
Die norwegische Zeitung VERDENS GANG schreibt: "Die russische Wirtschaft ist erstaunlich gut durch die Zeit gekommen, seit Präsident Putin seine Vollinvasion gegen die Ukraine gestartet hat. Aber jetzt sieht es zunehmend kritisch aus: Der Leitzins liegt bei 18 Prozent, und auch die Inflation ist hoch. Der Chef der größten russischen Bank hat deshalb nun erklärt, dass die russische Wirtschaft stagniert und drastische Maßnahmen notwendig sind. Es könnte dies Teil eines Plans sein: Der Kreml muss die Bevölkerung darauf vorbereiten, dass künftig Schmalhans Küchenmeister ist. Ein Rückgang der Wirtschaft ist das Schlimmste, was Putin passieren kann. Viele Russen kommen ohne demokratische Rechte aus, aber wenn es um den eigenen Geldbeutel geht, ziehen auch sie die Machthaber zur Verantwortung", prognostiziert VERDENS GANG aus Oslo.
Die österreichische Zeitung DIE PRESSE AM SONNTAG blickt auf die Aufrüstung Europas: "2023 hat Dänemarks Regierung einen Feiertag gestrichen und diesen Schritt damit begründet, dass sie mehr Steuereinnahmen benötigt, um die Aufrüstung des Landes zu stemmen. Andere Regierungen drücken sich noch davor, die Folgen der Aufrüstung Europas zu benennen. Am Ende gibt es nur drei Optionen: Steuern erhöhen, Leistungen kürzen, Schulden machen. Zurzeit wählt man vor allem Option drei. Wer aber mehr als eine Billion Euro in das Militär umlenkt – und das tut Europa über die nächsten Jahre –, steht in der Begründungspflicht. Denn alle teuren Waffen nützen nichts, wenn ihre Anschaffung dazu führt, dass die Gesellschaft gespalten ist, und damit erst recht ein leichtes Ziel für jeden Aggressor. Die Bedrohung Russlands zu erklären ist keine Raketenwissenschaft. Russland hat das Ziel, die NATO und die Amerikaner aus den EU-Gebieten in Ost- und Mittelosteuropa zu vertreiben. Der Kreml ist dafür bereit, Gewalt einzusetzen. Die offene Frage ist, ob Russland auch die Mittel dazu hat. Und die Antwort darauf hängt auch davon ab, was der Westen entgegensetzen kann", betont DIE PRESSE AM SONNTAG aus Wien.
Um mögliche Sozialreformen geht es im Kommentar der N.Z.Z. AM SONNTAG aus der Schweiz: "Wer reformiert, der stürzt. Der frühere deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hat diese Erfahrung gemacht, als er seine Agenda 2010 durchboxte und abgewählt wurde. In Frankreich wird Regierungschef François Bayrou dieses Schicksal morgen erfahren, wenn er – geschieht nicht noch ein Wunder – seine Vertrauensfrage in der Nationalversammlung verliert. Er stürzt über seine Vorschläge zur Eindämmung der Finanzkrise. Unter anderem wollte er zwei Feiertage streichen. Aber: impossible! Ähnlich kann es der Koalition in Deutschland ergehen. Christ- und Sozialdemokraten streiten über Einsparungen beim Sozialstaat. Überlebt das Regierungsbündnis den 'Herbst der Reformen' wird es bei den Landtagswahlen im nächsten Jahr kleingesägt. In ihrem Widerstand gegen ernste Reformen ergänzen sich Deutsche und Franzosen wunderbar. In ihrem Innern ahnen sie gleichwohl: Der Sozialstaat ist in dieser Form längst nicht mehr finanzierbar. Doch stutzen darf ihn keine Regierung. Wer aber chronisch überschuldet ist, ist nicht handlungsfähig. Und so ist Europas Zentrum – Frankreich und Deutschland – heute blockiert. In einer Zeit des Krieges, des Zusammenbruchs der atlantischen Partnerschaft und des Freihandels", notiert die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG AM SONNTAG.
Die WELT AM SONNTAG ergänzt: "Auch wenn manchem der auf allen Fronten ausgebaute Sozialstaat ein Graus ist – er ist eine Realität. Eine, die bleiben wird. Damit sie bleiben kann, muss der expansive Pfad der Sozialpolitik verlassen werden. Der Sozialstaat muss den wirklich Armen möglichst zur Selbsthilfe verhelfen und muss als fair empfunden werden. Auch muss er bürgerfreundlicher werden. Das hat viel mit zügiger Verwaltungstätigkeit zu tun. Es braucht eine pragmatische Wende der Sozialpolitik. So kann am besten das verbreitete Misstrauen gegenüber der Kompetenz des Staates behoben werden. Das wäre eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Deutschland in Europa und der Welt bestehen kann. Die SPD muss sich zurücknehmen, damit die Regierung erfolgreich werden kann", fordert die WELT AM SONNTAG.
