung Geschenke an Putin verteilt. So schloss er nicht nur einen Nato-Betritt der Ukraine aus, sondern versprach auch eine offizielle US-Anerkennung der Annexion der Krim, die sich Russland 2014 völkerrechtswidrig einverleibt hat. Nach seinem Treffen mit Selenskij in Rom drohte er dem russischen Präsidenten mit neuen Sanktionen. Doch das wird den Kreml-Chef ebenso wenig beeindrucken wie die wiederholte Ankündigung der US-Regierung, die Vermittlungsbemühungen einzustellen, wenn es nicht bald zu einer Waffenruhe kommt", ist DIE PRESSE AM SONNTAG aus Wien überzeugt.
Die WELT AM SONNTAG sieht in dem zuletzt von den USA vorgelegten Friedensplan für die Ukraine eine vertane Chance, denn - Zitat: "Trump hätte aus einer Position der Stärke heraus agieren können. Schließlich ist es der Ukraine gelungen, die Front zu stabilisieren, und es wird immer deutlicher, dass Russland nicht die Mittel hat, diesen Krieg zu gewinnen. Gleichzeitig hat der Westen bisher weder seine eigenen Rüstungskapazitäten ausgeschöpft bei der Unterstützung der Ukraine noch alle Möglichkeiten zur Strangulierung der russischen Wirtschaft. Der Trump-Plan markiert eine historische Wende. Die ehemalige Führungsmacht des Westens agiert hier als Verbündeter Russlands und stellt Forderungen quasi stellvertretend für Moskau. Früher waren die USA der Anker der Weltordnung und der Garant der europäischen Friedensordnung", erinnert die WELT AM SONNTAG.
Auch die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG glaubt nicht mehr an eine konstruktive Rolle der USA im Friedensprozess und sieht stattdessen Europa und die künftige deutsche Regierung in der Pflicht: "Johann Wadephul, Deutschlands Außenminister in spe, hat recht, wenn er sagt, im Donbass werde auch die Bundesrepublik verteidigt. Sobald Merz Kanzler ist, muss er deshalb tun, was er unlängst angekündigt hat. Er muss zusammen mit anderen 'die Verteidigung Europas selbst in die Hand nehmen', damit Putin schon in der Ukraine gestoppt wird. Eine Sache ist dabei besonders eilig: Das in der EU eingefrorene russische Staatsvermögen – je nach Rechnung etwa 180 Milliarden Euro – muss der Ukraine gegeben werden. Zögern wäre fatal, denn der Sperrbeschluss läuft im Sommer aus. Falls eine Koalition zum Schutz der Ukraine entsteht, müsste Deutschland außerdem Soldaten für sie stellen oder wenigstens die übrigen 'Willigen' anderswo ablösen – in Estland oder Rumänien etwa, wo heute Briten und Franzosen stehen. Dazu müsste Schwarz-Rot die zusätzlichen 100.000 Soldaten rekrutieren, die der Generalinspekteur der Bundeswehr verlangt. Notfalls durch die Wehrpflicht, und zwar, wie es in Berlin schon einmal in einer Schicksalsstunde hieß, 'sofort, unverzüglich'", meint die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.
Abschließend noch eine Stimme zum Konflikt zwischen Indien und Pakistan. Die seit Jahrzehnten schwelende Auseinandersetzung zwischen beiden Ländern ist nach einem Terroranschlag im indisch kontrollierten Teil Kaschmirs eskaliert. Die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT ist der Meinung: "Obwohl an bewaffneten Angriffen in Kaschmir in der Regel Personen aus Pakistan oder pakistanische Staatsbürger beteiligt sind, kann die Schuld nicht einseitig dem Land zugeschrieben werden. Als 1947 die Staaten Indien und Pakistan gegründet wurden, erhoben beide Anspruch auf Kaschmir. Doch lassen sich die Spannungen nicht allein mit den Territorialstreitigkeiten erklären. Immer dann, wenn es zu Spannungen mit Pakistan oder zu Konflikten in Kaschmir kommt, werden Muslime, die in verschiedenen Teilen Indiens leben, angegriffen, geschlagen und getötet. Der indische Nationalismus ist antimuslimisch geprägt, was regelmäßig zu schweren Zusammenstößen führt. Die Indische Volkspartei von Narendra Modi regiert Indien seit mehr als zehn Jahren, und die Anhänger dieser radikalen Rechtspartei vertreten eine harte Haltung gegenüber Muslimen. Dies hat die Spannungen in den letzten Jahren weiter verschärft", analysiert die Zeitung MÜSAVAT aus Baku, und damit endet die Presseschau.