
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER führt aus: "Joe Biden ist kein Hasardeur: Er hat von Anfang an das Risiko einer Eskalation mit Moskau mitgedacht. Aber er will dafür sorgen, dass auf dieser Welt nicht das Recht des Stärkeren herrscht. Im Ziel ist er sich also mit Scholz einig. Trotzdem hat der Kanzler mit seinem Taktieren in der Panzerfrage Teile der US-Regierung verärgert. Mit dem freundlichen Empfang im Weißen Haus beweist Biden nun, dass er die Episode abhaken und nach vorne schauen will. Die Bundesregierung wird ihre Entscheidungsprozesse beschleunigen und mehr Mut zur Führung zeigen müssen. Überfällig ist auch eine entschlossenere Kommunikation. Dass Berlin vielerorts als Bremser wahrgenommen wird, ist ein fragwürdiger politischer Erfolg des Kanzlers", meint der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz beobachtet: "Scholz schätzt Biden. Umgekehrt wissen die USA, dass Deutschland allein vom Volumen her viel an die Ukraine geliefert hat, manchmal sehr zögerlich. Aber es hat geliefert. Doch Deutschland wird noch mehr tun müssen. Es muss und kann nicht die NATO anführen. Aber doch in Europa den USA mehr Aufgaben und Lasten abnehmen. Unter Brüdern", schreibt die RHEIN-ZEITUNG.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG stellt fest: "Der Wille zur engen Zusammenarbeit in möglichst vielen Bereichen bleibt das Leitbild im transatlantischen Verhältnis. Tatsächlich gibt es aber auch Knackpunkte. So protegiert Washington die eigenen Unternehmen mit einer Reihe protektionistischer Maßnahmen und erschwert so den Marktzugang für Europäer. Doch mittelfristig gibt es eine große Unbekannte. Die USA steuern auf Präsidentschaftswahlen zu. Und niemand weiß, ob sich ein möglicher republikanischer Nachfolger Bidens nach 2024 als Anführer der freien Welt versteht und seinen NATO-Verpflichtungen nachkommen wird", gibt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG zu bedenken.
Die Zeitung ND.DIE WOCHE, das frühere Neue Deutschland, spricht von Differenzen: "Vor allem das klima- und industriepolitische Programm von Biden, das im vergangenen Jahr in Form des Gesetzespakets Inflation Reduction Act verabschiedet wurde, sorgt in Europa für Verstimmung. Geplante Industrieansiedlungen in Deutschland, wie eine Batteriefabrik in Schleswig-Holstein, stehen aufgrund der hohen US-Subventionen für die industrielle Transformation auf der Kippe. Die europäischen Staaten fühlen sich übergangen, weil viele der Förderungen US-amerikanischen Produkten vorbehalten sind. Alles in allem bedeutet Scholz’ Zeitenwende auch, dass die Partnerschaft mit den USA für Deutschland heute wichtiger ist als seit Jahren – im Guten wie im Schlechten", hebt ND.DIE WOCHE hervor.
Themenwechsel. Die EU hat die geplante Entscheidung über das Aus neuer PKW mit Verbrennungsmotor ab 2035 verschoben. Die MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der unter anderem die PASSAUER NEUE PRESSE gehört, geht ein auf das Veto der FDP: "Sie will die Zulassung von Verbrenner-Autos auch nach 2035, wenn sie mit synthetischem Kraftstoff betankt werden. Ob die Liberalen eine solche Regel durchsetzen können, ist offen - aber unterm Strich auch einigermaßen egal, weil wohl ohnehin der Markt die Dinge regeln wird: Die Autohersteller stellen die Weichen längst Richtung E-Mobilität, die sogenannten E-Fuels gibt es in absehbarer Zeit erstens nur in begrenzter Menge, zweitens sind sie ein teurer Spaß und drittens werden sie vorrangig für den Flug- und Schiffsverkehr benötigt. Angesichts dieser Konstellation wird es wohl keinen großen Unterschied machen, ob klimaneutrale Verbrenner ab 2035 weiter erlaubt sind oder nicht, zumal Fachleute davon ausgehen, dass der komplette Verbrenner-Bestand innerhalb der nächsten zwölf Jahre ohnehin nicht vollständig durch E-Autos ersetzt werden kann", argumentiert die PASSAUER NEUE PRESSE.
