Donnerstag, 25. April 2024

20. März 2023
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Kommentiert werden bekannt gewordene Pläne der Grünen, den Kohleausstieg auf 2030 vorzuziehen sowie Kremlchef Putins Rolle im russischen Angriffskieg gegen die Ukraine. Zunächst geht es aber um die Übernahme der ins Straucheln geratenen Schweizer Großbank Credit Suisse durch ihre Konkurrentin UBS.

20.03.2023
Logo der Schweizer Großbank Credit Suisse an einem klassizistischen Gebäude
Die Schweizer Großbank wird von ihrer Konkurrentin UBS übernommen. (picture alliance / Global Travel / Jürgen Held)
Dazu schreibt das HANDELSBLATT: "Wenn eine Großbank wie die Credit Suisse ins Taumeln gerät, gibt es mehrere Möglichkeiten, sie zu stabilisieren: die Fusion mit einer anderen Großbank, die Übernahme fauler Vermögenswerte durch den Staat, den Einstieg des Staats als offener oder stiller Teilhaber – oder die volle Übernahme durch den Staat. Bei aller Vorsicht dabei, derart komplizierte Situationen zu beurteilen, spricht aber einiges für die These: Eine Großfusion ist die schlechteste Lösung, eine volle Verstaatlichung die beste Option. Eine Großfusion wie die jetzt geplante Übernahme von Credit Suisse durch den größeren Rivalen UBS vergrößert das Problem wahrscheinlich noch. Eine starke Großbank kann schwache Kleinbanken übernehmen und sanieren oder abwickeln. Aber wenn zwei gewichtige Geldhäuser zusammengehen, ein stabiles und ein fragiles, dann ist das Risiko sehr groß, dass ein fragiles Monster übrig bleibt", befürchtet das HANDELSBLATT.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG führt aus: "Alles schon erlebt? 15 Jahre nach der Rettung der UBS steht mit der Credit Suisse die zweitgrößte Schweizer Bank am Abgrund. Doch das Déjà-vu trügt: Die Credit Suisse hat – anders als ihre große Rivalin damals – kein Solvenz-Problem, bis vor Kurzem war sie vergleichsweise gesund. Zum Verhängnis wurden der Bank ihre raffgierigen Manager. Über Jahre höhlten die Banker das Geldinstitut aus. Sie leisteten sich Skandale, Rechtsfälle und Fehltritte. Das Vertrauen der Investoren ist aufgebraucht, niemand will dem Finanzkonzern mehr Geld leihen. Die Kunden ziehen panisch ihre Guthaben ab. Die UBS wird nun ihre Konkurrentin kaufen. Auf den ersten Blick leuchtet der Deal ein: Die Credit Suisse ist siebenmal weniger wert als der Platzhirsch. Das macht sie zu einer attraktiven Übernahmekandidatin. Entstehen wird ein Finanzkoloss mit einer Bilanzsumme, die mehr als doppelt so groß ist wie das Bruttoinlandprodukt der Schweiz. Auf den zweiten Blick fragt man sich deshalb: War Größe nicht eben noch ein Problem?". So weit die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG ist folgender Meinung: "Man muss nicht viel vom Bankgeschäft verstehen, um erahnen zu können, dass die Fesseln der Regulierung ein echter Spielverderber sind. Das haben die großen, von der europäischen Aufsicht kurzgehaltenen Banken immer lauter beklagt, je länger die Finanzkrise 2008 zurücklag. Es reiche jetzt, die Wettbewerbsnachteile im Vergleich zu den vor Kraft strotzenden US-Banken seien nicht weiter hinnehmbar. Die Aufsicht blieb eisern. Heute sollten auch die lautesten Kritiker froh darüber sein: Denn die reihenweise fallenden, weniger stark regulierten mittelgroßen US-Banken richten einen Schaden an, von dem man jetzt noch nicht weiß, ob er auf die Eurozone übergreift – noch steht die Brandmauer. Die Aufseher in der Schweiz müssen in jedem Fall nachsitzen. Die Geschehnisse rund um die Credit Suisse verfrachten den Satz von Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing aus der Corona-Zeit, Banken sollten Teil der Lösung und nicht Teil des Problems sein, ins Museum. Er hat ausgedient", meint die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.
In der BADISCHEN ZEITUNG aus Freiburg heißt es: "Ob nun die staatlich verordnete Zwangsehe der UBS mit der Credit Suisse der bessere Weg ist oder doch ein direkter Staatseinstieg bei der Krisenbank nützlicher gewesen wäre, ist schwer zu sagen. Die Rettung der Credit Suisse unter dem Dach der UBS wird zwar den Wettbewerb schwächen und viele Stellen kosten. Sie hat aber zumindest den Vorteil, dass es eine Perspektive für den Finanzplatz Schweiz gibt - mit einer Großbank, die das tut, was Schweizer sehr gut können: die Vermögen anderer verwalten."
