
Die MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der unter anderem die PASSAUER NEUE PRESSE gehört, fasst die Ergebnisse des Gesprächs so zusammen: "Beide Seiten blieben bei ihren Maximalforderungen. Die eine will weiter protestieren, sich auf Straßen kleben und die Menschen nerven. Die andere Seite, in dem Fall die Bundesregierung, will, dass die Proteste aufhören. Wissing erklärte, er habe null Toleranz für Straftaten. Aber Argumente auszutauschen, das sei wichtig für die Demokratie. Doch der Minister zeigte sich nicht überzeugt von den Argumenten der Klimaaktivisten, die eine 'echte Verkehrswende' fordern, also ein generelles Tempolimit von 100 Stundenkilometern auf Autobahnen und ein 9-Euro-Ticket im Nah- und Regionalverkehr beispielsweise", hält die MEDIENGRUPPE BAYERN fest.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG meint, Wissing hätte sich erst gar nicht mit den Aktivisten treffen dürfen: "In einer Demokratie muss man reden. Der demokratische Rechtsstaat darf sich jedoch nicht verkaufen. Das aber macht die Bundesregierung, wenn sie klimaklebende Straftäter zu Verhandlungspartnern macht. Denn die 'Letzte Generation' unterbricht nicht nur immer wieder den Alltag zigtausender Bürger, sie schadet den Menschen und verhöhnt den Rechtsstaat. Wissings Empfang mag für sich genommen nur ein Austausch von Argumenten sein - er steht aber leider in einer Reihe von Erpressungsversuchen der Klimakleber", konstatiert die F.A.Z..
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) verteidigt den Verkehrsminister: "Es stimmt: Die FDP blockiert viele sinnvolle Klimaschutz-Maßnahmen. Dazu gehören das Tempolimit, die Abschaffung des Dieselprivilegs, die Reform der Dienstwagenbesteuerung, eine ökologischere Ausrichtung der Pendlerpauschale. Was aber auch stimmt: Wissing packt schwierige Veränderungen an. Allen voran bei der Bahn, in die zweistellige Milliardenbeträge gesteckt werden, um die Infrastruktur zu verbessern. Das Problem ist nur, dass diese Maßnahmen erst in ein paar Jahren ihre Wirkung zeigen und dass er die Botschaften nicht gut kommuniziert", analysiert die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Ganz anders sieht es die TAGESZEITUNG - TAZ. In ihren Augen hat Wissing das Treffen für sich selbst genutzt, als... "...medienwirksamen Auftritt mit dem er seine erklärte Offenheit für den Dialog unter Beweis stellen kann. Der Verkehrsminister steht in der Kritik, stellt sich ihr aber nicht. Was wir hier bezeugen können, ist der schlecht getarnte Versuch, sich zumindest ein wenig der Verantwortung zu entledigen, die nach Blicken auf die katastrophale Klimapolitik im Verkehrssektor immer wieder auf seinem Feld landet und die die 'Letzte Generation' wie unzählige andere Klimagerechtigkeitsinitiativen benennt. Es ist die Instrumentalisierung von legitimem Protest für die eigene Sache und die Ausnutzung eines massiven Machtgefälles sowie der Gesprächsbereitschaft verzweifelter junger Menschen", heißt es in der T.A.Z..
Kommentarthema in vielen Zeitungen ist auch der Parteiaustritt des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer bei den Grünen. Der KÖLNER STADT-ANZEIGER schreibt dazu: "Erneut fällt Palmer mit Äußerungen auf, die für sich genommen als rassistisch interpretiert werden können - in der Summe mit allen anderen Äußerungen dieser Art aber als rassistisch interpretiert werden müssen. Das sogenannte N-Wort für Menschen schwarzer Hautfarbe hat jedenfalls eine eindeutige Konnotation. Dass Palmer sich nach seiner Verwendung und anschließender Kritik mit verfolgten Juden gleichsetzt, führt ihn noch tiefer in den Morast. Sich eine Auszeit zu nehmen und Hilfe zu suchen ist die angemessene Reaktion", findet der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
"Boris Palmer ist kein Nazi", ist sich die SCHWÄBISCHE ZEITUNG aus Ravensburg sicher: "Dass ihn empörte Demonstranten so bezeichnen, ist ein Exzess. Dass Palmer deshalb sagt, diese Zuschreibung sei nichts anderes als ein Judenstern, ist ebenfalls ein Exzess. Maßlosigkeit auf allen Seiten charakterisiert die aufsehenerregende Auseinandersetzung. Palmer tut gut daran, sich vorübergehend selbst zu canceln, sich zu besinnen und sich zu ändern. Sonst bleibt er mit seinem politischen Talent unter seinen Möglichkeiten. Vielleicht findet er für sich ja auch einen neuen politischen Stil, der deutlich mehr vom Charakterkopf denn vom Hitzkopf geprägt ist", hofft die SCHWÄBISCHE ZEITUNG.