"Nun liegt die historische Verkehrswende der Europäischen Union erstmal auf Eis", heißt es im REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER: "Und das nur, weil der kleinste Regierungspartner des einflussreichsten Mitgliedsstaates glaubt, die Lanze für eine Technologie brechen zu müssen, die selbst bei den Automobilherstellern als unwirtschaftlich gilt. Die Branche hat in den vergangenen Jahren Milliardensummen in die Elektromobilität investiert. Beim Aufbau der notwendigen Ladeinfrastruktur ist die ewige Diskussion um Technologieoffenheit jedoch ein Investitionshemmnis. Erst wenn sich die Europäische Union ohne Wenn und Aber zur Elektromobilität bekennt, werden private Investoren beim Ausbau der Ladesäulen in die Vollen gehen. Der FDP ist das jedoch egal. Nachdem sie aus den Parlamenten im Saarland, Niedersachsen und Berlin geflogen ist und ihr Wahlergebnis in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen halbiert hat, scheint ihr jedes Mittel recht zu sein, sich zu profilieren", vermutet der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Man müsse der FDP anrechnen, so die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, dass "sie kurz bevor an der EU-Verordnung nichts mehr zu ändern ist, auf Missstände darin aufmerksam macht, die manch anderer hierzulande oder zum Beispiel auch in Italien ebenso sieht. Das faktische Verbot der Neuzulassung von Personenwagen mit Verbrennungsmotor nämlich ist ein zu weit gehender Eingriff. Das gilt insbesondere, da für das von der Politik präferierte Elektroauto ein CO2-Ausstoß von null Gramm angenommen wird. Das hat es nur am nicht vorhandenen Auspuff, nicht jedoch in seiner Produktionskette und auch nicht beim Laden. Dass in unseren Breitengraden Strom in absehbarer Zeit vollständig aus regenerativen Quellen gewonnen werden wird, darf bezweifelt werden", vermerkt die F.A.Z.
Nach Einschätzung der LAUSITZER RUNDSCHAU reicht die bisherige Strategie von Bundesverkehrsminister Wissing nicht aus, um Klimaneutralität zu erreichen. "Deshalb muss die Schiene ertüchtigt werden. Das ist nicht nur ein kompliziertes, sondern auch langwieriges Unterfangen. Natürlich kann man sich hier mehr Tempo, mehr Geld, mehr Anstrengung wünschen. Doch was über Jahre verschlafen wurde, lässt sich nicht über Nacht reparieren." So weit die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus und so viel zu diesem Thema.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE äußert sich zur Sonderabgabe für Einwegprodukte aus Plastik, die der Bundestag beschlossen hat: "Zu glauben, dadurch würde der Müll insgesamt spürbar reduziert, wäre naiv. Die Kosten der neuen Abgabe geben die Hersteller natürlich an die Kunden im Laden weiter - wegen ein paar Cent pro Verpackung aber wird keine Tüte mit Erdnussflips weniger gegessen oder weniger weggeworfen. Letztlich dient die neue Abgabe nur dazu, die Kosten der Kommunen für die Müllbeseitigung mit 400 Millionen Euro im Jahr zu subventionieren. Ihr Name suggeriert zwar eine gewisse ökologische Lenkungswirkung - die aber hat sie so, wie sie angelegt ist, nicht. Aus Sicht der Verbraucher heißt das: Wir bezahlen für das Reinigen von Straßen, Gehwegen und Parks künftig zweimal: einmal mit unseren Steuern, und dann noch einmal über die Plastikabgabe", bilanziert die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Die WIRTSCHAFTSWOCHE findet: "Der beste Weg, um den Müll in der Landschaft zu reduzieren, ist die Vermeidung. Wir müssen weniger Produkte schaffen, die so schnell zu Müll werden. Wir brauchen Mehrweglösungen, die einfach und praktikabel sind, und sich im Wettbewerb gegen das Wegwerfen behaupten können. Wir brauchen Pfandsysteme, damit eben keine Verpackung in der Umwelt landet, wo sie nicht hingehört und weitere Kosten verursacht. Natürlich, auch Mehrweg und Pfand sind teuer, teilweise muss erst eine Infrastruktur aufgebaut werden. Den Herstellern gefallen diese Ansätze deshalb noch weniger als die Aufräum-Gebühr. Aber wenigstens ließe sich dadurch tatsächlich die Menge des achtlos weggeworfenen Mülls reduzieren."