28. Juni 2023
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Die Themen heute: die Details des geplanten Heizungsgesetzes, das Urteil gegen den früheren Audi-Chef Stadler und die Razzia im Erzbistum Köln.

Das Foto zeigt einen Heizkessel einer Gasheizung.
Das sogenannte Heizungsgesetz ist eines der Themen in der Presseschau. (pa/Kirchner-Media/Marco Steinbrenner)
Das STRAUBINGER TAGBLATT gibt sich mit Blick auf die Ausgestaltung des Heizungsgesetzes wohlwollend. "Noch sind nicht alle Details des Kompromisses bekannt. In der schwierigen Situation jedoch, in der die Ampel-Koalition sich befand, ist schon sein Zustandekommen ein Wert an sich. Auch wenn es zeitweise ganz anders aussah, ist die Regierung noch handlungsfähig. Sollten Sozialdemokraten, Grüne und Liberale jetzt auch noch den seit Langem schwelenden Streit über den Haushalt für das kommende Jahr beilegen, hätten sie vor der Sommerpause zwei brisante Themen abgeräumt." Das war das STRAUBINGER TAGBLATT.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf kritisiert beim Heizungsgesetz die Informationspolitik der Koalition. "Dass es Nachfragen geben könnte, worin denn nun die Einigung besteht, hat wohl niemand auf dem Schirm. Nur so ist zu erklären, dass die Ampel-Fraktionen die Menschen nach der Verkündung weiter im Unklaren lassen, vorerst nicht offiziell zu den Details Stellung beziehen und so den miserablen Kommunikationsstil der Regierung fortsetzen." Sie hörten die Meinung der RHEINISCHEN POST.
"Das Gebäudeenergiegesetz war ein Lehrstück - wie man es nicht macht", urteilt auch die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG. "Von Anfang an waren das Gesetz und die Kommunikation der Regierungsparteien darüber missglückt. Dass nun eine abermalige Nachtsitzung der Koalitionsspitzen für letzte Details nötig war, und dass am Morgen danach eine Einigung verkündet, aber keine Inhalte präsentiert werden, passt ins Bild."
Die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG gibt sich nicht ganz so kritisch. "Wer in die durchgestochenen Details schaut, erkennt zumindest den Willen, möglichst alle denkbaren Konstellationen der Wärmeversorgung einzubeziehen und soziale Härten für die Menschen abzufedern."
Auch die FREIE PRESSE aus Chemnitz ist eher zuversichtlich. "Dass für Einkommensschwache künftig eine Förderung von bis zu 70 Prozent beim Heizungstausch möglich sein soll, klingt vernünftig. Auch, dass die Lasten für Mieter zumindest begrenzt werden sollen, ist wichtig für die Akzeptanz des Gesetzes. Die Menschen werden genau hinschauen, ob diesmal alles stimmig ist. Vielleicht wird der Heizungstausch doch noch zu einem gelungenen politischen Projekt", überlegt die FREIE PRESSE.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE spricht von einem "Sieg der politischen Vernunft", aber auch von einer Niederlage für Wirtschaftsminister Habeck und die Grünen. "An Stelle ihrer ursprünglich geplanten dogmatischen Regelung tritt jetzt eine Lösung, die mit höheren Prämien Anreize zum Austausch schafft, den Menschen mehr Zeit lässt und Gasheizungen nicht per se verteufelt. Unter bestimmten Bedingungen können sie weit über das kritische Jahr 2028 hinaus betrieben werden. Viele Eigenheimbesitzer werden daher jetzt erst einmal tief durchatmen", vermutet die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
"Jetzt geht die Arbeit in den Heizungskellern erst los", bemerkt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG. "Kommunen müssen nun in wenigen Jahren Konzepte zur Wärmeplanung erarbeiten und vorlegen. Versorger sollten klären, wie sie parallel Gasnetze betreiben und zugleich Wärmenetze ausbauen wollen. Im besten Fall müssen sie das miteinander verzahnen, damit keine Versorgungslücken entstehen. Handwerkerkapazitäten müssen aufgebaut und Personal geschult werden, sonst scheitert die Wärmewende am Fachkräftemangel", prophezeit die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder).
Für die NÜRNBERGER NACHRICHTEN steht im Rückblick fest: "Was bleibt, ist ein Flurschaden für die Politik, der schwerer zu reparieren ist als eine Heizung: An sich und vor wenigen Monaten waren sich alle einig über die Bedeutung des Klimaschutzes. Die Heiz-Debatte führte nun dazu, dass die Union da bremst: Ist doch aktuell nicht so wichtig - etliche Aussagen klangen so. Eine fahrlässige Schwerpunkt-Verschiebung, kombiniert mit einem Kulturkampf gegen behauptete Gender- oder Ernährungs-Vorschriften. Auch da reibt sich nur die AfD die Hände, weil sie derart plumpe Grobheiten besser kann", finden die NÜRNBERGER NACHRICHTEN.