Themenwechsel. Der Internationale Strafgerichtshof hat wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Putin erlassen. Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN notieren: "Das Schicksal Putins ist dadurch längst noch nicht besiegelt, seine Halbwertszeit hat allerdings rapide abgenommen. Bleibt zu hoffen, dass der starke Mann mit dem Hang zur Selbstinszenierung von dem Einsatz von Atomwaffen absieht. Darauf wetten sollte man nicht. Denn angeschossene Raubtiere sind bekanntermaßen besonders gefährlich. Trotz dieses Risikos hat das Weltgericht seine Wirkung unter Beweis gestellt."
Im REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER ist zu lesen: "Es ist schwer vorstellbar, wie Putin in Friedensverhandlungen mit der Ukraine und ihren Unterstützerstaaten treten kann. Mit Staaten also, die ganz offen für seine Strafverfolgung als Kriegsverbrecher eintreten. Am Wochenende bekräftigte Justizminister Marco Buschmann, Deutschland sei verpflichtet, Putin zu verhaften, wenn sich die Gelegenheit ergebe. Natürlich hat der Internationale Strafgerichtshof juristisch konsequent gehandelt. Aber Friedensverhandlungen mit Russland erschweren sich dadurch - wenn sie mit Russland unter Putins Führung überhaupt möglich sind", gibt der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER zu bedenken.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG sieht es so: "Aus Sicht des Kreml-Despoten ist der Strafgerichtshof nur ein Machtwerkzeug des Westens. So verständlich der Haftbefehl ist, die Aussichten auf Friedensverhandlungen werden so nicht besser. Putin will Zuversicht ausstrahlen, um die Serie von Niederlagen und die hohen Verluste vergessen zu machen. Leider hat Moskau nicht nur Misserfolge zu verbuchen: Knapp 20 Prozent der Ukraine sind besetzt. In Bachmut und anderen Front-Bereichen drohen Durchbrüche. Die entscheidende Frage lautet daher: Wem gehen zuerst die Soldaten und das Material aus, Moskau oder Kiew? Bei der Zahl der Rekruten dürfte Moskau angesichts der größeren Bevölkerung im Vorteil sein. In puncto Waffen können die Ukrainer auf moderne westliche Systeme hoffen", bemerkt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Putin hat zum 9. Jahrestag der Annexion die Halbinsel Krim sowie die von Russland besetzte ukrainische Hafenstadt Mariupol besucht. Die LAUSITZER RUNDSCHAU merkt dazu an: "Putins Visiten gaben einen Vorgeschmack auf das, was folgen wird, sollte die Ukraine Teile ihres Territoriums an Russland abtreten müssen. Schließlich hat Putin inzwischen weitere ukrainische Regionen annektiert. Zudem werden Pläne geschmiedet, wie sich Belarus und die Republik Moldau freundlich übernehmen ließen. Und kein Mensch glaubt, dass Putin von der Idee ablassen wird, die gesamte Ukraine zu unterwerfen. Jedenfalls keiner, der sich ein wenig mit dem Denken und Tun des Kremlchefs befasst hat", überlegt die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus.
Nun ins Inland. Bei den Grünen gibt es offenbar Bestrebungen, den Ausstieg aus der Kohleenergie in ganz Deutschland auf das Jahr 2030 vorzuziehen. Dazu stellt die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle/Saale fest: "Im rotgrüngelben Koalitionsvertrag ist ein Vorziehen um acht Jahre mit 'idealerweise' etikettiert. Durch Russlands Angriff auf die Ukraine gehört dieser Passus inzwischen ins Reich der Fantasie. Einen Konsens in der Koalition wird es daher nicht geben. Womöglich mag die Partei so einen Teil ihrer Anhänger besänftigen, indes beweist sie auch, dass sie im Osten keine Basis hat."
Die VOLKSSTIMME wirft ein: "Die Grünen tun alles, um ihre Basis umfänglich zufriedenzustellen. Rigoroses Festhalten am Atom-Ausstieg, ständige Vorstöße, das Kohle-Aus im Osten vorzuverlegen. Andererseits fehlen weiter schlüssige Konzepte, die nötigen Energiemengen durch strategische Einsparung und Alternativ-Erzeugung verlässlich bereitzustellen. Stattdessen immer neue Verbote, die zuallererst die Verbraucher treffen."