"Die Grünen-Spitze ist einen Quälgeist los", bemerkt der MÜNCHNER MERKUR: "Tübingens Klartext-Bürgermeister Boris Palmer verlässt seine Partei und zugleich die große öffentliche Bühne. Groß ist die Genugtuung vor allem bei seinen grünen Ex-'Parteifreunden'. Sie haben sich an ihrem charismatischen Wahlsieger Palmer wund gerieben. Wie sehr das auch umgekehrt galt, verrät dessen Erklärung, er werde nun professionelle Hilfe in Anspruch nehmen."
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU kommentiert die umstrittenen Vorgänge bei der Besetzung eines Spitzenposten im Bundeswirtschaftsministerium: "In der Politik gibt es Vorwürfe, bei denen immer etwas hängen bleibt. Vetternwirtschaft ist einer davon. Insofern hat Wirtschafts-Staatssekretär Patrick Graichen ein Problem. Sein Trauzeuge Michael Schäfer soll Chef der Deutschen Energie-Agentur (Dena) werden, Graichen saß als Staatssekretär in der Auswahlkommission, die sich für den Freund entschied. Man muss nicht unterlegener Mitbewerber sein, um darin eine unzulässige Interessenverquickung zu sehen. Diese wird auch von Graichen selbst eingeräumt. Mit dem Schuldeingeständnis könnte die Sache erledigt sein, wenn da nicht weitere Familienmitglieder und Bekannte wären, die im Umfeld des Wirtschaftsministeriums auftauchen. Die familiären Beziehungen sind jede für sich wenig problematisch. Und doch bleibt am Ende der Eindruck, dass es ein bisschen viel ist mit der freundschaftlichen oder verwandtschaftlichen Nähe im Umfeld des Spitzenbeamten", vermerkt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG blickt auf die Bedeutung des Staatssekretärs für den Bundeswirtschaftsminister: "Graichen ist Habecks Mann für die Energiewende und damit auch der Kopf hinter einigen Zumutungen. Das Gesetz zum Austausch alter Öl- und Gasheizungen stammt maßgeblich aus seinem Stab. Graichen steckt hinter den Beschleunigungsgesetzen für den Ökostromausbau und wacht über das Klimaschutzgesetz, das dem Koalitionspartner von der FDP zu rigide ist. Habeck will den Vorgang noch einmal prüfen lassen. Sollte Graichen darüber zu Fall kommen, wäre auch Habeck geschwächt. Denn die Gegner Graichens zielen auf mehr: auf die grüne Energie- und Klimapolitik", stellt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG fest.
Zum Schluss noch ein Kommentar aus der NEUEN OSNABRÜCKER ZEITUNG zum gestrigen Start des Petersberger Klimadialogs in Berlin: "Seit 2010 treffen sich ausgewählte Staaten zum sogenannten Petersberger Klimadialog – dabei ist die Auswahl willkürlich und der Dialog meist ohne Ergebnis. Hierzulande wird darüber diskutiert, wie schwer man Demonstranten bestrafen muss, die sich auf Straßen kleben. Dabei lenken solche Debatten vom eigentlichen Thema ab, nämlich Überflutungen, Hitzewellen und Migrationsbewegungen, die in Zukunft noch mehr werden könnten. Feste Zielwerte zur Gewinnung von Strom aus erneuerbaren Energien können nur der Anfang sein. Die Industrienationen müssen die Schwellen- und Entwicklungsländer noch konsequenter beim Klimaschutz unterstützen. Auch die öffentliche Diskussion muss sich endlich ehrlich mit den Kosten des Klimawandels auseinandersetzen. Ausbau von erneuerbaren Energien oder Investitionen in Forschung kosten viel Geld. Aber die Folgekosten der Naturkatastrophen, die durch den Klimawandel wahrscheinlicher werden, werden um ein Vielfaches höher liegen“, erinnert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG. Damit endet die Presseschau.