Nun zum Dieselskandal und dem Urteil gegen den früheren Audi-Chef. "Stadler gesteht, zahlt und kommt dafür gut weg", fasst die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zusammen. "Dass es ein alles andere als überzeugendes Geständnis war, hat die Justiz nicht weiter gekümmert. Die 1,1 Millionen Euro, die sich Stadler seine Freiheit kosten lässt, machen aus ihm keinen armen Mann. So einfach darf sich also jemand freikaufen, der sich das leisten kann. Und das, obwohl die langwierige Beweisaufnahme aus Sicht des Gerichts eindeutig ergeben hatte: Nach dem Auffliegen der Abgasmanipulationen im Mutterkonzern Volkswagen hatte Stadler bei Audi nicht durchgegriffen", moniert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die STUTTGARTER NACHRICHTEN sind besonders unzufrieden. "Offenbar stand für das Gericht durchaus eine Freiheitsstrafe im Raum, die Rupert Stadler durch ein Geständnis abbog, aus dem aber keine Reue sprach, sondern kühles Kalkül. Dass er damit durchkam, zeigt: In einem der größten Wirtschaftsskandale der Nachkriegszeit hat der Rechtsstaat einen schweren Stand", klagen die STUTTGARTER NACHRICHTEN.
Für die Zeitung ND.DER TAG aus Berlin liegt der eigentliche Skandal darin, "... dass sich die juristische Aufarbeitung so zäh und langwierig gestaltet. Selbst die Frage des Schadenersatzes für Käufer wird die Gerichte noch viele Jahre beschäftigen. Das zögerliche Vorgehen von Staat und Justiz hat mit dazu beigetragen, dass es in der Autoindustrie bis heute an Unrechtsbewusstsein fehlt", betont ND.Der Tag.
Die BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN aus Karlsruhe sehen den Dieselskandal als entscheidende Zäsur, Zitat: "...an der die erfolgsverwöhnten deutschen Autokonzerne die Zukunft verloren haben. Dieser Makel haftet auch an ihren Managern, selbst wenn sie die Gerichtssäle als freie Menschen verlassen. Sie haben in einem entscheidenden Augenblick versagt."
Der NORDBAYERISCHE KURIER aus Bayreuth klingt kaum weniger erbost. "Im Dieselskandal versuchte die Autoindustrie lange, mit billigen Technologien Gewinne zu erzielen und die Folgen ihres Kalküls auf Kunden abzuladen. Von vielen Dieselverfahren geht das ungute Signal aus, dass sich Skrupellosigkeit lohnen kann. Nicht zuletzt darin zeigt sich die Zahnlosigkeit des Rechtsstaats."
Im Erzbistum Köln haben Staatsanwaltschaft und Polizei mehrere Räumlichkeiten durchsucht - im Zuge von Ermittlungen gegen Erzbischof Woelki. "Eine Razzia gegen einen Kardinal - wegen des Verdachts des Meineids?", fragt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG. "Dafür gibt es Anhaltspunkte. Kein Zweifel, dass die Justiz ordentlich arbeitet. Gleichwohl drängt sich mitunter der Eindruck auf, hier sollen auch Sünden der Vergangenheit kompensiert werden. Sünden auch der Justiz. Missbrauch war viele Jahre lang kein Thema, die Opfer litten und blieben allein. Das gilt nicht nur für den in dieser Hinsicht schrecklichen Schonraum Kirche", unterstreicht die F.A.Z.
Hören Sie nun den KÖLNER STADT-ANZEIGER. "Niemand bezweifelt das hohe Gut der Unschuldsvermutung, auf das Kardinal Rainer Woelki sich nach der spektakulären Razzia beim Erzbistum Köln beruft. Nur fallen die Segnungen von Rechtsstaat und Demokratie manchen Kirchenmännern immer dann ein, wenn sie davon zu profitieren hoffen. Ansonsten gefallen sie sich darin, gegen 'Parlamentarismus' in der Kirche zu polemisieren und so etwas wie Machtbegrenzung oder Gewaltenteilung für absurde Ideen zu halten." So weit der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Und die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG bringt ihre Haltung in einer einzigen Frage zum Ausdruck. "Was muss eigentlich noch passieren, damit dem Vatikan klar wird, dass der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki nicht länger im Amt tragbar ist?" Das war die Presseschau.