
Es geht dabei um ein antisemitisches Flugblatt, das Aiwangers Bruder verfasst haben soll. Die FRANKENPOST aus Hof schreibt dazu: "Sechs Wochen vor der Landtagswahl in Bayern gibt es im bislang äußerst behäbig dahinplätschernden Wahlkampf nun doch ein Thema, vielleicht sogar das Thema. Es ist eklig. Es ist widerlich. Es ist menschenverachtend. Es ist antisemitisch. Und es gehört zweifelsfrei geklärt. So schnell wie möglich", verlangt die FRANKENPOST.
Nach Ansicht der BADISCHEN ZEITUNG ist für das Flugblatt - Zitat - "ein Wort wie eklig zu klein. Ist die Tatsache, ob jemand ein solches Flugblatt geschrieben oder zumindest verteilt hat, auch Jahrzehnte später relevant dafür, ob er ein wichtiges Regierungsamt innehaben kann oder nicht? Eindeutig ja. Das Mindeste, was man erwarten muss, sind eine Entschuldigung, eine echte Auseinandersetzung mit dem eigenen Tun - und Ehrlichkeit darüber, was geschehen ist. Der bayerische Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger weist den Vorwurf vehement zurück, als damals 17 Jahre alter Schüler das Flugblatt verfasst zu haben. Aiwanger aber hat zugegeben, dass in seiner Schultasche 'ein oder wenige Exemplare' des Flugblatts gefunden wurden. Ob er es weitergegeben habe, daran will sich Aiwanger heute nicht erinnern. Lückenlose Aufklärung sieht anders aus", befindet die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG ist überzeugt, dass sich der Inhalt des Flugblatts nicht als 'Jugendsünde' abtun lässt: "Wer mit antisemitischen Formulierungen um sich wirft, die an Menschenverachtung nicht zu überbieten sind, hat ein Charakterproblem und kann sich nicht mit der 11. Klasse und Minderjährigkeit herausreden. Er kann nur hoffen, dass es zur Kultur seines Landes gehört, jedem Lümmel zuzugestehen, aus Fehlern gelernt zu haben und zur Vernunft gekommen zu sein", heißt es in der F.A.Z.
Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG beleuchtet die Reaktion des Politikers näher. "Aiwanger steht in der Versuchung, sich als verfolgte Unschuld zu gerieren und noch härter als bisher schon zuzulangen, auch gegenüber 'den Medien'. Damit wäre er im AfD-Sound und könnte laut den Umfragen punkten. Im Freistaat ist schon jetzt eine Verrohung festzustellen. Und man erkennt genau, wie CSU-Regierungschef Markus Söder austariert, ob eine eher sachliche Kritik an der Ampel bei den Wählern ankommt oder aber ein aggressives Draufhauen", stellt die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG heraus, die in Halle an der Saale erscheint.
Der MÜNCHNER MERKUR ist der Meinung, dass die Enthüllungen den bayerischen Ministerpräsidenten Söder in eine schwierige Lage bringen: "Der CSU-Chef mag häufig schwanken. Felsenfest aber steht schon seit Jahrzehnten sein Bekenntnis, die CSU müsse die Schutzmacht der in Bayern lebenden jüdischen Mitbürger sein. Der Skandal um seinen abgründigen Stellvertreter beschmutzt das Ansehen der Staatsregierung und Bayerns und lastet vor der Landtagswahl als Hypothek auch auf dem Landesvater", hebt der MÜNCHNER MERKUR hervor.
ZEIT ONLINE findet den Wahlkampf in Bayern nun "plötzlich wieder spannend": "Für die bayerische Opposition steckt in dem Fall eine Chance, allen voran für die Grünen. Sie haben sich seit der vergangenen Landtagswahl als zweitstärkste Kraft in Bayern etabliert, auch wenn sie diesen Platz derzeit gegen die AfD verteidigen müssen. Doch während im vergangenen Landtagswahlkampf eine schwarz-grüne Koalition als möglich galt, schienen die Grünen diesmal von jeder Machtoption ausgeschlossen zu sein. Sollte Söder nun gezwungen sein, seinen bisherigen Koalitionspartner fallen zu lassen, wären die Grünen möglicherweise zurück im Spiel", analysiert ZEIT ONLINE.
