25. August 2023
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Heute mit Stimmen zur Ankündigung der BRICS-Gruppe, sechs weitere Staaten aufzunehmen. Weiteres Thema ist die Debatte über den Industriestrompreis. Doch zunächst geht es um den Chef der russischen Söldnertruppe Wagner, Prigoschin, der mutmaßlich bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen ist.

Ein Mann entzündet Kerzen an einer informellen Gedenkstätte neben dem ehemaligen PMC-Wagner-Zentrum in St. Petersburg.
Der russische Präsident Putin hat den mutmaßlichen Tod des Chefs der Privatarmee Wagner, Prigoschin, bei einem Flugzeugabsturz indirekt bestätigt. (Dmitri Lovetsky / AP / dpa / Dmitri Lovetsky)
Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG bemerkt: "Das Mitleid mit dem Opfer hält sich weltweit eher in Grenzen. Denn Prigoschin war selbst ein Mörder. Gleichwohl bleibt die Nachricht erschütternd. Dies hängt damit zusammen, dass der Absturz allem Anschein nach gezielt herbeigeführt wurde durch einen Abschuss oder eine Explosion an Bord – und zwar auf Geheiß des russischen Präsidenten Wladimir Putin höchstpersönlich. Hier zeigt sich einmal mehr ein Mafiastaat. Ja, theoretisch wäre denkbar, dass Prigoschin gar nicht tot ist, sondern sein Tod inszeniert wurde. Doch praktisch spricht alles gegen diese Theorie", meint die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf unterstreicht, der russische Präsident Putin habe Prigoschins Tod indirekt bestätigt: "Das ähnelt einem Bekennerschreiben aus Moskau. Zugleich ist so viel unklar, dass alle möglichen Theorien und Verschwörungstheorien im Umlauf sind. Einerseits Indizien zu streuen, deutliche Pfade Richtung Moskau zu legen, unerbittliche Rachelust zu demonstrieren und andererseits Räume für aberwitzige Deutungen zu lassen, sorgt für maximale Verunsicherung, für Angst und Schrecken. Das ist das Ziel von Terror. Mit diesem Machtmittel hält Putin sein Land in Schach", notiert die RHEINISCHE POST.
Die FREIE PRESSE auch Chemnitz findet: "Es wird immer schwieriger, die Geschehnisse im heutigen Russland logisch zu erklären. Die Version, dass die Ukraine das Flugzeug abgeschossen hat, ist nicht einmal für die Propaganda interessant. In den Berichten wird die Möglichkeit einer Explosion in Betracht gezogen. Putins berechnende Natur ist nicht zu bezweifeln. Er konnte Prigoschin den Coup vor zwei Monaten nicht verzeihen, er wollte einen außer Kontrolle geratenen Mann, der Standorte der Präsidentenbunker kennen könnte, nicht mehr in seiner Nähe haben. Aber bedeutet das volle Vernichtung oder nur eine Verbannung?", fragt die FREIE PRESSE.
Mit Sicherheit könne im Moment nur eines gesagt werden, vermerkt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Prigoschins Tod ist ein weiterer Schritt in jener Erosion des russischen Staates, die für Putins Herrschaft seit Jahren kennzeichnend ist. In einem Land mit funktionierenden Institutionen - ganz gleich ob autoritär oder demokratisch regiert - würden die Anführer eines erfolglosen bewaffneten Aufruhrs vor Gericht gestellt. In Putins Reich dagegen wird im Stil krimineller Banden abgerechnet. Das lässt Schlimmes für Russlands nahe Zukunft ahnen", heißt es in der F.A.Z.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG beschreibt Kremlchef Putin als "Meister des Machterhalts": "Dass er acht Wochen nach dem Wagner-Aufstand gestärkt aus dem Konflikt hervorgeht, ist eine bittere Nachricht für die Ukraine und ihre Verbündeten. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass Putins Herrschaftssystem kollabiert, tendiert jetzt gegen null. Auf wichtigen Ebenen hat der Machthaber Säuberungsaktionen vorgenommen und zugleich die eigene Garde massiv aufgerüstet. Auch an der Front in der Ukraine zeigt sich, dass Russland aus seinen Fehlern des Vorjahres gelernt hat. Die Großoffensive Kiews war bislang eine schmerzhafte und verlustreiche Enttäuschung. Der Westen sollte sich fragen, wann der Zeitpunkt gekommen ist, um mit dem Kreml ernsthaft über einen Waffenstillstand zu verhandeln." Das war die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Themenwechsel. