
"Denn viele Details an Habecks Regelwerk sind noch unausgegoren und gehen an der Realität der Gebäudesubstanz in Deutschland vorbei. Auch über die Folgewirkungen für die Stromnetze und die Infrastruktur wurde viel zu wenig nachgedacht. Wenn millionenfach Wärmepumpen betrieben werden, müssen die Energieversorger Milliarden Euro in die Stromnetze investieren, was die Netzgebühren in neue Höhen treiben wird. Gleichzeitig müssen die Gasnetze, die in vielen Fällen in kommunaler Hand sind, möglicherweise abgeschrieben werden. Allen ist klar, dass es die Energiewende nicht zum Nulltarif gibt. Dazu müssen die Bürger aber auch vom richtigen Weg überzeugt werden. Etwas länger über diesen Weg nachzudenken, schadet jedenfalls nicht", findet die FREIE PRESSE aus Chemnitz.
Der NORDBAYERISCHE KURIER aus Bayreuth vertritt eine andere Meinung: "Der Klimawandel wartet nicht mehr darauf, bis es uns genehm ist zu reagieren. Niedersachsens Vorschlag zeigt nur eines: die Gefangenheit dieses politischen Denkens in alten Denkschablonen, die nicht mehr für die Gegenwart geeignet sind. Aussitzen ist aber keine Option mehr."
Die BERLINER MORGENPOST bemängelt, dass Gesetzentwürfe auf EU und nationaler Ebene nicht aufeinander abgestimmt würden. "Auf der einen Seite setzt die Bundesregierung rund um Wirtschaftsminister Robert Habeck derzeit voll auf die Wärmewende. Die EU setzt gleichzeitig beim Klimaschutz auf eine Sanierungspflicht für alte Häuser mit schlechter Energiebilanz. Für die Wärmepumpe hat die Bundesregierung einen Förderplan aufgelegt, nicht aber für die Sanierungspflicht. Beide Vorhaben können aber nicht getrennt voneinander angegangen werden. Förderung soll es derzeit nur für Wärmepumpen geben. Auf den Sanierungskosten bleiben Immobilienbesitzer sitzen. Im schlimmsten Fall werden sie ihre Häuser oder Wohnungen verkaufen müssen - weil sie kein Geld für die energetische Sanierung haben. Höchste Zeit für Deutschland und die EU zusammenzuarbeiten und aus 'gut gemeint' auch 'gut gemacht' zu machen", unterstreicht die BERLINER MORGENPOST.
Industriestrompreis ist das Stichwort für die RHEINISCHE POST. Die Zeitung aus Düsseldorf kritisiert die geplanten Subventionen und nennt Habeck einen Minister gegen den Mittelstand. "Die Konzerne sollen Hilfe erhalten, der Bäcker aber kann sehen, wie er mit den Energiekosten klar kommt. Das Bundeswirtschaftsministerium ist seit Jahren zu einem mittelstandsfeindlichen Haus verkommen, in dem Ordnungspolitik nicht mehr zählt. Habeck unterschlägt, dass diese Subventionen Steuerzahler dauerhaft mit hohen Milliardenbeträgen belasten werden. Finanzminister Christian Lindner tut gut daran, Habeck erneut zu stoppen. Der Wirtschaftsminister wird – entgegen seiner Selbstwahrnehmung – zu einem Risiko für den Standort Deutschland", ist sich die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf sicher.
Einige Zeitungen blicken bereits auf das morgige Bund-Länder-Treffen, bei dem es um die Finanzierung der Aufnahme von Flüchtlingen geht. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bemerkt: "Dass die Flüchtlingsfinanzierung nach dem Grundgesetz eigentlich eine originäre Länderaufgabe ist, tritt in der ganzen Debatte irritierend oft inden Hintergrund. Dabei hat der Bund schon die finanziellen Lasten der Corona-Pandemieund der Energiekrise nach dem russischen Überfall auf die Ukraine zu großen Teilen übernommen. Die Verheerungen lassen sich jetzt im Bundeshaushalt besichtigen, während Länder und Kommunen wieder Überschüsse erwirtschaften." Das war die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
"Gerade im Osten sind viele Kreise und Städte finanziell bereits am Limit", konstatiert indes die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle. "Zahlt der Bund nicht mehr, und springen die Länder nicht ein, kann das dazu führen, dass Kommunen wegen der Flüchtlingsunterbringung an ihre freiwilligen Aufgaben gehen müssen."