Für die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG ist jedenfalls klar: "Der bayerische Landtagswahlkampf droht schmutzig zu werden. Und gefährlich. Man wünscht sich in der überhitzten Situation eine Art Anstandskodex der demokratischen Parteien: dass es um eine Landtagswahl geht, dass die Bewerber um die besten Konzepte für den Freistaat ringen. Und dass Hetze und Lügen draußen bleiben", lautet die Bitte der LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.
Themenwechsel: Die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG aus Heide blickt voraus auf die Regierungsklausur auf Schloß Meseberg, die morgen beginnt: "Dann müssen Kanzler Scholz und sein Kabinett liefern. Die Bundesregierung ist mit einer Bruchlandung in die zweite Halbzeit der Legislaturperiode gestartet – und das, ohne vorher zu einem politischen Höhenflug angesetzt zu haben. Im Gegenteil: Der Bundesadler befindet sich im Sinkflug. Wenn es Olaf Scholz nicht gelingt, in seine Ministerriege Regierungsdisziplin zu implantieren, wird der von ihm geäußerte Wunsch nach einer zweiten Legislaturperiode der Ampel-Koalition unerfüllt bleiben", glaubt die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG.
"Der Kanzler bleibt trotzdem optimistisch", beobachtet die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG. Nicht nur die Ausgestaltung der Kindergrundsicherung werde geklärt, sondern Scholz setze sogar noch einen drauf: "Der Kanzler will ein flächendeckendes Netz an möglichst gebührenfreien Krippen und Kitas. Nun ist es zweifelsohne richtig, dass gerade in schwierigen Zeiten ein Regierungschef Zuversicht ausstrahlen sollte. Das hilft aber nichts, wenn zugleich der Eindruck vermittelt wird, Probleme würden nicht ernst genommen. So fördert man Verdruss auf Politik, nicht die Zustimmungswerte", warnt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Und der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER erinnert: "Wer Führung bestellt, bekommt sie auch, hat Olaf Scholz nicht nur zu Beginn seiner Kanzlerschaft vollmundig erklärt. Die Kabinettsklausur wäre eine ideale Gelegenheit, diese Worte mit Leben zu erfüllen. Es ist höchste Zeit, dass der Kanzler seine Ministerriege an die Kandare nimmt und sie daran erinnert, dass sie einen Eid abgelegt haben, alles zum Wohle des deutschen Volkes zu unternehmen. Nicht für das eigene Ego." Das war der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
DIE TAGESZEITUNG lenkt unseren Blick nach Simbabwe, wo Präsident Mnangagwa nach der Wahl an der Macht bleibt - und damit auch die ehemalige Befreiungsbewegung ZANU: "Deren Befreiungskampf liegt inzwischen zwar ein halbes Jahrhundert zurück, aber auch 43 Jahre nach der Unabhängigkeit dominiert er das offizielle politische Selbstverständnis des Landes. Dabei mangelt es nicht an Versuchen, neue Verhältnisse zu schaffen. Die ersten Oppositionsbewegungen gegen die immer offensichtlichere Misswirtschaft der ZANU-PF entstanden schon in den 1990er Jahren. Aber Diktator Robert Mugabe antwortete mit einer populistischen Hetzkampagne und staatlich sanktionierten Landbesetzungen, flankiert von brutaler Unterdrückung aller Kritiker. Nun zeigt sich: Auch Mugabes Sturz aus den eigenen Reihen hat an diesen Verhältnissen nichts geändert. Es gibt zwar eine neue Opposition mit neuen Gesichtern, aber eben auch ein altes Regime. Und das Regime hat die Macht. So einfach ist das. Und so bitter", bedauert die TAZ.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG findet das Wahlergebnis zynisch: "Die desolate Wirtschaftslage, die hohe Arbeitslosigkeit, die galoppierende Inflation, die grassierende Armut, der Massenexodus der Jungen und Gebildeten – all das schadet dem Ansehen der Regierung zwar, es stützt sie aber auch. Der Zerfall stärkt die Abhängigkeit ihrer Anhänger und schwächt die finanziellen, moralischen und menschlichen Ressourcen der Opposition. Einschüchterungen vor und während der Wahl tun ihr Übriges. 'Citizens Coalition for Change' heißt die Partei von Oppositionsführer Chamisa. Doch auf den Wandel, den sie verspricht, wird das Land weiter warten müssen." Mit dieser Analyse der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG zur Wahl in Simbabwe endet die Presseschau.