07. Dezember 2025
Die Presseschau

Kommentiert wird heute das Auftreten der US-Regierung und deren Strategie zur nationalen Sicherheit, die das Weiße Haus diese Woche veröffentlicht hatte. Außerdem geht der Blick nach Australien, wo ab Mittwoch ein Social Media-Verbot für Kinder und Jugendliche gilt.

US-Verteidigungsminister Pete Hegseth am 11. September 2025 in Washington
"Ich hab viel zu tun": Pete Hegseth hat erklärt, dass er bei einem Termin war, während der Angriff in Venezuela besprochen wurde. Kritiker sagen, er versuche sich aus der Verantwortung zu stehlen. (imago / Anadolu Agency / Yasin Ozturk)
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG beschäftigt sich mit dem US-amerikanischen Verteidigungsminister Hegseth. Dieser steht wegen der Angriffe der US-Streitkräfte auf mutmaßliche Drogenschmuggler in der Kritik. Die F.A.Z. meint: "Die amerikanische Regierung feiert sich als die transparenteste Regierung aller Zeiten. Als Beleg dienen ihr die regelmäßigen Pressebriefings im Weißen Haus und Donald Trumps mäandernde Gespräche mit Journalisten zu jeder sich bietenden Gelegenheit. Doch die jüngste Kontroverse um Verteidigungsminister Pete Hegseth zeigt abermals: Man kann viel reden, ohne viel mitzuteilen.In Washington ist die Wahrheit ein biegsames Material. Der Bericht über einen zweiten Schlag auf Überlebende eines Angriffs auf ein mutmaßliches Drogenschmugglerboot war vier Tage alt, als Trump in einer Kabinettssitzung sagte, er habe noch immer wenig Informationen erhalten – vertraue Hegseth aber voll und ganz. Ein bemerkenswerter Satz, zumal auch republikanische Kongressmitglieder Aufklärung fordern. Es steht der Vorwurf eines Kriegsverbrechens im Raum. In Washington kennt man viele Techniken, um von Unliebsamem abzulenken. Hegseth beherrscht sie wie kaum ein anderer", beobachtet die F.A.Z.
Auch DIE PRESSE AM SONNTAG aus Wien blickt in die USA. Kommentiert wird die Außenpolitik unter Präsident Trump, anlässlich der neuen Nationalen Sicherheitsstrategie: "Wer es in den elf Monaten seit dem Amtsantritt von Donald Trump noch nicht kapiert hat, kann es nun auf 29 Seiten nachlesen: Die USA sortieren ihre außenpolitischen Prioritäten neu. Die liberale Ära ist vorbei, und das betrifft nicht nur den Freihandel. Trump, selbst oft ungeniert autoritär, zeigt nach den gescheiterten Interventionen in Afghanistan und im Irak kein Interesse mehr, Freiheit und Demokratie in der Welt zu verbreiten. Er will seinem Land (und seinem Clan) Ressourcen und Geschäfte sichern. Prinzipien und das Völkerrecht taugen nicht einmal mehr als rhetorische Zierleisten. Die USA wandeln sich vom wohlwollenden Hegemonen, der sie in der Realität auch nicht immer waren, nun offen zur eigennützigen Supermacht auf Beutezug. Europa spielt in dieser Weltsicht nur noch eine untergeordnete Rolle. Trump reiht den alten Kontinent zurück. An erster Stelle, noch vor Asien, kommt für ihn die westliche Hemisphäre, also Nord- und Südamerika", unterstreicht DIE PRESSE AM SONNTAG.
Damit kommen wir zum Kommentar in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG mit ähnlicher Lesart: "Die Strategie zur nationalen Sicherheit kennt keine Wertegemeinschaft mehr. Stattdessen zählt und wiegt Trumps Regierung die Staaten und misst ihnen Bedeutung zu, je nachdem, wie sie die Geschäftsinteressen der USA zu befördern vermögen. Das ist die merkantile Seite von Trumps Amerika. Es gibt aber auch eine ideologische, ethnonationalistische. Sie wird vor allem von Vizepräsident Vance vorangetrieben. Der warf den Europäern schon bei einer Rede in München im Februar Zensur und antidemokratisches Verhalten vor. Damit meinte er Rechtsverfahren gegen Hass-Postings im Netz oder die Ausgrenzung rechtsextremer Parteien. Die neue Sicherheitsstrategie der USA geht einen Schritt weiter. Weil europäische Staaten massiv Migration zuließen, stünden sie vor einer 'zivilisatorischen Auslöschung'. Trumps USA wollen deshalb Gleichgesinnte in Europa unterstützen. Im Klartext: antipluralistische Rechtsaußenparteien und illiberale Demokratien wie Ungarn. Das ist nicht der Westen, den wir kennen", kritisiert die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz.
