Freitag, 29. März 2024

01. April 2023
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Mit Stimmen zum Deutschlandbesuch des britischen Königs Charles III. und zur Zustimmung der Türkei für den NATO-Beitritt Finnlands. Doch zunächst geht es um die Anklage gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump.

01.04.2023
Der frühere US-Präsident Donald Trump erklärt seine Kandidatur.
Die Zeitungskommentare beschäftigen sich unter anderem mit der Anklage gegen Donald Trump, der bei den Präsidentschaftwahlen 2024 erneut antreten will. (picture alliance / AP / Rebecca Blackwell)
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG erläutert: "Erstmals wird ein Ex-Präsident strafrechtlich angeklagt, wie eine Jury entschied. Für Trump wird das ein Charaktertest. So viel ist klar, auch wenn der Inhalt der Anklage geheim ist. Gesichert ist, dass sie mit der mutmaßlichen Zahlung von Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels zusammenhängt. Schon als Präsident, nachdem er einen Schwur auf die Verfassung geleistet hatte, zelebrierte Trump seine Geringschätzung für den Rechtsstaat. Nun übertrifft sich Trump selbst mit seiner Verachtung für die Justiz. Den afroamerikanischen Staatsanwalt beschimpfte er schon als 'Tier', er unterstellt ihm eine Verschwörung mit Joe Biden und dem Großspender George Soros. Kurz: Trump bedient sich rassistischer und antisemitischer Klischees, um seine Anhänger gegen die Staatsgewalt aufzubringen", notiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die TAGESZEITUNG beobachtet: "Dieser Angriff auf die Legitimität und Unabhängigkeit der Justiz gehörtlängst zum festen politischen Kanon des autoritären Rechtspopulismusweltweit – je nach Macht und Möglichkeit gefolgt vom Versuch, ebenjeneJustiz unter Kontrolle zu bekommen. Die Systeme sind unterschiedlich, aberder Impuls ist derselbe, von Polen bis Israel, von Ungarn bis Brasilienunter Bolsonaro. Für die USA bedeutet das, dass der beginnende Wahlkampf zurPräsidentschaftswahl im November 2024 auch geprägt sein wird von derAuseinandersetzung um die Verfahren gegen Trump", erwartet die TAZ.
Die erste Anklage könnte weitere nach sich ziehen, meint die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz: "Der Fall Stormy Daniels ist der vergleichsweise kleinste in der Trumpschen Ära. Hier wären auch noch die Anstiftung zum Sturm auf das Kapitol, die versuchte nachträgliche Wahlfälschung in Georgia oder die in seinem Zuhause Mar-a-Lago gebunkerten Geheimdokumente zu nennen." Weiter heißt es: Das jetzige Verfahren "birgt zwei Fallstricke für die Staatsanwaltschaft. Zunächst gilt der Nachweis von Finanzbetrug und Korruption als sehr schwierig. Aber ganz gleich, wie das Verfahren am Ende ausgehen wird: Die Anhänger Trumps wird eine Verurteilung nicht ein Jota von ihrem Idol entfernen", befürchtet die ALLGEMEINE ZEITUNG.
Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle gibt zu bedenken: "Bei aller Genugtuung freilich hat dieser Prozess zwei Makel: Erstens bezieht sich die Anklage nicht auf Trumps Sabotage der amerikanischen Demokratie, sondern auf die mutmaßlich falsch verbuchte Schweigegeldzahlung für eine Pornodarstellerin. Das wirkt vergleichsweise marginal. Zweitens ist eine Straftat im konkreten Fall juristisch nicht ganz einfach nachzuweisen. Und ein Rohrkrepierer wäre katastrophal", unterstreicht die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG.
Der Berliner TAGESSPIEGEL konstatiert: "Kein Mensch steht über dem Gesetz, auch kein ehemaliger Präsident. Das ist die wichtigste Botschaft dieser Woche. Der amerikanischen Demokratie wäre es zu wünschen, dass das Urteil über ihn eindeutig ausfällt. Dass die Beweisführung ausreichend ist und er zur Rechenschaft gezogen wird. Und dass die Wähler der juristischen Argumentation folgen können, egal, welcher politischen Überzeugung sie sind. Demokratien beruhen auf der Gewaltenteilung, auf der Unabhängigkeit der Justiz. Werden diese Elemente infrage gestellt, ist etwas faul im Staate. Um nichts weniger geht es", folgert der TAGESSPIEGEL.
