
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG erläutert: "Nun stehen die Züge also länger still, so wie es die Gewerkschaft EVG schon angekündigt hatte. Von Sonntagabend an will sie für zwei volle Tage streiken. Bei allem Verständnis für die Wünsche der Arbeitnehmer: Langsam ist der Punkt erreicht, an dem ein Tarifabschluss her sollte. Denn die Daten für eine angemessene Lohnerhöhung sind eigentlich klar. Stattdessen verkeilen sich Gewerkschaft und Bahnvorstand in absurde Konflikte – und die Reisenden leiden. Sicher, es handelt sich nicht um eine normale Tarifrunde. Auch die 200.000 Bahnmitarbeiter leiden unter der schlimmsten Teuerungswelle seit Dekaden. Sie haben deshalb eine ordentliche Lohnerhöhung verdient. Bisher agierte die Gewerkschaft maßvoll. Mit dem jetzt angekündigten Zwei-Tage-Streik dürfte die Stimmung der Bürger, die generell Verständnis für einen Lohnausgleich der Inflation haben, bald kippen", erwartet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER kritisiert: "Die EVG verspielt ihr wertvollstes Kapital: die Solidarität der Bevölkerung und perspektivisch auch die Streikbereitschaft ihrer Mitglieder. Niemand bestreitet, dass die Beschäftigten ein kräftiges Lohnplus verdient haben. Zumal die EVG unter dem Eindruck der Corona-Krise 2021 Verzicht geübt und sich mit mickrigen 1,5 Prozent zufriedengegeben hat. Tarifverhandlungen sind immer auch ein Psychokrieg und ein Spiel mit der Eskalation. Noch ist Zeit: Der Streik sollte abgesagt werden – und beide Seiten müssen ernsthaft verhandeln. Alles andere versteht niemand mehr", unterstreicht der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg resümiert: "Nach neun Wochen ist es den Tarifparteien immer noch nicht gelungen, in ernsthafte Verhandlungen einzusteigen. Naturgemäß weisen sich Arbeitgeber und Gewerkschaft gegenseitig die Schuld zu. Allmählich drängt sich jedoch der Eindruck auf, dass die Gewerkschaft an einer kurzfristigen Lösung kein Interesse hat. Ein Grund könnte sein, dass die EVG nach zuletzt bescheidenen Abschlüssen Durchsetzungsvermögen beweisen will. Branchenführer Deutsche Bahn hat auf Zeit gespielt, erst den Abschluss im öffentlichen Dienst abgewartet und nur stückweise Konzessionen gemacht. Nun müssen beide Seiten über ihren Schatten springen", verlangt die BADISCHE ZEITUNG.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf schreibt zur tariflichen Auseinandersetzung: "Die EVG fordert, für die niedrigen Lohngruppen den gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro als Sockel einzuführen, zu dem dann jede Lohnerhöhung addiert würde. Der Vorstand erklärt, er wolle genau diese Forderung im Prinzip akzeptieren und niemandem weniger als 13,20 Euro die Stunde zahlen. Hinzu käme die steuerfreie Inflationsprämie in Höhe von 2.850 Euro. Extrem weit scheinen die Positionen also nicht voneinander entfernt zu sein", vermutet die RHEINISCHE POST.
Themenwechsel. Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg äußert sich zu dem sogenannten Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern: "Die zusätzliche Bundes-Milliarde ist nur weiße Salbe. Diese Einmalzahlung ist gerade mal geeignet, um die allergrößten Finanz-Löcher zu stopfen. Bitter ist, dass die wichtige Grundsatzentscheidung über die Flüchtlingskosten wieder einmal vertagt wurde. Bis November will der Bund nun die Kernprobleme aussitzen – ein Unding. Dieses Vorgehen ist ein fatales Signal an Länder und Kommunen, die Berlin in einer immer schwerer zu beherrschenden Situation im Regen stehen lässt. Das wird negative Auswirkungen haben auf die Akzeptanz vieler Menschen vor Ort, weitere Flüchtlinge aufzunehmen", ist sich die VOLKSSTIMME sicher.
Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus bemerkt: "Dass die Länder sich vor die Kommunen stellen, indem sie allein dem Bund weitere finanzielle Belastungen zumuten wollen, ist ein Spiel, das sie bei der Lage der Bundesfinanzen nicht gewinnen können. Das Argument, der Bund gestaltete die Migration, weswegen er auch zahlen müsse, ist einfach Unsinn. Oder hat die Bundesregierung etwa in der Hand, ob Putin Städte in der Ukraine zerbomben lässt, die Taliban und die iranischen Mullahs im religiösen Mittelalter agieren oder der Krieg gegen die Zivilbevölkerung in Syrien fortgesetzt wird?", fragt die LAUSITZER RUNDSCHAU.
Der TAGESSPIEGEL beleuchtet einzelne Beschlüsse des Treffens: "Nun verspricht der Bund mehr und effektivere Grenzkontrollen, schnellere Verfahren, mehr Abschiebungen. Viel davon ist im Koalitionsvertrag anno 2021 notiert, bisher weitgehend folgenlos. Und: Eine Mehrheit für europaweite Reformen hat Bundesinnenministerin Faeser hier noch lange nicht beisammen.Je mehr Flüchtlinge kommen werden, je länger die Finanz-Fragen offen bleiben, desto stärker wird der Druck auf Faeser. Sie wird vermutlich mehr gefordert sein als mancher Vorgänger. Ausgerechnet die Innenministerin aber zieht in dieser heiklen Phase in den Wahlkampf, will im Oktober Ministerpräsidentin in Hessen werden. Das stiftet, wie auch der Ausgang des Gipfels, wenig Vertrauen in diesen aufgewühlten Zeiten", bilanziert der TAGESSPIEGEL.
Der NORDBAYERISCHE KURIER aus Bayreuth beschäftigt sich mit der jüngsten Steuerschätzung, wonach Bund, Länder und Kommunen im kommenden Jahr voraussichtlich mit deutlich weniger Einnahmen auskommen müssen als zuletzt angenommen. "Die Ampelkoalition steuert auf eine gewaltige Belastungsprobe zu. Die Ressorts haben insgesamt 20 Milliarden Euro mehr an Bedarfen angemeldet, als verteilt werden können. Es wird schwer, dringend benötigtes zusätzliches Geld für den Verteidigungshaushalt aufzutreiben. Und auch die Spielräume für die Kindergrundsicherung werden voraussichtlich überschaubar sein. Beides ist höchst bedauerlich", findet der NORDBAYERISCHE KURIER.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) schlägt vor: "Das Bündnis hat nun zwei Möglichkeiten. Entweder es findet Wege, auch mit geringeren Finanzmitteln den versprochenen Umbau der Gesellschaft zu organisieren. Oder aber die Partner belagern sich in einer endlosen Reihenfolge von Streitigkeiten darüber, wie viel Geld tatsächlich da ist und wer es wofür ausgeben kann. Der erste Ansatz wäre die bessere Variante, der zweite die wahrscheinlichere", spekuliert die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Nun noch Stimmen zum Nahostkonflikt. Die TAGESZEITUNG führt aus: "Auf beiden Seiten wird diese weitere Runde der Gewalt als Erfolg verkauft: Israel brüstet sich mit der gezielten Tötung von führenden Köpfen der Terrororganisation Islamischer Dschihad; der Islamische Dschihad wiederum lässt sich von seinen Anhängern feiern für die bisher mehr als 500 Raketen, die er während der jüngsten Angriffswelle auf israelisches Territorium gefeuert hat. Israel kann die Aussichtslosigkeit der Situation mit militärischen Aktionen weiter zementieren – oder eine mutigere Variante wählen: Sich an einen Verhandlungstisch mit der Hamas setzen. Mit der Organisation also, die den Gazastreifen kontrolliert und daher auch mitverantwortlich ist für die Raketen des Islamischen Dschihads. Auf die Gefahr hin, abgedroschen zu klingen: Frieden schließt man nun einmal nicht mit Freunden, sondern mit seinen Feinden", notiert die taz.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG hält fest: "Leidtragend ist wie immer die Bevölkerung auf beiden Seiten: Im dicht besiedelten Gaza sind es Kollateralopfer; in Israel sind es die Einwohner der Orte, die wahllos beschossen werden. Die Zweistaatenlösung, die Außenministerin Annalena Baerbock wieder forderte, ist nur in grauer westlicher Theorie eine Lösung für diesen deprimierenden Gewaltzyklus. Netanjahus Koalition mit Siedlern und Araberfeinden wird keinen Ausgleich suchen. Und die Terroristen in Gaza wollen Israel weiter vernichten." Das war zum Ende der Presseschau ein Auszug aus der F.A.Z.