17. April 2023
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Mit Kommentaren zur jüngsten Gewalt im Sudan und zum Vorschlag der Schlichtungskommission im Tarifkonflikt des Öffentlichen Dienstes. Doch zunächst geht es um den Atom-Vorstoß von Bayerns Ministerpräsident Söder.

Markus Söder nach seinem Besuch des Kernkraftwerks Isar 2 bei einer Pressekonferenz vor der Anlage.
Die Kommentare beschäftigen sich u.a. mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der mit dem Atomausstieg hadert. (Peter Kneffel / dpa)
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf erläutert: "Markus Söder ist ein politischer Filou, um es mal freundlich auszudrücken. Noch treffender ist jedoch: Söder ist gerissen, mitunter skrupellos, populistisch sowieso. Erst umarmt der bayerische Ministerpräsident Bäume, wenn’s sein muss, jetzt also Atomkraftwerke. Was dabei - mal wieder - auf der Strecke bleibt, ist die politische Glaubwürdigkeit des CSU-Vorsitzenden. Sein Vorstoß, den Weiterbetrieb von Kernkraftwerken in die Verantwortung der Länder zu übertragen, ist schlichtweg Unsinn. Für die notwendige Änderung des Atomgesetzes wird es keine Mehrheit geben. Aber Söder dreht sich gerne wie das Fähnchen im Wind, was er dann mit markigen Worten als Überzeugung zu verkaufen sucht. Nun hat er die bayerische Landtagswahl fest ins Visier genommen; Anfang Oktober geht es für ihn um alles. Er muss die CSU deutlich über 40 Prozent hieven. Sein persönlicher Wiedereinstieg in die Atomkraft soll diesem Ziel dienen", meint die RHEINISCHE POST.
Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN bemerken zu Söders Idee: "Atomkraft unter Landesregie betreiben? Dazu bräuchte es zuallererst ein geändertes Bundesrecht. Nicht in Sicht. Und: Das Wiederhochfahren von Isar 2 hält selbst Betreiber Eon für schwer bis nicht möglich. Eine Sache von Jahren, wenn überhaupt. Garantiert keine Option, die aktuell hilft", finden die NÜRNBERGER NACHRICHTEN.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt: "Fehlt nur noch, dass Markus Söder eine siebentägige Staatstrauer anordnet, so heftig ist der Atomschmerz, an dem Bayerns Ministerpräsident öffentlich leidet. Am Donnerstag baute er sich mit staatsmännisch besorgter Miene vor dem Kernkraftwerk Isar 2 bei Landshut auf. Fast hätte man ihm seine Pose abgenommen, wenn es nicht derselbe Söder gewesen wäre, der 2011 nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima am liebsten persönlich die bayerischen Atomkraftwerke abgeschaltet hätte. Weil Meinungsumfragen ihm aber seit jeher als politischer Kompass dienen, stilisiert er sich nun zum Vorkämpfer der Kernenergie", vermerkt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die TAGESZEITUNG konstatiert: "Nun kaschiert Söder auch das Versagen der vorherigen Bundesregierungen, an denen die CSU beteiligt war und die auf Putins Gas setzten. Auch Unions-Politiker reisten gern nach Moskau, um ihre eigene freundschaftliche bayerische Außenpolitik zu betreiben, und verschliefen derweil die Energiewende. Statt sich AKW-Fantasien hinzugeben, sollte Söder den Ausbau der brachliegenden Windkraft in Bayern vorantreiben. Auch scheint er zu verdrängen, dass Kernenergie weder sauber noch günstig ist. Wo würde beim AKW-Eigenbetrieb das Endlager im Freistaat gebaut werden? Bisher war immer eines ganz klar: Ein Endlager kann überall hin kommen, aber ganz sicher nicht nach Bayern", notiert die taz.
Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz beobachtet: "Söder greift auf Altes zurück, weil ihm Neues nicht so recht gelingen will. Denn nach Ansicht von Experten ist gerade der Freistaat bei der Energiewende nicht im Plan. Bis 2040 soll das Bundesland klimaneutral sein. Es besteht aber zum Beispiel ein erheblicher Rückstand bei der Windkraft und dem Ausbau der Fotovoltaik, beim Strom setzt Bayern vor allem auf Importe, beim Bau wichtiger Stromtrassen hapert es sowieso gewaltig. Dass Söders Forderungen unseriös sind, belegt der Umstand, dass der Bajuware auf wichtige Fragen keine Antworten gibt: Die Technik ist riskant, es geht um immense Sicherheit, um Schutz der Bevölkerung, sie kann nicht einfach deaktiviert und wieder aktiviert werden", hält die RHEIN-ZEITUNG fest.