Nun nach Großbritannien, wo Premier Starmer nach dem Rücktritt seiner Stellvertreterin wegen einer Steueraffäre sein Kabinett umbilden musste. Der britische GUARDIAN spricht von einem "weiteren Schlag für die Regierung": "Die Downing Street hofft, dass die Umbildung belebend wirkt. Aber durch einen Skandal erzwungene Personalwechsel passen kaum zum Image eines Premierministers, dessen Hauptangebot an das Land technokratische Ruhe war - als Gegenmittel zu der von Boris Johnson und Liz Truss verkörperten Dysfunktion der konservativen Tories. Starmer verfügt weder über rhetorisches Talent noch über Charisma; lange Zeit war sein Markenzeichen eine Art Pfadfinderimage der Rechtschaffenheit. Er präsentierte er sich als unspektakulären Gutmenschen, der dafür sorgen würde, dass die Regeln eingehalten werden. Jeder Verstoß unter seiner Aufsicht zerstört dieses Image – eine schlechte Nachricht, wenn dieses Image so ziemlich alles ist, was er hat", merkt der GUARDIAN aus London an.
Das HANDELSBLATT merkt an: "Hohe Lebenshaltungskosten, ein schwaches Wirtschaftswachstum, wacklige Staatsfinanzen und der unkontrollierte Zuzug von Flüchtlingen über den Ärmelkanal haben auf der Insel ein derart explosives Stimmungsgemisch entstehen lassen, dass viele Briten bereits erneut nach einem Wechsel rufen und Rechtspiopulist Nigel Farage schon als Premierminister im Wartestand erscheint. Ein Rechtsruck wäre nicht nur für Großbritannien ein politisches Erdbeben. Für den britischen Premier Starmer geht es jetzt ums politische Überleben. Starmer setzt bei seinem Neustart jedoch auf alte Köpfe. Farages Reform-UK-Partei liegt in den Meinungsumfragen mit einem Vorsprung von rund zehn Prozentpunkten an der Spitze. Großbritannien geht unruhigen Zeiten entgegen", meint das HANDELSBLATT.
Die NORDWEST ZEITUNG kommentiert das Milliarden-Urteil gegen Google: "Glückwunsch zu dieser Entscheidung: Mit ihrer Drei-Milliarden-Strafe gegen Google wegen unlauterer Praktiken im digitalen Werbemarkt zeigt die EU-Kommission, dass sie gewillt ist, marktbeherrschenden Tech-Giganten die Stirn zu bieten. US-Präsident Donald Trump reagierte prompt und drohte Strafzölle gegen die EU an. Das Geschäftsgebaren von Google und die wütende Reaktion des US-Präsidenten gibt einen Eindruck vom Medien-Krieg, der in der digitalen Welt tobt. Amerikanische Tech-Giganten bilden mit der Regierung eine folgenschwere Allianz, um den Markt zu beherrschen, Meinungs- und Deutungshoheit zu erlangen und sich mit ihren Algorithmen die Welt nach ihren Vorstellungen zurechtzubiegen. Gegen solche massiven Monopole, Manipulationen und Eingriffe in die Informationsfreiheit und digitale Souveränität ihrer Bürger muss die EU konsequent vorgehen. Denn die Entwicklung ist nicht längst demokratiegefährdend", unterstreicht die NORDWEST ZEITUNG aus Oldenburg.
Zum Schluss ein Blick auf den tödlichen Angriff des US-Militärs auf ein venezolanisches Drogenschmugglerboot in der Südkaribik. Die türkische Onlinezeitung T24 schreibt: "Diskussionen über Narkostaaten werden genutzt, um die Sicherheitsnarrative der USA zu legitimieren. Allerdings erzeugt die von den USA gesetzte 'Sicherheitsagenda' unmittelbar Unsicherheit in Lateinamerika. Die USA, der weltweit größte Drogenmarkt, definieren den Drogenhandel als externe Bedrohung ihrer nationalen Sicherheit. Die US-Regierung scheint nun ihrer Pflicht nachgekommen zu sein, indem sie dieser Bedrohung den Krieg erklärt hat. Washington sieht sich als alleiniger Sicherheitsgarant im Drogenkrieg und versucht, seine Hegemonie zu stärken - anstatt Probleme wirklich zu lösen." Das war ein Auszug aus T24 mit Sitz in Istanbul und damit endet die Presseschau.