Themenwechsel. Die GLOCKE aus Oelde äußert sich zur NATO-Erweiterung: "Es ist ein historischer Schritt: Mit der Zustimmung der Türkei steht dem Beitritt Finnlands zur NATO nichts mehr im Weg. Die jahrzehntelange militärische Bündnisneutralität des skandinavischen Lands ist damit beendet. Noch Anfang vergangenen Jahres, vor dem russischen Angriff auf die Ukraine, wäre ein solcher Schritt undenkbar gewesen. Nur eine Minderheit der Finnen befürwortete einen NATO-Beitritt, was sich mit Kriegsbeginn schlagartig geändert hat. Ungewollt hat Kreml-Chef Wladimir Putin mit seiner Invasion in die Ukraine das westliche Verteidigungsbündnis für eine Reihe europäischer Staaten deutlich attraktiver gemacht", hebt die GLOCKE hervor.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG bemerkt: "Mit dem Beitritt Finnlands erweitert die Allianz ihr strategisches Operationsgebiet entlang einer mehr als 1.000 Kilometer langen Grenze zu Russland. Das ist kein feindlicher Akt, sondern das Gebot der Stunde. All jenen, denen schon die Osterweiterung der NATO ein Dorn im Auge war und ist, sei gesagt: Nicht ohne Grund haben so viele Staaten des ehemaligen Ostblocks ihr Heil in der EU und der NATO gesucht. Russland hat zu wenig bis nichts dafür getan, um für sie ein attraktiver Partner zu sein. Für Finnlands amtierende Ministerpräsidentin Sanna Marin kommt das Okay aus Ankara zum richtigen Zeitpunkt – die Sozialdemokratin will wiedergewählt werden und kämpft gegen eine starke europaskeptische, rechtspopulistische Konkurrenz", beobachtet die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG analysiert: "Der Umgang mit den Beitrittsgesuchen aus Finnland und Schweden wirft ernsthafte Fragen über die Bündnistreue der Türkei und Ungarns auf. Im Fall Erdogans ging es immerhin noch um Sicherheitsfragen, aber selbst bei ihm scheint das innenpolitische Motiv deutlich durch. Orbán wiederum blieb auch hier bei seiner Schaukelpolitik zwischen Moskau und dem Westen, obwohl er eine Grenze zur Ukraine hat. Im Kreml wird man aus alldem den Schluss ziehen, dass diese beiden Staaten Wackelkandidaten sind, käme es zu einem Artikel-5-Szenario. Die NATO wird es überstehen, denn am Ende kommt es auf die Amerikaner an", hält die F.A.Z. fest.
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER konstatiert mit Blick auf den russischen Präsidenten: "Putin hat sich verzockt. Dass er in seiner jüngsten Kriegsansprache den Vorwurf wiederholte, die NATO-Erweiterungen hätten ihn zum Gegenangriff gezwungen, entlarvt sich von selbst als Paranoia oder Lüge. Doch es ist nicht die Zeit für Häme oder Jubel. Zum einen, weil Schweden noch immer unter Erdogans Spielchen leiden und zusehen muss. Vor allem aber, weil für alle, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs auf eine Ära ohne Blockkonfrontation gehofft hatten, ein Traum stirbt." So weit der Kölner Stadt-ANZEIGER und so viel zu diesem Thema.
Nun noch Stimmen zum Deutschlandbesuch des britischen Königs Charles III.Das STRAUBINGER TAGBLATT führt aus: "Deutschland handelt nicht zuletzt im eigenen Interesse, wenn es den Besuch von König Charles nutzt, um das in diesen Tagen viel genannte 'neue Kapitel' in den Beziehungen zu den Briten aufzuschlagen. Das Vereinigte Königreich mag nicht mehr zur Europäischen Union gehören, ein wichtiger Teil Europas und ein Pfeiler der demokratischen Staatengemeinschaft bleibt es aber. Wie wichtig der Zusammenhalt über den Brexit hinaus ist, macht derzeit vor allem der russische Versuch deutlich, den Westen in jeder erdenklichen Weise zu destabilisieren und zu spalten", schreibt das STRAUBINGER TAGBLATT.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU spricht von "royalem Theater": "Man kann sich nur die Augen reiben, was ein königlicher Besuch in der deutschen Prominenz auslöst. Da werfen sich APO und Punk in Frack und Lackschuh – und führen ohne die geringste Brechung, ohne Ironie und Distanz vor, wie man sich artig vor einem König verbeugt. Charles ist bestimmt ein netter Mann, der seine wohlgeborene Zeit mit vielen Bediensteten in einem der ererbten Schlösser auch ein wenig für Umweltschutz verwendet. Das, wovor sich hier alle verbeugen, hat er aber einzig und allein dadurch erreicht, dass er lange genug darauf gewartet hat, dass er den Thron beerben kann. Ehre, wem Ehre gebührt. Wer sich in einer Wahl durchgesetzt hat, wer sich ein Lebenswerk erarbeitet hat, die oder der hat jede Verbeugung mehr als verdient." Das war zum Ende der Presseschau ein Auszug aus der FRANKFURTER RUNDSCHAU.