Die STUTTGARTER ZEITUNG rechnet vor. "Schon jetzt gibt der Staat für Flüchtlinge jährlich mehr als doppelt so viel aus, wie sich die Grünen für ihre Kindergrundsicherung erhoffen. Insofern haben Länder und Kommunen recht, wenn sie auf mehr Geld vom Bund pochen."
Die TAZ hält es für richtig, ".... dass sich die Grünen vor dem Bund-Länder-Treffen positionieren und dabei nicht vor der nächsten Querele in der Ampelkoalition zurückschrecken: In Abgrenzung zu sozialdemokratischen und liberalen Kabinettsmitgliedern fordern sie, dass der Bund künftig mehr bezahlt. Unvollständig ist die Forderung dennoch: Woher genau die Mittel kommen sollen, verraten die Grünen höchstens auf Nachfrage. Dadurch gehen sie das Risiko ein, dass sich die Debatte über Kürzungen an anderen Stellen lediglich von der Ebene der Kommunen und Länder auf die des Bundes verlagert – und letztlich die Finanzierung grüner Projekte wie die Kindergrundsicherung noch wackliger wird", erläutert die TAZ.
Themenwechsel. "Was war der 8. Mai 1945?",fragt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG. "'Ein Tag der Befreiung', meint die CDU, um dann fortzufahren: 'Aber auch ein Tag unermesslichen Leids.' Das allerdings war der Tag, der als das Datum der Kapitulation der deutschen Wehrmacht gilt, nun gerade nicht. Das Ende der Kämpfe bedeutete das Ende der barbarischen NS-Herrschaft. Es ist klar, dass jeder Mensch damals und auch in der Rückschau seine ganz eigenen Empfindungen hatte. Wer heute Verantwortung trägt, muss aber unmissverständlich klarmachen, was damals endete, was nicht, und was sich nicht wiederholen darf. Deutschland war nicht in der Lage, den Massenmord unter totalitärer Herrschaft selbst zu beenden. Es steht in einer besonderen Verantwortung. Man kann darüber streiten, was daraus konkret folgt, aber eine Pflicht, Angriffskriege und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verhindern, haben heute eigentlich alle Staaten", unterstreicht die F.A.Z.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG schreibt: "Spätestens nach dem Ende des Kalten Krieges galt es als weitgehend ausgeschlossen, dass es nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs noch mal zu einem Eroberungskrieg auf europäischem Boden kommen würde. Moskau hat uns mit dem Überfall auf die Ukraine leider eines Besseren belehrt. Selbst eine verbindliche internationale Ordnung ist kein Garant für ein friedliches Zusammenleben. Keine Frage, wir Deutschen müssen dankbar dafür sein, dass die sowjetische Armee einen zentralen Anteil daran hatte, die Nazi-Diktatur in die Knie zu zwingen. Russen und Ukrainer haben einen unermesslichen Blutzoll gezahlt. Das darf niemals in Vergessenheit geraten", mahnt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Das Schlusswort in der Presseschau bekommt die NORDWEST ZEITUNG aus Oldenburg. Die NWZ nimmt den heutigen Europatag zum Anlass, um Perspektiven der Europäischen Union zu beleuchten: "Es zeigte sich nach Putins Angriff auf Kiew: Die EU ist durchaus in der Lage, der Weltpolitik zu signalisieren, dass mit ihr als gemeinsame Stimme ihrer Mitgliedsstaaten zu rechnen ist. Die sonst so gern streitenden Staatschefs zeigten im Einklang klare Kante gegen den russischen Angriffskrieg. Wo die Brüsseler Mühlen langsam mahlen – wurden schnell gemeinsame Sanktionen. Das dürfte nicht nur Putin überrascht haben. Die Krisen sind lange nicht vorbei. Bewältigen kann die EU sie jedoch nur, wenn ihre Mitgliedsstaaten zusammenstehen. Fünf Szenarien zur Zukunft der EU hat das Centrum für angewandte Politikforschung für die EU entwickelt: Supermacht, Gravitationsraum, Methode Monnet, Kerneuropa, Titanic. Von Staatswerdung bis Auflösung ist alles möglich. Na, hoffentlich geht die EU in den schwierigen Gewässern der Weltpolitik nicht unter." Das war die NWZ aus Oldenburg. Damit endet die Presseschau. Redaktion: Dietmar Reiche, Sprecher/in: