16. August 2023
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Heute unter anderem mit diesen Themen: die geplatzte Reise von Außenministerin Baerbock nach Australien, Neuseeland und Fidschi und die vierte Anklage gegen den früheren US-Präsidenten Trump.

Die Piloten des Regierungs-Airbus A340 lassen kontrolliert Treibstoff ab, die fehlerhaft ausgefahrenen Landeklappen sind durch ein Signallicht rot beleuchtet.
Die Panne des Regierungsfliegers spielt auch eine Rolle in den Zeitungen. (dpa / Sina Schuldt)
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE schreibt zum ersten Thema: "Einen Staatsbesuch absagen zu müssen, weil ein altersschwacher Flieger nicht mehr will, ist für sich schon peinlich genug. Hätte die Ministerin für eine derart weite Strecke nicht eine modernere Maschine nehmen können? In den Sommermonaten ist die Flugbereitschaft alles andere als ausgebucht. Und überhaupt: Sollte eines der führenden Industrieländer für sein politisches Spitzenpersonal nicht eine Flugzeugflotte haben, die über jeden technischen Zweifel erhaben ist?" Sie hörten die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER ist ebenfalls ungehalten. "In Deutschland fließt Wasser auf die Mühlen jener, die schon länger glauben, dass Made in Germany nicht mehr für Qualität, sondern für Murks steht. Zu viele Baustellen, die wahrhaftigen im Straßenverkehr und auf Bahnstrecken und die politischen mit vielen ungelösten Problemen wie der hohen Inflation, der schwachen Konjunktur, den Folgen der Energiewende." So weit der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Ganz ähnlich sieht es die SCHWÄBISCHE ZEITUNG aus Ravensburg. "Das Airbus-Desaster der kaputtgesparten Bundesluftwaffe weist auf ein viel tiefer liegendes Problem hin: Deutschland fährt seit Jahrzehnten seine aus den 60er- und 70er-Jahren stammende Infrastruktur konsequent und sehenden Auges auf Verschleiß, investiert zu wenig in Neubau, Instandhaltung und Instandsetzung von Schienen, Straßen und Wasserwegen."
Die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz widerspricht. "Pannen bei Flugzeugen gehören ebenso wie Notfälle in der Luft zum fliegerischen Alltag. Mit den Missständen bei der Bundeswehr, bei der Bahn, im Straßen- und Brückenbau oder im Digitalen hat das nichts zu tun."
Auch das Magazin CICERO sieht den Sachverhalt erheblich gelassener. "Der Bundesrepublik Deutschland und ihren Bürgern ist dadurch, dass das Flugzeug der Flugbereitschaft nicht fliegen konnte, kein Schaden entstanden. Nichts, was für die Bürger dieses oder auch die irgendeines anderen Landes von großer Bedeutung wäre, ist dadurch verhindert worden. Der nicht stattgefundene Besuch der Außenministerin wird auch die bilateralen Beziehungen zu diesen Staaten sicher nicht zurückwerfen", zeigt sich CICERO überzeugt.
"Die wiederkehrenden Ausfälle der Regierungsflieger sind keine Kleinigkeit", hält die SÜDWEST PRESSE aus Ulm dagegen. "Denn die Gespräche, die Außenministerin Baerbock in den Pazifikstaaten führen wollte, betreffen wichtige Themen: den Krieg in der Ukraine zum Beispiel und die Folgen des Klimawandels für kleine Südseeinseln."
Auch das HANDELSBLATT betont, Baerbocks Reise habe sehr ernste Hintergründe gehabt. "Unser Wohlstand hängt direkt davon ab, dass Warenströme ungehindert von A nach B fließen können. Dazu gehört eine vernünftige Außenpolitik – mit vielen Reisen, auch nach Australien und Neuseeland. Auch der geplante Besuch in Fidschi fällt unter die Kategorie deutsches Eigeninteresse. Das Land ist nicht nur massiv vom Klimawandel betroffen. Die Inselgruppe war zudem die erste im Pazifik, die diplomatische Beziehungen zur Volksrepublik China aufgenommen hatte. Nun geht sie auf Distanz zur Führung in Peking und verweist darauf, dass dort ein anderes politisches System herrscht. Ein kleines Land wendet sich von einem übergroßen Partner ab und demokratischen Ländern zu - die Reise von Baerbock wäre in dieser Situation ein wichtiges Signal der Unterstützung an die Inselnation gewesen und an jene Länder, die vor ähnlichen Entscheidungen stehen", unterstreicht das HANDELSBLATT.
