Dazu bemerkt die FRANKFURTER RUNDSCHAU: "Was Bundesinnenministerin Nancy Faeser als 'historischen Erfolg für den Schutz von Menschenrechten' gefeiert hat, ist für den internationalen Flüchtlingsschutz in Wahrheit das Gegenteil - ein verheerend-schwarzer Tag. Man muss von einer Zeitenwende sprechen, denn die Europäische Union schickt sich mit ihrer Einigung an, Flüchtenden künftig im Regelfall und ganz offiziell den Zugang zu einem rechtsstaatlichen Asylverfahren zu verwehren. Was auf Griechenlands Inseln, am Evros oder in litauischen Grenzlagern schon heute brutaler Alltag ist, wird kollektive Politik der EU. Damit ist die Tür deutlich mehr als einen Spaltbreit geöffnet für Europas Abkehr von den Werten der Genfer Flüchtlingskonvention und auch der Europäischen Menschenrechtskonvention", befürchtet die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) dagegen meint: "Die 27 Mitgliedstaaten - bis auf zwei - in dieser zentralen Frage unter einen Hut bekommen zu haben, ist eine Leistung, die man nicht kleinreden darf. Wenn jetzt Teile der Grünen, Jusos und Linken praktisch eine Blockade der Pläne im Europaparlament fordern - mögen ihre Motive auch noch so ehrenvoll sein -, handeln sie im Grunde antieuropäisch. Denn eines ist klar: Wenn dieser Kompromiss scheitert, dann wird in dieser Frage für lange Zeit keiner mehr zustande kommen. Mehr noch. Es bedeutete, sehenden Auges in die nächste Migrationskrise hineinzulaufen. Und die Frustration über die Handlungsunfähigkeit der EU wüchse quer über den Kontinent weiter", prognostiziert die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Das STRAUBINGER TAGBLATT findet: "Eine andere Lösung lässt die politische Gemengelage in der EU aktuell kaum zu. Noch so wohlmeinende Flüchtlingspolitik darf zudem nicht außer Acht lassen, dass die großen Migrationsströme Europa immer mehr zu überfordern drohen - ob tatsächlich oder gefühlt, macht da keinen Unterschied. Geordnete Asylverfahren sind eine legitime Forderung vieler Bürger und kommen letztlich auch jenen zugute, die zwingend auf unseren Schutz angewiesen sind. Jetzt muss es darum gehen, die finanzielle Unterstützung von Aufnahmeländern Wirklichkeit werden zu lassen und die geplanten Asylzentren so zu gestalten, dass sich am Ende niemand dafür schämen muss", verlangt das STRAUBINGER TAGBLATT.
Die TAGESZEITUNG vertritt diese Ansicht: "Was Europas Flüchtlingspolitik so dringend fehlt – auch aus unterkühlt funktionaler Sicht –, stand in Luxemburg nicht einmal zur Debatte: ein umfassender und verbindlicher Mechanismus zur Verteilung von Geflüchteten auf alle EU-Staaten, der die überforderten Länder an den Außengrenzen wirklich entlastet. Stattdessen einigten sich die EU-Innenminister*innen auf einen Solidaritätsmechanismus, bei dem die Aufnahme weiter freiwillig bleibt. Dass Staaten, die keine Flüchtlinge aufnehmen, künftig 20.000 Euro pro Nicht-Aufnahme zahlen sollen oder sich am Außengrenzschutz beteiligen sollen, ändert kaum etwas", moniert die TAZ.
Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG beleuchtet die Stimmung bei den Grünen. Diese sei aufgeheizt, denn: "die Parteibasis hat seit dem Beginn der Ampelkoalition zu viel schlucken müssen: Waffenlieferungen an die Ukraine, längere Laufzeiten für Atomkraft- und Kohlekraftwerke, den Import von LNG-Gas sowie den Bau umweltschädlicher Terminals bei gleichzeitiger FDP-Blockade im Klimaschutz. Jetzt auch noch eine offene Flüchtlingspolitik aufgeben zu müssen, obwohl sie identitätsstiftend wirkt, bringt das Fass zum Überlaufen", schätzt die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.
