20. April 2023
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Im Mittelpunkt der Kommentare steht die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes. Außerdem wird der Warnstreik bei der Bahn morgen sowie die Schadensersatzzahlung des US-Senders Fox News an den Wahlmaschinen-Hersteller Dominion kommentiert.

Wärmepumpe in einem Technikraum in einem Privathaus in München. Ein Mann steht vor der Anlage und überprüft die Einstellungen.
Wärmepumpen sind eine Alternative zu Öl- und Gasheizungen. Laut Gebäudeenergiegesetz sollen aber auch zahlreiche weitere Technologien erlaubt sein. (Symbolbild) (IMAGO / Wolfgang Maria Weber)
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG bezeichnet die Heizungspläne der Regierung als "gut gemeint, aber schlecht gemacht": "In weniger als neun Monaten sollen Immobilieneigentümer im Dienste des Klimaschutzes die Wärmewende einleiten. Die von der FDP erkämpfte Technologieoffenheit existiert nur auf dem Papier. Zusagen für die Umstellung von Gas auf Wasserstoff wird es in der Praxis kaum geben. Sinnvoller wäre es gewesen, den Emissionshandel wirken zu lassen, der die klimaschädlichsten Heizungen am teuersten macht. Dem Weltklima hätte es nicht geschadet, hätte die Regierung den Starttermin bei 2025 belassen und die Reform besser vorbereitet. Doch es ging wie so oft nicht nur um die Sache, sondern auch um ein Symbol", kritisiert die F.A.Z.
"Deutschland steht vor einem Megaprojekt, das Hauseigentümern schlaflose Nächte bereitet", schreibt die SCHWÄBISCHE ZEITUNG aus Ravensburg: "Alte Heizungen sollen raus, neue müssen zu 65 Prozent aus erneuerbaren Energien gespeist werden. In der Praxis zieht dieses Vorhaben der Bundesregierung einen Rattenschwanz von Schwierigkeiten nach sich. Das Versagen der Ampel besteht nicht darin, dass sie Vorhaben vorantreibt, die dem Klimaschutz in Deutschland dienen sollen. Schlimm ist die Art und Weise, wie SPD, Grüne und FDP in dieser Koalition zusammenwirken - und die handwerklichen Fehler, die daraus entstehen. Zuerst werden Verbote, Vorgaben und Forderungen publik. Dann, wenn der Widerspruch groß ist und die Umfragen schlecht sind, werden mehr oder weniger sinnige Ausnahmen nachgereicht", stellt die SCHWÄBISCHE ZEITUNG fest.
Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG befürchtet, dass die Kosten trotz staatlicher Förderung gewaltig sein könnten: "Das allerdings war schon vor zwei Jahren klar, als Lindner seine Unterschrift unter den Koalitionsvertrag gesetzt hat. Damals hat er dem Verbot neuer Öl- und Gasheizungen zugestimmt, jetzt versucht er, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Durchkommen wird er mit dieser Strategie nicht."
Das STRAUBINGER TAGBLATT ist der Ansicht, dass kaum irgendwo die Probleme so groß sind wie beim Thema Heizen: "Der Staat wird nicht in der Lage sein, die Förderung so großzügig zu gestalten, dass nicht massenhaft Härten auftreten, die bis hin zum Verlust des eigenen Hauses führen können. Ältere Menschen werden mit ihren Domizilen betroffen sein, die nicht die Rücklagen haben, um den verbleibenden Eigenanteil zu stemmen und womöglich für diesen bei keiner Bank mehr einen Kredit bekommen. Und so ist es höchst unbefriedigend, dass dieser Punkt wieder einmal offen ist", moniert das STRAUBINGER TAGBLATT.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE konstatiert: "Es ist bemerkenswert, wenn die FDP zeitgleich mit dem Kabinettsbeschluss ankündigt, dass sie weiterhin Opposition gegen die Pläne der eigenen Koalition machen wird, denen sie gerade erst zugestimmt hat. Mit ihrer offiziell dokumentierten Protestnote heizen die Liberalen den eigenen Partnern ein und bringen sich demonstrativ in Position für künftige Kompensationsgeschäfte – auf jenem Basar, zu dem die Koalition in Zeiten knapper Budgets längst geworden ist. Nach dem Motto: Ihr Grünen kriegt eure klimafreundlichen Heizungen, ihr von der SPD euer staatliches Förderprogramm, dafür haben wir jetzt einen gut bei euch. Strategisch betrachtet mag das clever sein, für ein vertrauensvolles Miteinander in der Regierung spricht es nicht gerade", kommentiert die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Die STUTTGARTER ZEITUNG notiert, dass Deutschland in den vergangenen Jahren zu selten konkreten Klimaschutz umgesetzt habe: "Im eisigen Norwegen sind bereits 60 Prozent der Heizungen Wärmepumpen. Doch in Deutschland verließ man sich lange darauf, dass Russland verlässlich und billig Erdgas liefern würde - und verpasste es, früher umzusteuern. Auch wenn das Vorhaben grundsätzlich richtig ist, so offensichtlich sind jedoch auch die Probleme: Es fehlen 60.000 Handwerker, um Wärmepumpen einzubauen. Und der Fachkräftemangel verschärft sich in den kommenden Jahren weiter", betont die STUTTGARTER ZEITUNG.