Die türkische Zeitung HÜRRIYET erkennt in dem neuen Strategiepapier Trumps Vision des neuen Amerikas - das Manifest der "MAGA"-Bewegung. "Diese auf einer strikten Anti-Immigrationshaltung basierende Doktrin vertritt die Perspektive, dass die Vereinigten Staaten die Welt 'wieder dominieren' würden, indem sie sich abschotten und autark werden. Das Dokument enthält außerdem einen vernichtenden Angriff auf Europa. Laut Trump steht Europa vor dem 'zivilisatorischen Untergang'. Seine Lösung? Unterstützung und Stärkung politischer Parteien, die Identitätspolitik betreiben. Wir alle wissen nur zu gut, wozu dies in den 1930er Jahren führte. Auch Trumps Aussage, Europa solle sich militärisch selbst verteidigen, ist in dem Dokument enthalten. Was hat das in der Vergangenheit verursacht? Auch daran erinnern wir uns sehr gut", mahnt HÜRRIYET aus Istanbul.
Die Spannungen zwischen Europa und den USA zeigten sich nun auch in einem geleakten Gespräch unter europäischen Regierungschefs. Der Spiegel hatte über eine Mitschrift eines Telefonats von Bundeskanzler Merz mit Frankreichs Präsident Macron und dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj berichtet, in dem Merz Misstrauen gegenüber den US-Unterhändlern in den Ukraine-Verhandlungen geäußert haben soll. Die WELT AM SONNTAG findet: "Indiskretionen haben einen schlechten Ruf. Wir finden, zu Unrecht. Noch das ödeste dahinplätschernde Gespräch lässt sich durch gezielt eingestreutes Lästern aufpeppen. Idealerweise dringt das Ganze hernach zu Ohren desjenigen, über den gepflegt hergezogen wurde. Merz stichelte dem Vernehmen nach, an Selenskyj gewandt: 'Sie spielen Spielchen, sowohl mit euch als auch mit uns.' Wobei unklar blieb, wer genau die Spielchen spielt, die USA, Russland oder beide. Jedenfalls nicht die Europäer, versammelt in dem Konferenz-Call wie die uncoolen Jungs auf dem Schulhof, die nicht zum Rauchen mit hinter die Kirche dürfen. Der russische Chefunterhändler Kirill Dmitrijew keilte in digitaler Übersprungshandlung zurück: 'Lieber Merz', twitterte er, als rede ein Legastheniker mit dem Jahreskalender und nicht ein Superdiplomat mit dem Bundeskanzler, 'Sie sind nicht einmal im Spiel'– eine Kopfnuss für die Loser-Gang", findet die WELT AM SONNTAG.
Nun ein Blick nach Asien, wo zuletzt etwa in Indonesien, Thailand und Sri Lanka Hunderte Menschen durch Unwetterkatastrophen gestorben sind. Die japanische Zeitung YOMIURI SHIMBUN schreibt: "Es ist ein Kampf gegen die Zeit. Allerdings will die indonesische Regierung unter Präsident Prabowo ohne ausländische Hilfe durchkommen. Doch das Ausmaß dieser Katastrophe erfordert die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft. Indonesien sollte die Hilfe anfordern. Die Katastrophe zeigt einmal mehr die Folge des Klimawandel und die absurde Realität, dass gerade die Schwellen- und Entwicklungsstaaten, die weniger CO2 ausstoßen, am stärksten betroffen sind. Die führenden Industriestaaten sollten sich für die Unterstützung und den Aufbau sicherer Infrastruktur in diesen Ländern nicht zu schade sein", fordert die Zeitung YOMIURI SHIMBUN aus Tokio.
Die LÜBECKER NACHRICHTEN schauen heute auf das Social-Media-Verbot für unter 16-Jährige, das am Mittwoch in Australien in Kraft tritt. Die Zeitung hält fest: "Australien hat sich als Testlabor für strenge Regulierung etabliert – von Rauchergesetzen über Pandemiemaßnahmen bis zu diesem weltweit ersten Social-Media-Verbot für Jugendliche. Und vielleicht funktioniert die multikulturelle Gesellschaft gerade deshalb so gut. Die Akzeptanz von Regeln ist hoch, das Vertrauen in die Regierung deutlich größer als in vielen europäischen Ländern. Umfragen zeigen eine Zustimmungug zwischen 60 und 80 Prozent für das Verbot. Es gab einen Zusammenbruch des Vertrauens in die Selbstregulierung der Industrie." Die LÜBECKER NACHRICHTEN glauben, Australien könnte auch Vorbild für Europa sein: "Wenn wir unseren Kindern beigebracht haben, dass sie bis zu einem bestimmten Alter nicht rauchen oder trinken dürfen, warum sollte dasselbe nicht für Social Media gelten? Australien wagt den ersten Schritt. Die Welt sollte folgen."