Der TAGESSPIEGEL aus Berlin beobachtet bei den Doppelspitzen der Grünen im Vorsitz und in der Fraktion eine Spaltung - wie in der Partei selbst: "Ein Vorgang, der die Tragweite zeigt. Nun sind die Zahlen der Asylbewerber eine harte Realität und eine große Herausforderung. Der daraus folgenden Aufgabe kann niemand entkommen, der und die in Regierungen sitzt. Die Tatsachen lassen sich nicht wegdiskutieren, nicht aussitzen. Ihnen muss sich stellen, wer Verantwortung trägt. Und genau darum geht es jetzt bei den Grünen. Die Implosion abzuwenden, ist das eine, sich über sich selbst und die eigene Rolle in der Zukunft klarzuwerden, das nächste. Wollen die Grünen über die Sammlungsbewegung hinaus, als die sie vor Jahrzehnten begannen, nun wirklich Volkspartei werden oder nicht?", fragt der TAGESSPIEGEL.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG gibt zu bedenken: "Der Beschluss des Europäischen Rates bedeutet noch lange nicht, dass er auch so Realität wird. Das hat zwei Gründe. Erstens: Das EU-Parlament muss zunächst noch eine eigene Position finden, bevor dann im sogenannten Trilog Parlament, Mitgliedstaaten und die EU-Kommission einen Kompromiss aushandeln. Zweitens: Polen und Ungarn haben nicht zugestimmt. Beide Staaten wollen am liebsten gar keine Flüchtlinge aufnehmen, müssten sich also von den geplanten Aufnahmequoten freikaufen. Ob sich die notorischen EU-Querulanten am Ende wirklich einem Kompromiss unterwerfen oder ihn boykottieren, bleibt abzuwarten", schreibt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Themenwechsel. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG äußert sich zur Anklage gegen den früheren US-Präsidenten Trump: "Ein laxer Umgang mit geheimen Regierungsdokumenten ist kein Kavaliersdelikt, vor allem wenn man dabei so vorgeht wie Trump. Dass ein Gericht in Miami feststellt, ob er sich dabei strafbar gemacht hat, liegt im Interesse aller amerikanischen Bürger, die auf Recht und Gesetz vertrauen müssen. Die Vereinigten Staaten sind aber leider auch die westliche Gesellschaft, in welcher der Kulturkampf zwischen links und rechts am weitesten fortgeschritten ist. Schon die bisherigen Verfahren gegen Trump haben gezeigt, wie politisiert die Wahrnehmung der Justiz geworden ist. Der harte Kern seiner Anhänger hat sich von Trumps juristischen Problemen, die ja Ausdruck vielfältiger politischer und charakterlicher Defizite sind, nie beeindrucken lassen", vermerkt die FAZ.
Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm konstatiert: "In der Vergangenheit ist Donald Trump nach jedem Skandal mit einem blauen Auge davongekommen. Ob die jüngste Anklage wegen seines Umgangs mit Geheimdokumenten, unter anderem offenbar zu Irans nuklearen Waffenprogramm, zu einer Verurteilung führen wird, ist unklar. Folgen für den US-Wahlkampf sind leichter abzusehen. Wie immer spricht Trump von einer Hexenjagd und weist - durchaus zu Recht - darauf hin, dass auch sein Nachfolger Joe Biden Dokumente in Privatbesitz hatte. Damit wird Trump seine politische Basis mobilisieren und Wahlspenden kassieren können", erwartet die SÜDWEST PRESSE.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG hebt hervor, Trump habe auch dieseAnklage gegen ihn öffentlich gemacht, bevor es die Justiz tat: "Er will schneller sein, um den Ton zu setzen. Die Verfahren seien rein politischer Natur. Sein Kalkül ist simpel. Je mehr Wähler Trump hinter sich vereint, desto schwerer wird es dem Rechtsstaat fallen, sich gegen ihn zu behaupten. Schon wieder versucht er nichts Geringeres, als das politische System der USA zu sprengen. Das Vorgehen scheint zu wirken. Trump hat zuletzt seinen Rückhalt bei der republikanischen Basis gefestigt. Sogar von einem 'Krieg des Rechts' redet er. So weit die SÜDDEUTSCHE.
Die Zeitung WELT spekuliert in ihrer Online-Ausgabe: "Es könnte sein, dass Donald Trump beim nächsten republikanischen Parteitag mit elektronischer Fußfessel auftritt; dass er seine Fußfessel nicht schamhaft versteckt, sondern sie vorzeigt - mit den Worten: 'Ich trage sie nicht für mich, sondern für euch!' Wenn es so kommt, werden seine Anhänger in kollektive Hysterie verfallen. Und natürlich wird Trump, der schon einmal einen Mob zu Tod und Verwüstung angestachelt hat, keine Scheu haben, noch einmal zu Gewalt aufzurufen." Das war zum Ende der Presseschau die Meinung von WELT Online.