25. Februar 2023
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Ein Schwerpunkt in den Kommentarspalten ist der von China vorgelegte 12-Punkte-Plan zur Beendigung des Ukraine-Kriegs. Auch die Rolle der UNO wird beleuchtet. Im Inland rückt die Verkehrspolitik in den Fokus. Doch zunächst zur Ukraine-Initiative aus Peking.

Der russische Präsident Wladimir Putin und Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi schütteln sich die Hände. Sie befinden sich im Kreml.
Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi zu Gast bei Wladimir Putin (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Anton Novoderezhkin)
Die NÜRNBERGER ZEITUNG stellt dazu ernüchtert fest: "Das chinesische Positionspapier zum Ukrainekrieg einen Friedensplan zu nennen, geht weit über seine Bedeutung hinaus. Dem Papier fehlt ein auch nur ansatzweise brauchbarer Fahrplan, wie ein Weg zum Frieden aussehen könnte. Ein Waffenstillstand bei gleichzeitigem Verzicht auf westliche Waffenlieferungen würde lediglich den Status quo festschreiben und dem Aggressor darüber hinaus ermöglichen, neue eigene Truppen in Stellung zu bringen. Die Folge wäre ein Diktatfrieden", mahnt die NÜRNBERGER ZEITUNG.
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz ist ganz anderer Meinung. Dort lesen wir: "Der Plan ist doch in mancherlei Hinsicht bemerkenswert und verdient es, ernst genommen zu werden. Vor allem verlangt Peking, die 'Souveränität und territoriale Integrität aller Staaten' zu garantieren. Als chinesische Grundsatzposition ist das zwar nicht neu. Als erster Punkt in einem Papier zur Beendigung des Krieges ist die Forderung aber doch ein Schlag ins Gesicht für Putin. Schließlich macht der Kreml die Anerkennung seiner illegalen Annexionen in der Ukraine zur Voraussetzung für alle Verhandlungen. Faktisch ist Peking mit seinem ersten Punkt nicht weit von der westlichen Sicht entfernt. Und der Plan enthält noch weitere Mahnungen, die Putin nicht schmecken dürften. So erteilen die Chinesen den notorischen Atomdrohungen aus dem Kreml ein weiteres Mal eine unmissverständliche Absage. 'Nuklearwaffen dürfen nicht eingesetzt werden.' Klarer geht es nicht. Punkt. Die Forderungen nach humanitären Korridoren, nach Garantien für Getreideexporte und der Sicherung von Kernkraftwerken richten sich ebenfalls an Moskau", notiert die FREIE PRESSE.
Der MÜNCHNER MERKUR stellt im Gegensatz dazu sogar eine Annäherung zwischen Peking und Moskau fest. Das Blatt belegt dies mit einem Blick auf die Sitzordnung an "Wladimir Putins berüchtigtem langen Tisch" beim Besuch des obersten chinesischen Außenpolitikers: "Anders als der scheinbar kilometerweit vom Kreml-Herren entfernt sitzende Olaf Scholz wurde der chinesische Top-Diplomat Wang Yi auf der Querseite des Tisches platziert, Auge in Auge und ganz nah bei Putin. Ob bei diesem Gespräch die Lieferung von chinesischen Kamikaze-Drohnen unter Dach und Fach gebracht wurde, lässt sich nur spekulieren. Klar ist jedoch: Peking rückt ein Jahr nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine näher an Moskau heran", konstatiert der MÜNCHNER MERKUR.
Auch der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER sieht keine substanzielle Kritik Chinas an Moskau: "Stattdessen stärkt Xi Jinping seinem Verbündeten Putin mit dem Verweis auf die 'legitimen Sicherheitsinteressen', die ernst genommen werden müssten, den Rücken. Diese sogenannten Interessen dienen ausschließlich der Legitimation von Putins Angriffskrieg. Mit der Forderung nach einem Ende der Waffenlieferungen und Sanktionen stellt sich China endgültig an die Seite Russlands. Ein Waffenstillstand, der keine Vorstufe für den Rückzug der Invasionstruppen darstellt, führt nur wieder zu einem Einfrieren des Krieges, wie schon das Minsker Abkommen. Dies liefe auf eine dauerhafte Besetzung der eroberten Gebiete hinaus. Und eine Belohnung für Putins Kriegstreiberei", vermerkt der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz hält fest: "China hat den russischen Überfall auf die Ukraine bis heute nicht verurteilt. Medienberichten zufolge soll es Gespräche über die Lieferung von 100 chinesischen Kamikazedrohnen an Russland geben. Das passt nicht zusammen, Neutralität sieht anders aus. Formulierungen in dem Papier lassen vielmehr den Schluss zu, dass China seine bekannten außenpolitischen Prinzipien noch einmal betont, um auch eigenem geostrategischen Handeln vorzubauen. So schwingt beim Verweis auf Souveränität der Taiwan-Konflikt mit", kritisiert die RHEIN-ZEITUNG.