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG geht ein auf die BRICS-Gruppe, die die Aufnahme sechs neuer Mitglieder angekündigt hat: "Mit den Neumitgliedern Argentinien, Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten hat sich die Brics-Gruppe - Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika - vollends in einen wilden Haufen verwandelt. Schon die iranisch-saudische Konstellation mutet kurios an. Überhaupt steht die Aufnahme Irans im Widerspruch zu aller Vernunft, die selbst China aus Angst vor nuklearer Proliferation entwickeln müsste. China ist der erste Nenner, auf den sich diese disparate Staatengruppe einigen kann. China als Geldgeber, als Autokraten-Patron, als Handelssupermacht bietet allen anderen zehn Staaten mehr Vorteile als Nachteile. Xi Jinping ist deshalb mehr als der heimliche Anführer dieser neuen Brics", vermutet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
In der MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der unter anderem die PASSAUER NEUE PRESSE gehört, ist zu lesen: "Bereits jetzt fällt es den BRICS schwer, kohärente Entscheidungen zu treffen, weil sie in Politik und Wirtschaft unterschiedliche Prioritäten setzen. So sind Indien und China auf wichtigen Feldern mehr Rivalen als Partner. Und während sich Peking und Moskau vom Westen abgrenzen wollen, sind die anderen drei Staaten nicht willig, die Beziehungen zu den USA aufs Spiel zu setzen. Die BRICS-Vergrößerung ist zwar ein Signal, das der Westen nicht ignorieren kann, allerdings müssen die dann elf Staaten auch erst einmal eine gemeinsame Linie finden. Und das war schon zu fünft schwer", argumentiert die MEDIENGRUPPE BAYERN.
Die Zeitung DIE WELT urteilt in ihrer Online-Ausgabe wie folgt: "Dieser BRICS-Club ist eine Gesellschaft mit beschränkter Bodenhaftung, deren Mitgliedschaft gerade den Neuzugängen eine Gelegenheit bietet, dem Westen mit einer Hand eine lange Nase zu zeigen, während man die andere nach Handelsverträgen, militärischer Rückversicherung und Entwicklungshilfe ausstreckt. Gelassenheit ist angesagt."
Nun noch Stimmen zur Debatte über den Industriestrompreis. Der TAGESSPIEGEL hebt hervor, nun fordere die SPD-Bundestagsfraktion in einem Konzeptpapier einen "staatlich gedeckelten Strompreis für energieintensive Unternehmen. Das ist sachlich wie machtstrategisch bemerkenswert, stellen sich die Abgeordneten damit in einer zentralen Debatte gegen den eigenen Bundeskanzler. Während nämlich Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Gewerkschaften, Industrie, Teile der CDU, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und SPD-Chef Lars Klingbeil seit Wochen für einen sogenannten Industriestrompreis plädieren, hat sich Olaf Scholz erst kürzlich dagegen ausgesprochen. Nach langem Lavieren, wieder einmal. Damit steht Scholz abermals an der Seite der chronisch gekränkten FDP, wieder einmal. Ist dieser erkennbare Widerspruch, diese Positionierung der SPD-Fraktion und – siehe Klingbeils Einlassungen – der Partei zu ihrem Kanzler eine Zäsur? Es wäre der Sozialdemokratie zu wünschen. Seit Beginn der Ampelkoalition nämlich versammelt sich die SPD nicht nur hinter Scholz. Sie versteckt sich hinter ihm", beobachtet der TAGESSPIEGEL.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) betont, von einem Aufstand der SPD-Fraktion gegen den Kanzler könne keine Rede sein. Und dennoch: "bedarf es schon der sozialdemokratischen Sehnsucht nach immerwährender Harmonie, um darüber hinwegzugehen, dass Absage an einen Industriestrompreis und der Aufruf, einen solchen zu installieren, sich diametral gegenüberstehen. Die Fraktion hält zwar ihrem Genossen im Kanzleramt die Tür auf, indem sie darauf verweist, Scholz habe ja nur von dauerhaften Subventionen gesprochen, die er nicht will, aber ob der durch diese Tür auch hindurchgeht, ist völlig offen", schreibt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG
Der NORDBAYERISCHE KURIER aus Bayreuth erwartet: "Eine Lösung, die alle gerecht finden, wird es nicht geben. Klar ist: Die Ampel muss für den Erhalt der Industrie etwas tun. Der übliche Ablauf bei der Ampel ist, dass erst lange nichts geschieht, dann hektisch jeder eine andere Idee vorlegt - und am Ende ein kompliziertes, viel zu bürokratisches Ergebnis herauskommt. Denn so können alle behaupten, sich irgendwie durchgesetzt zu haben. Wie wäre es mit einem im Stillen entwickelten schlüssigen Gesamtkonzept? Das wäre mal etwas Neues für die Ampel." Das war zum Ende der Presseschau der NORDBAYERISCHE KURIER.