
Dazu schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG: "Die SPD ist in der Regierung, aber die Stimmung bei vielen Genossen war vor dem Parteitag trotzdem mies. Irgendwie sind sie schon wieder reingerutscht in eine Koalition, die sie nicht wollten - und jetzt haben sie Angst, dass es ihnen mit Friedrich Merz ergehen wird wie mit Angela Merkel: Die SPD arbeitet routiniert, erzielt sogar einige Erfolge, aber das Herz ihrer Wähler erwärmt sie nicht. Schon in Olaf Scholz' versehentlicher Kanzlerschaft wurde deutlich, dass Regieren allein noch nicht die tiefe Strukturkrise löst, in der die SPD seit Langem steckt. Denn die entscheidende Frage beantwortet sie seit Jahren nicht: Was will sie eigentlich sein? Die Partei der Arbeiter? Die 'Friedenspartei' Willy Brandts? Oder begnügt sich die SPD damit, eine Funktionspartei zu sein, die verlässlich Regierungsmehrheiten organisiert? Selbst hartnäckige SPD-Wähler wissen nicht, wofür sie stimmen", analysiert die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.
Die BILD AM SONNTAG notiert: "Die SPD hat sich am Wochenende eine Auszeit von der rauen Wirklichkeit gegönnt. Die im kalten Wind historisch schlechter Wahl- und Umfragewerte frierende Partei wärmte sich am Lagerfeuer alter Ideen von einem Robin-Hood-Sozialismus: Den Reichen nehmen und es den verarmenden Arbeitern geben. Bestes Beispiel: Bärbel Bas, die mit 95 Prozent zur ersten Vorsitzenden der SPD gewählt, während Lars Klingbeil mit 65 Prozent gnadenlos abgestraft wurde. In der Koalition ist er als Vizekanzler über der Arbeits- und Sozialministerin positioniert, in der Partei ist das künftig genau umgekehrt. Die Delegierten haben Bas eine goldene Krone aufgesetzt. Für Klingbeil gab es eine aus Dornen. Für Bedeutung über die SPD hinaus hat, mit welchen Ideen Bas die Delegierten zu Begeisterungsstürmen hinriss: 'Einen sozialen Kahlschlag wird es mit mir nicht geben.' 'Unser Problem ist der wachsende Unterschied zwischen Arm und Reich. Da müssen wir ran.' Das hätte die rote Heidi Reichinnek von der Linken nicht besser sagen können!", meint die BILD AM SONNTAG.
Die WELT AM SONNTAG blickt auf die ersten Wochen der Amtszeit von Bundeskanzler Merz: "Es war Ende Januar, als Friedrich Merz im Wahlkampf in einer viel zu wenig beachteten Grundsatzrede beschrieb, wie er in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik zu einer 'gestaltenden Politik' finden und aus der 'schlafenden Mittelmacht' Deutschland eine führende machen wolle. Acht Wochen nach Amtsübernahme des Bundeskanzlers lässt sich nun sagen: Merz hat geliefert. In Nahost füllte er die Worthülse von der Sicherheit Israels als Staatsräson mit dem einzigen Inhalt, den die in der Region machtpolitisch weitgehend einflusslose Bundesrepublik liefern kann: politischer Unterstützung für das Vorgehen Israels und der USA gegen Iran und seine Proxies. In Europa verleiht Merz den deutschen Interessen wieder erkennbare Konturen. Dann die USA. Der Bundeskanzler war der wichtigste Helfer von NATO-Generalsekretär Mark Rutte, die Amerikaner in der Allianz zu halten und die europäischen Mitgliedstaaten trotz höchst unterschiedlicher Perzeption der Bedrohung durch Russland auf höhere Verteidigungsausgaben zu verpflichten. Der Start des Kanzlers auf dem diplomatischen Parkett war also gelungen. Erleichtert wurde er freilich durch den Bruch eines Wahlsprechens, nämlich einer soliden Finanzpolitik. Wahr ist: Ohne die historische Neuverschuldung durch Außerkraftsetzung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben wäre die Führungsrolle, die Merz in der NATO übernommen hat, nicht möglich gewesen. Allerdings gilt: Wer Strategiefähigkeit für sich in Anspruch nimmt, der wusste das schon im Wahlkampf. Merz hat den Bürgern nicht die Wahrheit gesagt. Deshalb wartet nun innenpolitische Überzeugungsarbeit", unterstreicht die WELT AM SONNTAG.