Nun zu einem anderen Thema. Beschäftigte der Deutschen Bahn sind morgen zwischen 3 und 11 Uhr zu einem Warnstreik aufgerufen. "Und jetzt schon wieder eine Machtdemonstration?", fragt die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle: "So richtig die Aktion vor vier Wochen war, so überzogen ist der neuerliche Megastreik. Über die Forderungen der EVG kann und muss man streiten. Und es ist legitim, diesen Forderungen auch mit Streiks Nachdruck zu verleihen. Es gibt aber keinen Grund dafür, darunter schon wieder bundesweit Reisende leiden zu lassen, bloß weil die EVG zwischen Kap Arkona und Zugspitze parallel mit 50 Bahnunternehmen verhandelt. Viele Zugpendler wissen, unter welchen Bedingungen diejenigen arbeiten, denen sie sich täglich anvertrauen. Sie dürften daher grundsätzlich Verständnis haben für den Ruf nach höheren Löhnen. Die EVG darf diesen Kredit nicht verspielen", mahnt die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG.
Die PFORZHEIMER ZEITUNG befürchtet, dass Deutschland immer mehr zur blockierten Republik werde: "Die Inflation führt zu großer Entschlossenheit und Kampfbereitschaft der Arbeitnehmer. Die Bahn macht es sich zu einfach, wenn sie der EVG den Schlichterspruch aus dem öffentlichen Dienst vorlegt. Die Gewerkschaft will eigene Akzente setzen und bahnspezifische Themen diskutieren. Das ist ihr gutes Recht. Dennoch könnte und sollte der Spruch der Schlichter grobe Richtschnur für die Tarifrunde bei der Bahn sein. Es muss - auch im Interesse der Kunden - beiden Seiten daran gelegen sein, eine Einigung zu finden, ohne die Tarifauseinandersetzung weiter zu verschärfen. Die Chancen dafür stehen jedoch nicht gut", prognostiziert die PFORZHEIMER ZEITUNG.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG glaubt, dass sich die Gewerkschaften bei den Verhandlungen bewusst kompromisslos zeigten: "Es ist auch ein klarer Beleg dafür, dass Verdi und EVG mit ihren Mitgliedern die aktuelle Situation und Krise als Hebel zu ihren Gunsten nutzen - zur Mitgliedergewinnung, für mehr Wohlstand und Macht. Der erneute Streik nun wird einmal mehr zeigen, wie weit die Sympathien in der Bevölkerung noch reichen. Die Vermutung: Der Zuspruch sinkt. Und zwar rapide. Gut so."
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG meint, dass die Gewerkschaft bisher mit ihren Streiks nicht überziehe: "Verstehen lässt sich auch manche Verärgerung der Deutschen Bahn. Denn so richtig ernsthaft verhandelt hat die EVG bisher nicht. Sie muss ja erst mal demonstrieren, dass sie noch da ist. Die gute Nachricht für Reisende: Die Bahn ist nun bereit, die Löhne so stark zu erhöhen, wie es gerade bei Verdi im öffentlichen Dienst diskutiert wird. Das wären zweimal sechs Prozent mehr Geld. Natürlich kann die EVG das nicht einfach übernehmen. Also wird sie nachverhandeln“, vermutet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Der US-Fernsehsender Fox News zahlt rund 720 Millionen Euro Schadensersatz wegen falscher Behauptungen nach der Präsidentschaftswahl 2020. Die TAGESZEITUNGTAZ – unterstreicht, dass der Sender mit dem außergerichtlichen Vergleich zwar viel Geld zahle, ansonsten aber zu nichts verpflichtet sei: "Keine Gegendarstellung, keine Entschuldigung für die monatelang vorgetragene Behauptung, die Präsidentschaftswahl 2020 sei gefälscht worden und die Wahlmaschinen von Dominion hätten dabei eine womöglich entscheidende Rolle gespielt. Wer also gehofft hatte, der Prozess gegen Fox News könnte eine heilende Wirkung haben, könnte dazu beitragen, dass die US-Amerikaner sich wieder wenigstens auf ein paar Fakten einigen, sieht sich enttäuscht. Fox News hat ein Wirtschaftsimperium zu verteidigen, dessen Kerngeschäft diese Art von Journalismus ist. Jetzt kostet es Geld, das aufrechtzuerhalten – aber eben nur Geld." Mit diesem Kommentar aus der TAZ endet die Presseschau.