20. Juli 2025
Die Presseschau

Die Kommentare beschäftigen sich unter anderem mit der Unterstützung für die Ukraine und der Migrationspolitik in den USA und Europa.

Die WELT AM SONNTAG hat dazu einen Vorschlag für die EU: "Es ist die Drittstaaten-Lösung, auch bekannt als 'Ruanda-Modell'. Das Prinzip: Die EU verlagert die Asylprüfung in einen sicheren Drittstaat außerhalb ihres Territoriums. Großbritannien plante ein solches Modell in Ruanda. Weil Gerichte den Briten diese Lösung untersagten und parallel Italiens Versuch scheiterte, Asylverfahren nach Albanien auszulagern, verfestigte sich der Eindruck, das Modell sei nicht umsetzbar. Sowohl im britischen als auch im italienischen Modell aber fehlte ein Element: die parallele Aufnahme von Asylbewerbern über Resettlement – sprich das Einfliegen einer bestimmten Anzahl anerkannter Flüchtlinge, die in Ländern fern der EU ihre Asylverfahren durchlaufen haben. Erst wenn solche legalen Kontingente die beste Chance auf eine Eintrittskarte in die EU sind, ist das Drittstaaten-Modell keine verkappte Abschottung, sondern eine faire und humanitäre Lösung. Dann gelangen nicht die Stärksten und Zahlungskräftigsten nach Europa, sondern jene, die Schutz am meisten benötigen. Nur dann kann sich Europa nachhaltig aus dem Dilemma seiner Asylkrise befreien", glaubt die WELT AM SONNTAG.
Die Zeitung BILD AM SONNTAG schaut mit Sorge auf den Streit innnerhalb der Regierungskoalition in Berlin: "In einem Jahr werden wir nicht nur wissen, ob Union und SPD den Aufgaben gewachsen sind, sondern ob unser Land überhaupt noch reformfähig ist. Daran gibt es erhebliche Zweifel. Die tieferen Gründe dafür sind vielen bekannt, man spricht aber ungern darüber. Da sind der Föderalismus und unser Wahlsystem, die zusammen seit Langem stabile Mehrheiten und somit grundsätzliche Politikwechsel verhindern. Denn über die Länder und den Bundesrat regieren in allen wichtigen Fragen Parteien im Bund mit, die sich im Bundestag in der Opposition befinden, weil abgewählt. Ja, Kanzler Merz mag bei den Bürgern eine klare Mehrheit für Reformen bei Bürgergeld und der Migration haben. In der SPD hat er sie nicht. Und dann mischt auf allen Ebenen die EU mit, die politisch schwach erscheint, deren Rechtsakte aber für die Mitlgiedsstaaten verbindlich sind. Deutschland braucht Reformen in Höchstgeschwindigkeit, doch unser System schafft nur Schnecken-Tempo. Häufig von Stillstand leider kaum zu unterscheiden", konstatiert die BILD AM SONNTAG
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN analysiert die ersten sechs Monate der Amtszeit von US-Präsident Trump: "Wie in der ersten Amtszeit als US-Präsident will Donald Trump mit seiner Politik die 'verlassene, weiße Wählerschaft' erreichen. Der größte Unterschied zur ersten Amtszeit ist allerdings, dass es derzeit in seinem Umfeld keine Person gibt, die ihn stoppen könnte. Sollte sein Ziel mal nicht erreicht werden, ändert er seine Position oder seine Äußerungen, egal ob in Zollverhandlungen oder in Friedensverhandlungen für die Ukraine oder für den Gazastreifen. Man könnte ihn als leichtfertig bezeichnen, aber auch als flexibel. Die Zukunft seiner Regierung hängt vom Ergebnis ab, das er liefert. Kann er seine Kern-Wählerschaft zufriedenstellen, wird sich seine Anhängerschaft noch erweitern. Die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit den erhöhten Verbraucherpreisen oder mit dem US-Haushalt wird aber seine Umfragewerte senken. Andererseits muss man sagen: Die Regierung Trumps ist ein Ergebnis der Spaltung der US-Gesellschaft und nicht die Ursache für die Spaltung. Auch wenn die Unterstützung für Trump schwindet oder ein neuer Präsident gewählt wird, wird sich der Trend in der Bevölkerung, einen Präsidenten wie Trump zu wollen, nicht so schnell ändern", glaubt ASAHI SHIMBUN aus Japan.