In der türkischen Zeitung KARAR aus Istanbul ist zu lesen: "In Deutschland vollzieht sich ein großer Paradigmenwechsel: Im März wurde durch eine Verfassungsänderung die Schuldenbremse aufgehoben. Die Regierung Merz wird in der neuen Legislaturperiode nun 850 Millionen Euro an Krediten aufnehmen. Das Geld fließt überwiegend in die Verteidigung und in die Sanierung der Infrastruktur. Die Entscheidung Deutschlands, seinen Verteidigungshaushalt in einem solchen Ausmaß zu erhöhen, ist radikal. Es ist keine Übertreibung, sie als wichtigste seit dem Zweiten Weltkrieg zu bezeichnen."
Nun in die USA. "Donald Trump verdient Anerkennung", titelt die österreichische Zeitung DIE PRESSE AM SONNTAG und führt aus: "Der US-Präsident rast vorwiegend als Geisterfahrer durch die Geschichte. Trump untergräbt die liberale Weltordnung, gefährdet Handel und Wohlstand mit seiner unsinnigen Hochzollpolitik, zelebriert das Recht des Stärkeren, zeigt autoritäre Züge, zertrümmert die politische Kultur im eigenen Land und kennt weder Scham noch Maß noch Ziel. Doch er macht auch einiges richtig. Das verdient Anerkennung. In den vergangenen Tagen hatte das US-Staatsoberhaupt einen regelrechten Lauf, von Afrika über den Nahen Osten bis Belarus. Am Freitag unterzeichneten die Außenministerin Kongos und ihr Amtskollege aus Ruanda im Weißen Haus einen Friedensvertrag, um den blutigen Krieg im Ostkongo zu beenden, der Tausende Menschen das Leben gekostet hat. Als Erfolg muss auch gelten, dass Trump Israel und den Iran nach zwölf Tagen Krieg zu einer Waffenruhe bewogen hat. In Belarus hat es der US-Sondergesandte Keith Kellogg zuletzt geschafft, 14 politische Gefangene freizubekommen, unter anderem auch Sergej Tichanowskij, dessen einziges Vergehen darin bestanden hat, 2020 bei den Präsidentenwahlen gegen Diktator Alexander Lukaschenko anzutreten. Den Ukraine-Krieg konnte Trump nicht in 24 Stunden beenden. Doch er bleibt dran. Trump verhehlt nicht, dass er den Friedensnobelpreis anstrebt. Darüber kann man sich lustig machen. Doch es ist ein ehrenwertes Ziel, sich für die Beendigung von Konflikten einzusetzen", findet DIE PRESSE AM SONNTAG aus Wien.
Die japanische Zeitung CHUNICHI SHIMBUN sieht es so: "'Der Aufstieg dauert einen Tag und der Abstieg nur eine Stunde' - so lautet ein japanisches Sprichwort. Es dauert lange, etwas zu erschaffen, wohingegen die Zerstörung schnell gehen kann. Ein gutes Beispiel dafür ist das Atomabkommen mit dem Iran, das US-Präsident Trump in seiner ersten Amtszeit einfach zerstörte. Auch das Oslo-Abkommen und der Friedensprozess im Nahen Osten erlitten das gleiche Schicksal, weil Israels Premierminister Netanjahu keine Versöhnung will: Er setzt die Angriffe auf den Gazastreifen hartnäckig fort. Analysiert man die Politikstile von Trump und Netanjahu, findet man viele Gemeinsamkeiten: Beide Politiker setzen auf Streit statt auf Versöhnung. Beide wollen lieber Zerstörung als Bewahrung. Sowohl Trump als auch Netanjahu gingen aus demokratischen Wahlen als Regierungschefs hervor. Der Ball liegt also bei den Wählern, die Zukunft der Welt anders zu gestalten", merkt CHUNICHI SHIMBUN aus Nagoya an.
Nun noch eine Stimme zur Pride-Parade in Budapest. Die Polizei hatte die Veranstaltung verboten und dies mit dem "Schutz von Kindern" begründet. Daraufhin hatte der liberale Bürgermeister Karacsony die Parade zur offiziellen Feier der Stadt erklärt. Auch mehr als 70 Europaabgeordnete sowie eine EU-Kommissarin liefen mit. Die spanische Zeitung EL DIARIO bemerkt dazu: "EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat sich blamiert, indem sie ihre EU-Kommissare aufforderte, nicht nach Budapest zu fahren. Immerhin: Nicht alle hielten sich daran, sondern reisten trotzdem nach Ungarn. Diese Feigheit seitens der EU-Kommissionspräsidentin ist symptomatisch und zeigt, wie radikale Kräfte die demokratischen Institutionen unterwandern. Ursula von der Leyen hätte die Parade in Budapest lieber anführen sollen." Das war zum Ende der Presseschau EL DIARIO aus Madrid.