ZEIT ONLINE greift den Gedanken auf. "In dieser sich neu ordnenden Welt werden selbst kleine Länder wie Fidschi von chinesischen, australischen und US-amerikanischen Politikern besucht. Ein deutsches Regierungsmitglied aber war noch nie da. Für Fidschi ist die geostrategische Diskussion zweitrangig, für die Inselbewohner geht es um den Klimawandel. Fidschi kämpft als eine von vielen südpazifischen Inseln um seine Existenz. Wenn die Welt nicht endlich umsteuert, werden die Inseln irgendwann vom Meer verschluckt sein." Das war ein Auszug aus ZEIT ONLINE.
Themawechsel. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG befasst sich mit der Frage, wie viel Vertrauen die Bürgerinnen und Bürger in die Handlungsfähigkeit des Staates haben. Zitat: "Er kann’s nicht. So in etwa lässt sich die Antwort der Bürger zusammenfassen. Der Beamtenbund stellt diese Frage jedes Jahr. Diesmal markiert das Ergebnis einen Tiefpunkt. Nur noch 27 Prozent finden, der Staat sei in der Lage, seine Aufgaben zu erfüllen. Das ist ein glasklares Misstrauensvotum, das gleichzeitig den idealen Nährboden bildet fürs zersetzende Geschäft der Populisten", stellt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG fest.
"Die Menschen in Deutschland erwarten zurecht, dass Probleme nicht nur in Wahlkampfreden beschrieben, sondern endlich auch gelöst werden", fügt DIE GLOCKE aus Oelde hinzu. "Damit der Staat seinen Aufgaben künftig überhaupt noch gerecht werden kann, müssen zwei Dinge absoluten Vorrang haben: Bürokratieabbau und Digitalisierung - denn der Fachkräftemangel wird auf allen behördlichen Ebenen schon jetzt spürbar, droht deren Funktionsfähigkeit zu gefährden und das Vertrauen in unseren Rechtsstaat weiter zu erschüttern." Das war die GLOCKE.
"Für vieles gibt es Lösungen - nur einfach sind sie nicht", ergänzt das FREIE WORT aus Suhl. "Umso wichtiger ist es, dass die Regierung sich darauf konzentriert, den Staat zu reformieren und Vertrauen zu schaffen. Zuletzt hat sich die Ampelkoalition vor allem mit sich selbst beschäftigt. Jetzt muss sie handeln."
Nun zur vierten Anklage gegen den früheren US-Präsidenten Trump. "Der bevorstehende Prozess in Georgia könnte der gefährlichste für Trump werden", urteilt die FRANKFURTER RUNDSCHAU. "Wer den Schriftsatz von Bezirksstaatsanwältin Fani Willis liest, bekommt den Eindruck, dass sie als Erste die Struktur des Umsturzversuchs in die richtige juristische Form bringt: Sie behandelt Trump wie einen Mafiaboss und seine 18 Helfer wie kriminelle Komplizen. Auch sonst ist einiges anders: Viele Belastungszeugen in dem konservativen Staat sind – wie Innenminister Brad Raffensperger – Republikaner. Das erhöht die Glaubwürdigkeit", meint die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Auch die Zeitung ND.DER TAG hält die Anklage für inhaltlich begründet und politisch richtig. "Wer beim Wahlleiter anruft und ihn bittet, die für den eigenen Sieg fehlende Anzahl Stimmen zu 'finden', will keine Verfahrensfehler aufdecken, sondern betrügen. Die Beweislast gegen Trump und seine Mitarbeiter wiegt schwer. Die Intention, das Ergebnis einer demokratischen Wahl zu verfälschen, ist deutlich zu erkennen. Dass die Gruppe dabei offenbar auch vor Einschüchterungsversuchen nicht zurückschreckte, rechtfertigt eine Anklage nach Paragrafen zu organisierter Kriminalität durchaus", glaubt ND.DER TAG.
"Der vielleicht größte Unterschied zu den bisherigen Verfahren ist: Der Prozess ist öffentlich", schreibt die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG. "Es wird also Fernsehbilder geben. Erstmals kann sich Trump nicht als Triumphator inszenieren, sondern wird der Öffentlichkeit auf der Anklagebank als der gezeigt, der er ist: ein krimineller Politpate und Verbrecher."
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG weist auf einen anderen Aspekt hin. "Auch die Bezirksstaatsanwältin Fani Willis in Georgia ist eine Demokratin - so ist das in einem Land, in dem auch Staatsanwälte, oft nach teuren und heftigen Kampagnen, direkt gewählt werden. Für Trump ist es dadurch leicht, sie als Marionette Joe Bidens zu schmähen. Dabei geht hier gerade nicht 'Bidens' Bundesstaatsanwaltschaft gegen Trump vor, sondern die Justiz eines Bundesstaates, in die der Präsident nicht hineinregieren könnte." Das war zum Abschluss der Presseschau die F.A.Z.