25. Mai 2025
Die Presseschau

Heute mit Kommentaren zum Gaza-Krieg, zum Umgang mit der AfD im Bundestag und zu den Atomverhandlungen zwischen den USA und dem Iran.

Israelische Streitkräfte bewegen sich mit Panzern entlang der Grenze zum Gazastreifen im Süden Israels.
Ein thema in den Kommentaren: der Gaza-Krieg (Archivbild). (Ohad Zwigenberg/AP/dpa)
Zur Lage in Gaza schreibt die Zeitung SABAH aus Istanbul: "Die Zahl der Todesopfer im Gazastreifen hat inzwischen 53.000 erreicht. Die meisten der Toten sind Zivilisten. Dies sind die offiziellen Zahlen. Wissenschaftliche Schätzungen gehen jedoch davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Toten bei über 100.000 liegen könnte. Ob die Zahl nun höher oder niedriger ist, ändert nichts an den von Israel begangenen Gräueltaten und der Tatsache, dass die Weltgemeinschaft nicht ausreichend reagiert hat. Laut einem gemeinsamen Bericht der Weltbank, der Europäischen Union und der Vereinten Nationen beläuft sich der durch die israelischen Angriffe verursachte Gesamtschaden auf das 1,8-fache des palästinensischen Bruttoinlandprodukts. Der Bericht schätzt, dass die Fortschritte bei der Entwicklung des Gazastreifens um 69 Jahre zurückgeworfen wurden. Wenn ein dauerhafter Frieden erreicht wird, werden die wirtschaftlichen Wunden vielleicht verheilt sein. Die Traumata, die palästinensische Kinder erlitten haben, und unsere Schande als Menschheit werden jedoch nicht aus unseren Erinnerungen und Herzen verschwinden", mahnt die türkische Zeitung SABAH.
Die KLEINE ZEITUNG aus Kärnten meint dazu: "Israels Ministerpräsident Netanjahu verliert seine letzten Verbündeten in der Welt. Was, wenn auch Trump Israel fallen lässt? Ohne die Waffen der USA kann das kleine Land in einem Meer von Feinden nicht bestehen. Und so steht die Hamas am Ende gar doch noch als Siegerin da. Zu meinen, sie ließe sich militärisch auslöschen, ist eine gefährliche Illusion. Jeder Tag, den der entgleiste Krieg in Gaza fortdauert, bringt neue Armeen von hasserfüllten Radikalisierten hervor, die - beseelt von Rachedurst - nur ein Ziel haben: die Vernichtung Israels", befürchtet die KLEINE ZEITUNG aus Österreich.
Für die WELT AM SONNTAG hat Israel keine klare Strategie: "Glaubt Jerusalem ernsthaft, der ewige Frieden werde erst ausbrechen, wenn auch der letzte der Hamas-Schergen in einem seiner Tunnel verreckt? Glaubt Israel im Ernst, dass ein Verschwinden dieser Terrorbande das Ende des Terrors bedeuten würde? Die Geschichte lehrt das Gegenteil. Was überhaupt will der israelische Regierungschef Netanjahu mit seinen verheerenden Schlägen erreichen? Plant er, den Gazastreifen in Gänze zu besetzen? Dann müsste er ähnliche Besatzungsstrukturen bilden, wie es seine umsichtigeren Vorgänger nach dem Sechstagekrieg taten. Das setzte voraus, dass es Krankenhäuser und Schulen, eigene Behörden und eine halbwegs intakte Verwaltung gibt. Israels Regierung scheint nicht geneigt zu sein, das dazu nötige Geld in das Runinenfeld namens Gaza zu stecken. Was ist aus Netanjahus strategischem Geschick, seiner einstigen Beweglichkeit, seinem Pragmatismus geworden?" fragt die WELT AM SONNTAG.
Die spanische EL PAIS sieht mit Sorge auf die Entwicklung im Gazastreifen: "Immer wieder werden die Warnungen der WHO von den israelischen Behörden ignoriert, was sich in direkten Todesopfern niederschlägt, beispielsweise bei Tausenden von Babys, die von Unterernährung bedroht sind. Das Gesundheitssystem ist praktisch zerstört, 94 Prozent der Krankenhäuser wurden durch Angriffe der israelischen Armee beschädigt, die sie unter Verstoß gegen alle Kriegskonventionen zum Ziel ihrer Bombenangriffe gemacht hat. Im Moment haben die zwei Millionen Menschen in Gaza kaum 2.000 Krankenhausbetten, viele von ihnen unter erbärmlichen Bedingungen. Gleichzeitig macht Netanjahu Fortschritte bei der Festigung seiner Macht", beklagt EL PAIS aus Madrid.