Für die in Düsseldorf erscheinende RHEINISCHE POST verfolgt China mit dem Friedensplan vor allen Dingen eigene Interessen. Darum kommt das Blatt zu dem Schluss: "Unterm Strich wäre es für ein Ende des Krieges wohl zielführender, wenn sich eine Koalition von Staaten als Vermittler bilden würde, die nicht im Verdacht steht, der einen oder anderen Seite näher zu sein, und die von allen respektiert wird. Länder wie Brasilien und Indien könnten ihre eigenen Führungsansprüche in dieser Frage unter Beweis stellen."
Für die BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN aus Karlsruhe ist die UNO mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gescheitert, wendet jedoch ein: "Die UNO sind aber nur so stark, wie ihre mächtigsten Mitglieder es zulassen. Russland kann als Vetomacht den UNO-Sicherheitsrat lahmlegen. Sind die Vereinten Nationen wegen ihres Scheiterns überflüssig geworden? Nein. Gerade nach Putins Überfall, gerade in einer Welt, die immer mehr von der Konfrontation der Großmächte geprägt ist, braucht die Menschheit die UNO mehr als je zuvor. Denn die UNO bieten das einzig legitime internationale Forum, in dem die Staaten skrupellose Machthaber wie Putin anprangern und isolieren können. Rund drei Viertel der Mitgliedsländer haben in der UNO-Vollversammlung wiederholt die Kriegsverbrechen und den Landraub der Russen verurteilt", halten die BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN fest.
Für den KÖLNER STADT-ANZEIGER war das Votum in der UNO-Generalversammlung nur ein symbolischer Akt: "Das liegt an der Verfasstheit der Vereinten Nationen. Die Generalversammlung ist eine Art Parlament der Mitgliedsstaaten, das viel fordern kann, aber nichts durchsetzen darf. Nicht besser sieht es im entscheidenden Gremium der UNO, dem Sicherheitsrat, aus. Er ist schon seit Jahren blockiert. Weil die fünf Veto-Mächte USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich mehr damit beschäftigt sind, Eigeninteressen über die in den UNO-Statuten vorgeschriebene gemeinsame Aufgabe der Friedenserhaltung und Friedensschaffung zu stellen. Die breite Mehrheit gegen den russischen Krieg verdeckt einen Schwachpunkt im UNO-System: Zur Sicherung des Friedens und zur Erhaltung des Friedens taugen die Vereinten Nationen traditionell wenig", führt der KÖLNER STADT-ANZEIGER aus.
Und zum Schluss noch ins Inland und zur Verkehrspolitik. Die in Frankfurt (Oder) erscheinende MÄRKISCHE ODERZEITUNG warnt: "Die neue Unfallbilanz sollte die Bundesregierung alarmieren. Den Daten zufolge stieg die Zahl der im Straßenverkehr getöteten Radfahrer und Fußgänger an. Das hat mit einem veränderten Mobilitätsverhalten zu tun. Mehr Platz im Straßenraum haben Radler deshalb trotzdem nicht. Städte versuchen zwar, mehr in sichere Wege zu investieren und verstärkt auf Tempo-30-Zonen zu setzen. Doch das reicht nicht aus. Wichtiger ist ein Mentalitätswandel. Radfahrer, Autofahrer und Fußgänger müssen endlich aufhören, sich gegenseitig als Feinde zu betrachten. Denn die beste Prävention von Unfällen ist nicht der Fahrradhelm oder Airbag, sondern auch mal die Rechthaberei sein zu lassen und durch Gelassenheit und Rücksichtnahme zu ersetzen." Das war die Ansicht der MÄRKISCHEN ODERZEITUNG.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG kommentiert die Autobahn-Ausbaupläne der Ampel-Koalition: "Die A7 ist Deutschlands längste Autobahn, einmal von der dänischen Grenze bis hinunter ins Allgäu. Wollte man alle Autos, die in den vergangenen zehn Jahren zusätzlich auf deutsche Straßen gekommen sind, hier parken, dann bräuchte man nicht nur alle ihre Spuren, samt Pannenstreifen. Sondern auch mindestens dreimal die A7. Fünf Millionen Autos verschlingen halt auch ganz schön viel Platz. Die Zahl der Autos mag zwar wachsen, aber die verfügbare Fläche wächst nicht mit. Die Koalition, in dieser Frage angeführt von der FDP, denkt am liebsten darüber nach, wie sich möglichst schnell neue Fahrspuren bauen lassen. Zehn Jahre später werden auch sie wieder dicht sein. Und dann?".