08. Juni 2025
Die Presseschau

Kommentiert wird erneut der Streit zwischen US-Präsident Trump und seinem ehemaligen Regierungsberater Musk. Zunächst geht es aber um den Gaza-Krieg und die wachsende Kritik an Israel.

Palästinenser tragen Kisten und Taschen mit Lebensmitteln und humanitären Hilfspaketen, die von der Gaza Humanitarian Foundation, einer von Israel anerkannten und von den USA unterstützten Organisation geliefert wurden.
Palästinenser kim Gazastreifen werden mit Lebensmitteln versorgt. (Abdel Kareem Hana / AP / dpa / Abdel Kareem Hana)
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG schreibt: "Keine Frage, Druck auf Israel ist notwendig und Kritik berechtigt. Selbst über den Genozid-Vorwurf muss offen diskutiert werden, gerade weil er so schwerwiegend ist. Viel zu viele Israelis verschließen gegenüber der menschlichen Tragödie, die sich im Gazastreifen abspielt, die Augen. Doch lautstarker Protest, Ausgrenzung und Boykotte helfen nicht weiter – sie könnten das Gegenteil bewirken. Wirksamer Druck auf Israel muss daher eher mit mehr Kooperation einhergehen als mit weniger. Wer nun wirtschaftliche Kooperationen mit Israel einschränkt, wer Wissenschaftler nicht mehr auf Konferenzen einlädt oder Israel als Ganzes brandmarkt, erreicht nicht viel, außer vielleicht das wohlige Gefühl, nicht untätig geblieben zu sein", gibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG zu bedenken.
Der britische SUNDAY TELEGRAPH warnt vor einer Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten: "Ministerpräsident Keir Starmer hält das vermutlich für eine großartige Idee, denn in wenigen Tagen wird Großbritannien gemeinsam mit Frankreich und Saudi-Arabien in New York an Gesprächen über die Anerkennung eines palästinensischen Staates teilnehmen. Dies wäre ein Höhepunkt der Feindseligkeit gegenüber unserem Verbündeten. Israel versucht die Hamas zu besiegen, die vor zwei Jahren das Land überfallen und geschworen hat, dies wieder zu tun. Die Palästinenser wollen keinen Staat neben Israel. Sie wollen einen Staat anstelle von Israel. Das ist es, was Großbritannien unterstützen würde", mutmaßt THE SUNDAY TELEGRAPH aus London.
Die WELT AM SONNTAG führt aus: "Deutschland hat ein massives politisches und geostrategisches Interesse daran, dass sich die einzige Demokratie im Nahen Osten, ein Bollwerk gegen den Islamismus, hält. Würde es geschleift werden, erlitte Europa als geografisch nächster Nachbar den größten Schaden. Wer in Deutschland die Zweistaatenlösung für die einzig annehmbare Lösung des Konfliktes mit den Palästinensern hält, der muss – logischerweise – für die vollkommene Zerstörung der Hamas sein, die einen solchen Weg bis zum eigenen Untergang bekämpft. Wer es außerdem mit der Solidarität des am 7. Oktober angegriffenen jüdischen Staates ernst meint, der sollte sich zumindest vor öffentlichen Wutreden über die Zustände im Gazastreifen eines in Erinnerung rufen: Der Krieg könnte sofort beendet sein, ließe die Hamas die israelischen Geiseln frei", kommentiert die WELT AM SONNTAG.
Die LÜBECKER NACHRICHTEN befassen sich mit der Debatte, ob Deutschland seine Rüstungsexporte nach Israel überprüfen sollte: "Der neue Außenminister Wadephul hat gerade erfahren, wie schwierig diese Diskussion ist, als er scharfe Kritik aus der eigenen Partei provozierte, weil er bei der Genehmigung auch auf die Einhaltung des Völkerrechts in Gaza blicken wollte. Das Vertrackte ist: Er hatte damit ebenso Recht wie seine Kritiker, die Israel nicht schutzlos den Raketen aus Jemen, Libanon und eben auch aus Gaza ausliefern wollen. Selbst falls diese nötige Debatte so zivilisiert und zurückhaltend laufen sollte, wie man es kaum zu erhoffen wagt, ist klar. Für Deutschland stehen schmerzhafte Entscheidungen an", sind sich die LÜBECKER NACHRICHTEN sicher.
Israel hat im Kampf gegen die militant-islamistische Hamas palästinensische Gruppen im Gazastreifen bewaffnet. Die israelische Zeitung JERUSALEM POST zeigt Verständnis für das Vorgehen von Ministerpräsident Netanjahu: "Die Entscheidung, die Miliz in Rafah zu bewaffnen, mag formal fehlerhaft gewesen sein, denn sie wurde nicht vom Sicherheitskabinett gebilligt. Aber sie spiegelt eine langjährige, wenn auch umstrittene Doktrin Israels wider: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Als kurzfristige taktische Maßnahme zur Schwächung und Unterminierung der Hamas ist diese Entscheidung logisch. Ein Fehler wäre es jedoch, eine Allianz mit Clan-Anführer Abu Schabab zu einer langfristigen Strategie zu machen", warnt THE JERUSALEM POST.
