
"Die Weltordnung hat der Gipfel nicht erschüttert", kommentiert DER SPIEGEL. "Viel schlimmer, als sie vorher war, ist sie auch nach Alaska nicht. Das ist die eine gute Nachricht von diesem Gipfel. Die andere ist, dass er nicht entgleiste wie Trumps Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Oval Office Ende Februar. Auch wenn es schwerfällt, der Ratlosigkeit nach diesem Gipfel etwas Positives abzugewinnen: Dass ein Gespräch zwischen den zwei größten Atommächten der Welt möglich war, ohne dass es dabei zu einem Eklat kam, ist ein Wert an sich. Es hätte auch anders kommen können", betont DER SPIEGEL.
LE MONDE aus Paris fasst das Szenario so zusammen: "Als Angreifer eines unabhängigen Landes - der Ukraine - und gesucht vom Internationalen Strafgerichtshof wegen Kriegsverbrechen, wurde Putin von den USA dennoch mit allen Ehren empfangen, die einem geachteten Staatschef einer Großmacht zustehen."
"Putin hat alles bekommen, was er wollte", kommentiert auch DAGENS NYHETER aus Stockholm und listet auf: "Legitimität auf der internationalen Bühne, keine Sanktionen und kein Wort mehr von einer Waffenruhe. Putin musste in keinem Punkt nachgeben, sondern kann seine Invasion in der Ukraine fortsetzen. Auch wer den Tatsachen bislang nicht ins Auge sehen wollte, muss erkennen, dass sich Europa nicht auf Donald Trump verlassen kann. Sobald sich eine Frist mit Forderungen an Putin nähert, macht er einen Rückzieher."
Das Magazin THE ATLANTIC aus Washington sieht das Treffen als eine Verquickung von Tragik und Farce. "Es war peinlich für die Amerikaner, einen gesuchten Kriegsverbrecher auf ihrem Staatsgebiet willkommen zu heißen. Es war demütigend mit anzusehen, wie ein amerikanischer Präsident sich wie ein glücklicher Welpe verhielt, als er dem Diktator eines viel ärmeren und weniger bedeutenden Staates begegnete und diesen wie einen Vorgesetzten behandelte. Es ist beunruhigend, dass Trump nun sagt, er wolle nicht länger auf eine Waffenruhe drängen, sondern auf Friedensverhandlungen - denn das gibt Putin Zeit, weiter Ukrainer zu töten." So weit THE ATLANTIC.
Auch T-ONLINE geht darauf ein, dass der US-Präsident von seiner Forderung nach einer sofortigen Waffenruhe abgerückt ist. "Trumps Position ist offensichtlich ein Zugeständnis an Putin. Sofort über ein 'Friedensabkommen' zu verhandeln, ohne dass vorher die Waffen ruhen, ist schon lange eine Forderung des russischen Machthabers. Es verschafft ihm einen großen Vorteil in den Verhandlungen. Er kann einfach weiter gegen die Ukraine Krieg führen, was er nach Überzeugung der meisten Experten ohnehin will, bis sie ihm alle seine Wünsche erfüllt."
DIE PRESSE AM SONNTAG aus Wien klingt ähnlich. "Trump schwenkte auf die Linie der Russen um. Ob das alles Absicht oder nur Dilettantismus ist, lässt sich nicht sagen. Dass Trump Putin bewundert, schimmerte in Alaska durch. Dass ihn Putin in der Tasche hat, bleibt aber Spekulation."
DIE ZEIT schreibt in ihrer Analyse, der US-Präsident denke, er könne Putin lesen. "Immer wieder äußert Trump die Überzeugung, dass dieser Respekt vor ihm habe. Und da in seinem engsten Umfeld keine wirklichen Russland-Experten zu finden sind, dringt die Botschaft offenbar nicht durch, dass der Ex-KGB-Agent ihn nur allzu gern als nützliches Instrument einsetzen würde. Wie sonst kann erklärt werden, warum Trump ganz allein mit Putin in das 'Beast', wie die Präsidentenlimousine genannt wird, steigt, ohne Dolmetscher und ohne Berater? Ein 'one on one' gleich zu Beginn. Eine Situation, von der ihm erfahrene Diplomaten bestimmt abgeraten hätten", glaubt DIE ZEIT.