Die Zeitung HÜRRIYET aus Istanbul sieht Trump noch aus einem anderen Grund unter Druck: "In der Epstein-Affäre ist Trump in den Augen der Öffentlichkeit vom 'Helden' zum 'Beschuldigten' geworden. Das Thema wird immer wieder aufgegriffen. Zum Leidwesen Trumps. Diese Woche schlug das Wall Street Journal mit einer Behauptung ein wie eine Bombe. Demnach soll Trump zu Epsteins 50. Geburtstag einen obszönen Brief geschickt haben. Er soll eine nackte Frau gezeichnet und auf ihren Schambereich 'Donald' geschrieben haben. Das hat Trump wahnsinnig gemacht. Er ist wütend auf die Zeitung und ihren Verleger Murdoch. Je mehr er sich aufregt, desto größer wird das Feuer. Jetzt verklagt Trump die Zeitung wegen Verleumdung. Zehn Milliarden Dollar will er haben. Ja, zehn Milliarden Dollar. Bereits in den ersten sechs Monaten seiner Präsidentschaft muss Trump betonen, dass er kein Pädophiler ist. Es herrscht Krise im Weißen Haus. Es herrscht Ausnahmezustand. Trump hat alles vermasselt", urteilt die türkische Zeitung HÜRRIYET.
Nach der Ankündigung der USA, die Ukraine im Verteidigungskrieg gegen Russland stärker zu unterstützen, fragt die NZZ AM SONNTAG aus Zürich wie diese Unterstützung aussehen könnte: "Eine wirksame Abwehr braucht viele Bausteine: Flugabwehr, Störsender, Sensoren. Was die Ukraine nicht braucht, sind mehr millionenschwere Patriotraketen, deren Nutzen darin liegt, die viel schnelleren, höher fliegenden und selteneren ballistischen Raketen abzufangen. Gegen die Shahed-Schwärme hilft nur eine Regel: billig gegen billig. Die Ukraine ist in einer unheimlich schwierigen Situation. Durch die Drohnenangriffe wird das Land aber auch gezwungen, neue Lösungen zu finden und seine eigene Drohnentechnologie zu verbessern; genau damit können die Amerikaner wieder gelockt werden. Diese Woche wurde bekannt, dass Selenski und Trump an einem möglichen Abkommen arbeiten, bei dem es um einen Tausch amerikanischer Waffen gegen ukrainische Drohnen geht sowie um einen Austausch bei der Drohnenentwicklung. Und da hat die Ukraine etwas zu bieten", schreibt die NZZ AM SONNTAG.
Auch die KLEINE ZEITUNG aus Österreich befasst sich mit diesem Thema: "Trump wird die Ukraine nicht alleine retten können. Doch vielleicht hat seine Entscheidung, die Ukraine nicht komplett fallen zu lassen, geholfen, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit der Kreml irgendwann erkennt: Dieser Krieg wird selbst für Russland zu teuer. Doch dafür braucht es mehr - vor allem eine europäische Entscheidung darüber, was die Ukraine uns wert ist und ein klares Verständnis, wie der Krieg dort unsere eigene Sicherheit beeinflusst. Sonst bleibt es bei Sirenen, Drohnen, Explosionen, Toten und Verletzten. Nacht für Nacht", befürchtet die KLEINE ZEITUNG aus Kärnten.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG blickt auf die ausländerfeindlichen Ausschreitungen im Süden Spaniens, die erst nach fünf Nächten abebbten: "Torre-Pacheco, die Kleinstadt in der Provinz Murcia, ist zu einem Mahnzeichen dafür geworden, wie sich auch in dem südeuropäischen Einwanderungsland das politische Klima ändert, das zuvor eher an rot-grüne Zeiten in Deutschland erinnerte. Den Ausbruch der Gewalt haben die meisten Spanier erschüttert verurteilt. Aber Ausländerfeindlichkeit scheint sich in Spanien politisch wieder zu lohnen. Die Vox-Partei wird immer radikaler, setzt Einwanderung mit Kriminalität gleich und fordert, "alle auszuweisen". Auch die konservative PP von Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo hat vor möglichen Neuwahlen ihre Einwanderungspolitik verschärft, um die "unkontrollierte Migration" einzudämmen. Vox und PP würden zusammen laut Umfragen die absolute Mehrheit weit übertreffen. Ein ähnlicher Stimmungsumschwung lässt sich im Nachbarland Portugal beobachten. In Lissabon bröckelt die Brandmauer, die es in Madrid nie gab. Auf der Iberischen Halbinsel treiben die Rechtspopulisten die rechte Mitte vor sich her", stellt die FASZ fest.