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg argumentiert: "Der deutsche Atomausstieg zum jetzigen Zeitpunkt ist angesichts der Energiekrise und der Klimaziele des Landes ein Fehler. Eine rechtzeitig vereinbarte, zeitlich begrenzte Laufzeitverlängerung hätte die Strompreise stabilisieren und auch den CO2-Ausstoß senken können. Der späte Vorstoß von Bayerns Ministerpräsident Söder, die Länder sollten selbst über den Weiterbetrieb ihrer Meiler entscheiden können, ist allerdings nicht mehr als ein Wahlkampfmanöver. Als einer der Ersten und noch lange nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima forderte Söder den Atom-Ausstieg. Der CSU-Chef sagt für den Freistaat zugleich am hörbarsten Nein, wenn es um die Standortsuche für ein nationales Endlager geht. Er dürfte besser als viele andere wissen, dass die Frage Atomkraft - Ja oder Nein - sinnvoll nur für Deutschland als Ganzes entschieden werden kann", unterstreicht die VOLKSSTIMME.
Themenwechsel. Die Zeitung ND.DER TAG, das frühere Neue Deutschland, geht ein auf die jüngsten Gefechte im Sudan: "Bürgerkrieg statt Wahlen. Das ist das Szenario, das im Sudan droht, wo im Juli 2023 die militärische Übergangsregierung Wahlen durchführen und danach abtreten sollte. Daraus wird nun ziemlich sicher nichts, weil der Deal der Machtteilung zwischen den beiden mächtigsten Männern Sudans geplatzt ist. 2019 hatten der jetzige Machthaber General Abdel Fattah al-Burhan und sein jetziger Vize Mohammed Hamdan Daglo, genannt Hemeti, gemeinsame Sache gemacht und dem Wunsch der starken, zivilen Protestbewegung nachgegeben, Langzeitdiktator Omar al-Baschir zu stürzen. Doch beiden ging es von Anfang nicht um einen Übergang zu einer demokratischen Gesellschaft, sondern um die Sicherung der eigenen Macht- und Profitinteressen. Beide hatten seit dem Sturz von al-Baschir vor allem ein gemeinsames Interesse: dass sich möglichst wenig ändert. Wie der Machtkampf ausgeht, ist offen. Sicher ist: Die Ziele der sudanesischen Revolution von 2019, 'Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit', sind außer Reichweite." So weit ND.DER TAG.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU fragt: "Wem man bei diesem Kampf der Unterweltfürsten den Sieg wünschen soll? Am besten wäre es, wenn sie sich so schwächen, dass endlich die Zivilbevölkerung eine Chance bekommt. Sie hält seit Jahren unverdrossen an ihren Forderungen fest: Gäbe es einen Nobelpreis für zivilen Widerstand, dann hätten ihn die Sudanesinnen und Sudanesen verdient. Leider ist die Geschichte selten gerecht. Wenn sich zwei Elefanten streiten, sagt ein afrikanisches Sprichwort, leidet das Gras darunter. Wenn sich zwei Teufel streiten, kommt es noch schlimmer", ist in der FRANKFURTER RUNDSCHAU zu lesen.
Nun noch Stimmen zur Einigungsempfehlung der Schlichtungskommission im Tarifstreit des Öffentlichen Dienstes. Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG führt aus: "Der Vorschlag beinhaltet Inflationspauschale, Sockelbetrag und schließlich dann noch 5,5 Prozent Geld mehr. Ein Paket, das bedeutet: Gerade die Beschäftigten, die sich im unteren Bereich der Einkommensstruktur befinden, können davon spürbar profitieren. Dass man die Belastung durch die Inflation nicht komplett kompensieren kann und die Maximalforderungen der Gewerkschaften für den Staat angesichts der Haushaltslage unrealistisch sind, ist klar. Insofern sollten Arbeitgeber und Gewerkschaften bei der Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen schnell den Kompromiss in trockene Tücher bekommen können", erwartet die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG hält dagegen noch weitere Verhandlungen für notwendig: "Hoffentlich können die Gewerkschafter diesen Deal für die Arbeitnehmerseite noch verbessern. Auch wenn es eine Inflationsprämie gibt, bedeutet der Kompromissvorschlag eine reale Lohnkürzung. Diese Prämie läuft nämlich 2024 aus. Dass die Preise bis dahin gesunken sind, darf bezweifelt werden. Ein dauerhafter Inflationsausgleich ist das Mindeste - nicht nur für den öffentlichen Dienst, sondern für alle Arbeitnehmer. Und wenn man dafür unbefristet streiken muss, ist das nun mal so. Auch wenn das mit Unannehmlichkeiten für viele Menschen verbunden ist, sollten die Gewerkschafter hart bleiben", empfiehlt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.