"Putin ist in der Lage, Trump zu manipulieren und ihn monatelang mit Versprechungen zu beschäftigen", schreibt die türkische Online-Zeitung T24. "Es scheint, als habe die US-Regierung keine fähigen Russland-Experten mehr. Trumps Abneigung gegen Selenskyj, seine Missachtung der Ukraine, seine Bewunderung für Putin als 'starken Führer' und sein Glaube an die Möglichkeit profitabler Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und Russland spielen ebenfalls eine Rolle."
Die Zeitung THE HILL aus Washington sieht viele Fragezeichen. "Obwohl beide Seiten von Fortschritten sprachen, gaben weder Trump noch Putin irgendeinen Hinweis darauf, wie sich Russland und die Ukraine einem Friedensabkommen genähert haben könnten. Die Pressekonferenz endete, bevor die Reporter auch nur versuchen konnten, die Lücken zu schließen", merkt THE HILL an und fügt mehrere der offenen Fragen hinzu: "Wird Trump Sanktionen verhängen, um Putin unter Druck zu setzen? Gibt es Pläne für ein zweites Treffen, bei dem Selenskyj dabei ist? Wurde über territoriale Zugeständnisse oder andere Aspekte eines Friedensabkommens gesprochen?"
Der britische INDEPENDENT hebt hervor, der US-Präsident möge vielleicht unberechenbar sein. "Aber was ihm sicher nicht gefallen wird, ist der Gedanke, dass man ihn zum Narren gehalten hat oder dass Putin ihn gar überlistet hat. Der ukrainische Präsident Selensky, der britische Premierminister Starmer und die anderen Vertreter der Koalition der Willigen müssen einen Weg finden, Trump klarzumachen, dass diese Gefahr tatsächlich besteht."
"Der US-Präsident sollte jetzt nicht länger an seine kurzsichtigen Deals denken", rät die japanische Zeitung YOMIURI SHIMBUN. "Wenn die USA die Tyrannei Russlands nicht mehr kritisieren und die Priorität auf ihr eigenes Interesse setzen - also etwa auf die Wirtschaft - wird die Weltordnung von Grund auf zerstört. Trump sollte vielmehr gemeinsam mit Europa und Japan die Unterstützung für die Ukraine stärken, um schließlich doch noch Wege zur Waffenruhe zu finden."
Die WASHINGTON POST vertritt in ihrem Leitartikel eine klare Haltung gegenüber Russland. "Wir befürworten, jetzt Sanktionen zu verhängen. Wir verstehen die Sorge, dass das Verhandlungen torpedieren könnte. Aber das größere Risiko besteht darin, dass Putin glaubt, er könne die Gespräche hinauszögern, um einer Bestrafung zu entgehen - so, wie das der Iran während der Präsidentschaft von Joe Biden tat. Putin wird geleitet von der Logik von Macht und Gewalt, nicht von diplomatischen Feinheiten."
Die NEW YORK POST ist ähnlicher Ansicht und wendet sich direkt an Donald Trump. "Sie haben Recht, Herr Präsident, dass das Töten ein Ende haben muss. Alaska hat gezeigt, dass der einzige Weg, das zu erreichen, darin besteht, Putin unter Druck zu setzen. Russlands Präsident muss zum Handeln gezwungen werden, durch Zölle, durch Waffen und durch starke Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Druck ist die einzige Sprache, die Putin versteht."
Und zum Schluss noch ein Blick in die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG, die sich mit dem Bundeskanzler und der Koalition aus Union und SPD befasst. "Merz sitzt seit gut 100 Tagen im Kanzleramt. Er ist dort, weil auf der einen Seite seiner Partei viele die Hoffnung mit ihm verbunden haben, dass er nach den Merkel-Jahren das konservative Herz der CDU wieder zum Schlagen bringen würde. Und weil auf der anderen Seite jene, die skeptisch auf ihn geblickt hatten, anerkennen mussten, dass er es geschafft hat, die Partei so kurz nach der Niederlage 2021 wieder in Führung zu bringen. Auf dieser liberalen Seite werden sich die alten Vorbehalte aber nicht einfach in Luft aufgelöst haben – die Migrationsabstimmung im Bundestag, als Merz kurz vor der Bundestagswahl Stimmen der AfD in Kauf nahm, schien sie sogar zu bestätigen. Auf der konservativen Seite musste man hingegen nach dieser Abstimmung und dem scharfen Wahlkampf, mit dem Merz viele Erwartungen geweckt hatte, in der Realität einer Koalition mit einer wunden SPD ankommen. Also: Kompromiss."