Nun in die USA. Die österreichische Zeitung PRESSE AM SONNTAG übt Kritik an der Politik von Präsident Trump: "Die Machthaber in Moskau und Peking können sich Popcorn bringen lassen, um derlei Spektakeln aus der Ferne belustigt zuzuschauen. Die USA montieren sich sukzessive selbst als führende Weltmacht ab. Trump macht Amerika nicht groß, sondern schrumpft es geradezu. Fast überall, wo man hinschaut, schneiden sich die USA gerade ins eigene Fleisch. Mit seiner irrlichternden Zollpolitik stößt Trump Verbündete vor den Kopf, schadet der eigenen Bevölkerung und untergräbt den Dollar als Leitwährung. Indem der US-Präsident die transatlantische Allianz infrage stellt, schwächt er das Bündnissystem und am Ende auch die USA selbst. Wenn verbohrte Engstirnigkeit und amateurhafter Provinzialismus noch lang so ungebremst regieren, verspielen die Vereinigten Staaten ihre Vormachtstellung", prophezeit die PRESSE AM SONNTAG aus Wien.
Zum offen augetragenen Streit zwischen US-Präsident Trump und seinem ehemaligen Regierungsberater Musk schreibt die türkische Zeitung KARAR: "Der Konflikt zwischen dem mächtigsten und dem reichsten Menschen der Welt ist ernst, hat aber auch einen Hauch von Varieté. Die beiden Männer, die vor kurzem noch eine innige Freundschaft pflegten, versuchen sich nun gegenseitig zu vernichten. Musk ist der Meinung, dass gegen Trump wegen zahlreicher Vorwürfe ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet werden sollte. Trump hingegen stellt Musks geistige Fähigkeiten in Frage. Der Präsident zögert nicht, die Macht seines Amtes zu nutzen, um Musk wirtschaftlich schwer zu schaden", kritisiert KARAR aus Istanbul.
Den Antrittsbesuch von Bundeskanzler Merz in Washington kommentiert die schweizerische Zeitung NZZ AM SONNTAG: "Den heißen Stuhl im Oval Office hat Merz gemeistert. Ruhig, solide und prinzipienfest, wenn es um den russischen Angriff gegen die Ukraine ging. Keine Kleinigkeit in dem clownesken Zirkus, den die US-Regierung darbietet. Merz will ein außenpolitischer Kanzler sein wie vor ihm Konrad Adenauer, Willy Brandt oder auch Helmut Kohl. Das liegt ihm mehr, und es hilft, den Mangel auszugleichen, der ihm vorgeworfen worden war: mit 69 Jahren ein Berufsanfänger im Kanzleramt mit null Regierungserfahrung! Es geht doch, zeigt sich nun. Nach der verpatzten Kanzlerwahl hat sich die schwarz-rote Koalition gefangen. In den Umfragen legt die CDU wieder etwas zu, der Abstand zur AfD wird größer. Die Deutschen scheinen sich langsam mit Merz und seiner Regierung anzufreunden. Wird es klappen? Nach nur einem Monat im Amt ist das schwer zu sagen. Hält der Trend aber an, kann Innenminister Dobrindt die Zurückweisungen von Migranten an den Grenzen durchhalten, hellt sich die Konjunktur in Deutschland weiter auf – dann könnte Merz einen innenpolitischen Erfolg verbuchen: Der Aufstieg der rechtsextremen AfD ist gestoppt. Es würde etwas Spannung aus der Gesellschaft nehmen", zeigt sich die NZZ AM SONNTAG überzeugt.
Zum Schluss geht es um das Treffen zwischen dem französischen Präsidenten Macron und der italienischen Ministerpräsidentin Meloni. Ein Gastkommentator der ARAB NEWS aus Dschidda führt aus: "Die Meinungsverschiedenheiten zwischen Macron und Meloni sind zahlreich. Diese Woche versuchten jedoch beide, das Kriegsbeil zu begraben. Sollte der Neustart gelingen, könnte dies das Machtgleichgewicht in Europa verändern. Der Schwerpunkt dieses Neustarts liegt nicht nur auf europäischen Themen, sondern auch auf weit darüber hinausreichenden Fragen, darunter Libyen und die gesamte Region des Nahen Ostens und Nordafrikas. Sowohl Macron als auch Meloni befürchten, dass Russland versuchen könnte, seine Präsenz im Osten Libyens zu verstärken, um nach dem Sturz seines Verbündeten Baschar al-Assad in Syrien im Dezember einen Fuß im Mittelmeerraum zu behalten"