Die TAGESZEITUNG aus Berlin verlangt von der deutschen Politik mehr Härte gegen Israel: "Berlin hat die Wahl: Wenn Israel den Krieg mit Hunger und Bomben fortsetzt, dann kann, dann muss auch die Bundesregierung eindeutig reagieren. Also keine Waffenlieferungen mehr, kein privilegierter Handel mit der EU, Anerkennung Palästinas. Damit würde man der demokratischen Opposition in Israel signalisieren: Wir unterstützen euch. Womöglich könnte dies sogar den Kräften in der Netanjahu-Regierung, die nicht rechtsextrem sind, innenpolitisch eine Brücke bauen: Man hätte den Krieg ja fortgesetzt, aber leider waren die internationalen Kosten zu hoch. Sanktionen sind kein Zauberstab. Aber in diesem Fall sind konditionierte Drohungen weit erfolgversprechender als die achselzuckende Ratlosigkeit, die lauen Appelle, die müden Verweise auf die deutsche Staatsräson", heißt es in der TAGESZEITUNG aus Berlin.
Der in Dublin erscheinende SUNDAY INDEPENDENT beschäftigt sich mit dem Thema, dass Israel Staatsanleihen über die irische Nationalbank verkaufen will. "Seit Monaten behauptet die irische Zentralbank, ihr seien die Hände gebunden. Ihre Aufgabe bestehe lediglich darin, zu prüfen, ob potenziellen Investoren alle erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt worden sind; Sanktionen müssten auf nationaler Ebene erfolgen. Die Anleihen haben seit Oktober 2023 Milliarden von Dollar eingebracht. Wenn wir den Verkauf blockieren, wird Israel wahrscheinlich einfach ein anderes EU-Land wählen. Aber wir werden es nicht auf dem Gewissen haben. Die verbale Unterstützung unserer Politiker für Palästina ist beleidigend bedeutungslos, wenn sie nicht auf unsere materielle Mitschuld eingehen. Die Regierung tut nichts ohne öffentlichen Druck. Wir können es uns nicht leisten, höflich zu sein. Wenn der Zentralbank wirklich die Hände gebunden sind, müssen wir weiter darauf hinwirken, dass die Regierung die Fesseln löst", fordert der irische SUNDAY INDEPENDENT.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG widmet sich der der Leitung der Bundestagsausschüsse. Bislang ist noch kein Abgeordeter der AfD zum Leiter eines Ausschusses gewählt worden. "Es geht nicht um Unrecht im verfassungspolitischen Sinne. Jeder Abgeordnete hat das Recht, sogar die Pflicht, nach freiem Gewissen zu entscheiden. Doch nicht nur den zehn Millionen AfD-Wählern erscheinen diese Akte zunehmend willkürlich. Wenn der Volksvertretung nicht zuzumuten ist, dass AfD-Abgeordnete Ausschüsse und Plenarsitzungen leiten - wieso behalten sie dann das Privileg, im Bundestag als Erste auf den Bundeskanzler zu antworten? Und wie ist erklärbar, dass eine Partei, die im Parlamentsalltag als Gefahr für die Grundordnung behandelt wird, überhaupt noch gewählt werden darf? Eine Lösung wäre, das Verbot der AfD zu beantragen, aber aus Gründen der demokratischen Selbstachtung sollten die Traditionsparteien souverän die andere Richtung einschlagen: gleiche parlamentarische Rechte für die AfD. Teilhabe am demokratischen Staat, gerade an seinen würdevollen Institutionen, fördert die Identifikation mit ihm und setzt Parteien am politischen Rand unter Spannung. Je näher die Gemäßigten dem politischen Salon kommen, desto stärker scheren die Fanatiker aus. Druck von außen, wie Benachteiligungen oder Verbotsandrohungen, schweißt eine Partei zusammen. Druck von innen treibt sie auseinander", betont die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.
Die chinesische Zeitung JIEFANG RIBAO blickt auf das Scheitern der fünften Verhandlungsrunde zwischen den USA und dem Iran über das Atomprogramm Teherans. "Die unterschiedlichen strategischen Interessen konnten letztendlich zu keiner Einigung führen. Washingtons Absicht, durch die Verhandlungen alle Probleme auf einmal zu lösen, war einfach nicht realistisch. Noch im Vorfeld hat Präsident Trump der Regierung in Teheran mit militärischen Aktionen bei einem möglichen Verhandlungsabbruch gedroht. Wird dieses Szenario nun Wirklichkeit? Angesichts der Lehre aus Afghanistan würde sich Washington im Nahen Osten eher mehr zurückhalten. Außerdem haben die US-Sanktionen die iranische Gesellschaft und Wirtschaft bereits dermaßen zerstört, dass man sich die ganzen militärischen Maßnahmen ersparen könnte", kommentiert JIEFANG RIBAO aus Shanghai.