08. September 2023
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Kommentiert werden die Debatte über einen Industriestrompreis und der von Bundeskanzler Scholz angebotene sogenannte Deutschland-Pakt zur Modernisierung des Landes. Zunächst geht es aber um Bundesinnenministerin Faeser.

Bundesinnen- und Sportministerin Nancy Faeser (SPD) sitzt bei der Bundespressekonferenz vor den anwesenden Medienvertreterinnen und -vertretern.
Bundesinnenministerin Faeser gerät im Zusammenhang mit einer Personalentscheidung zunehmend unter Druck. (IMAGO / Bernd Elmenthaler / IMAGO / Bernd Elmenthaler)
Sie gerät im Zusammenhang mit der Entlassung des Chefs für Cybersicherheit, Schönbohm, zunehmend unter Druck. Dazu schreibt der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER: "Schon als Nancy Faeser ihre Spitzenkandidatur im hessischen Wahlkampf bekannt gab, wurde gemutmaßt, dass das zu Konflikten mit ihrer Position als Bundesinnenministerin führen könnte. Doch Faeser wollte ihr bundespolitisches Amt nutzen, um in Hessen zu punkten. Nun kommt es anders: Das Amt wird zur Belastung. Sie steht in der Kritik, einen hohen Beamten vorzeitig entlassen und hinterher ihre Position missbraucht zu haben", beobachtet der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Die Ministerin hat in der Personalie Schönbohm nicht an zwei anberaumten Sitzungen des Innenausschusses teilgenommen. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG notiert dazu: "Das ist Missachtung des Parlaments: Die Regierung sollte nicht vergessen, dass sie vom Parlament abhängt. Schon deshalb, aber auch aus Respekt vor dem Souverän sollte Bundesinnenministerin Faeser dem Innenausschuss Rede und Antwort stehen. Es geht um den Vorwurf einer Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes, den die SPD-Politikerin, die als Spitzenkandidatin in Hessen antritt, offenbar im Fall des einstigen Chefs des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik eingespannt hat. Dazu muss sie Stellung nehmen. Faeser versetzte den BSI-Präsidenten aufgrund von Anschuldigungen einer ZDF-Spaßsendung, die zugleich als strenge Wahrheitsanstalt wirkt. Doch selbst wenn man der Ansicht ist, Satire dürfe wirklich alles, und die Medienfreiheit sei grenzenlos, so sollte doch niemand einem Clown blind folgen", meint die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder ist ähnlicher Meinung: "Der Innenausschuss im Bundestag bestellt die Bundesinnenmisterin gleich zweimal ein, um sie zu Vorfällen rund um die Absetzung des ehemaligen Chefs des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik zu befragen - und Nancy Faeser kommt einfach nicht. Ließ sie sich in der ersten Sitzung noch aus 'medizinischen Gründen' entschuldigen, wird das politische Schmierentheater bei der zweiten Einladung endgültig offenkundig - schließlich nimmt die Innenministerin den restlichen Tag hinweg zahlreiche Termine wahr. Ihre Verweigerung, zur Aufarbeitung des komplizierten Falls Schönbohm beizutragen, ist, man muss es so deutlich sagen, schlichtweg respektlos gegenüber dem Parlament", urteilt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
"Eine glückliche Figur gibt Bundesinnenministerin Nancy Faeser derzeit nicht ab", heißt es im SÜDKURIER aus Konstanz: "Die SPD-Politikerin hat sich viel vorgenommen - vielleicht zu viel. Am Kabinettstisch von Bundeskanzler Scholz ist sie für die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zuständig, zugleich will sie Ministerpräsidentin in ihrem Heimatland Hessen werden. In Berlin Ministerin, in Wiesbaden Wahlkämpferin: Das kann nicht gut gehen und geht im Falle Faesers auch nicht gut. Der Zickzackkurs zwischen Bundes- und Landespolitik kostet zwangsläufig Glaubwürdigkeit. Das Lavieren im Gezerre um den abgelösten Sicherheitsamtschef Schönbohm macht alles nur noch schlimmer", findet der SÜDKURIER.
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz hält fest: "Ganz entspannt sah Nancy Faeser auf der Regierungsbank im Bundestag aus, zwischendurch holte die Innenministerin sogar eine Tüte Bonbons raus. Man sah ihr nicht an, dass sie gerade ein Problem hat. Es heißt Arne Schönbohm. Nun verlangt die Union erneut, den Vorfall aufzuklären. Dass die sich gerade jetzt mit der Causa Schönbohm beschäftigen will, hängt sicher mit der nahenden Hessen-Wahl zusammen. Aber auch damit, dass nun weitere Anschuldigungen gegen Faeser bekannt geworden sind. Sie soll gebeten haben, den Verfassungsschutz zu Schönbohm abzufragen. Ob das illegitim war, ist nicht so klar, wie die Union das darstellt. Aber eine persönliche Erklärung verlangt es in jedem Fall. Bis zur Hessen-Wahl aussitzen lassen sich die Vorwürfe wohl nicht. Gerade der Wahlkampf dürfte dafür sorgen, dass Faesers Gegner nicht lockerlassen", vermutet die FREIE PRESSE.
Die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG aus Heide sieht es so: "Es hatte schon skurrile Züge, wie Faeser die Abservierung von Arne Schönbohm als Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik betrieb – angestoßen vom ZDF-Hofnarren Böhmermann, von Faeser vorangetrieben mit dem Vorwurf einer zu großen Russlandnähe, wobei sie die eigenen Mitarbeiter offenbar noch überzeugen musste. Wenn sie auf der Suche nach halbwegs befriedigenden Ergebnissen dazu noch den Verfassungsschutz eingespannt hätte, wäre sie untragbar – aber auch für eine Nancy Faeser gilt die Unschuldsvermutung", unterstreicht die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG.
Themenwechsel. Die Länderchefs sind sich einig: Industrieunternehmen sollen für gewisse Zeit einen niedrigeren Strompreis zahlen und so entlastet werden. Die Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der der DONAUKURIER aus Ingolstadt gehört, führen aus: "Statt vereint gleich bei der EU-Kommission in Brüssel vorstellig zu werden, um für Unterstützung für verbilligten Strom für energieintensive deutsche Industriezweige zu werben, wäre es vielleicht zielführender gewesen, hätten die 16 deutschen Landesfürsten zunächst dem Bundeskanzler einen Überzeugungsbesuch abgestattet. Denn Scholz ist bisher gegen eine solche Subvention - zumindest solange, bis die erneuerbaren Energien und Stromleitungen es ermöglichen, Strom billiger zu produzieren und zu liefern. Er weiß dabei Finanzminister Lindner an seiner Seite, in krassem Widerspruch zu Wirtschaftsminister Habeck. So oder so ist zunächst einmal die Ampelregierung an der Reihe, bevor die EU Ja oder Nein sagen kann", gibt die MEDIENGRUPPE BAYERN zu bedenken.
Die OLDENBURGISCHE VOLKSZEITUNG, die zu den OM-MEDIEN gehört, merkt an: "Wenn Parteizugehörigkeiten in der Debatte plötzlich keine Rolle spielen, muss die Lage verdammt ernst sein. Und das ist sie auch. Wegen der hohen Strompreise gerät die deutsche Wirtschaft immer mehr ins Hintertreffen. Am Ende dürften der Bund und damit die Steuerzahler die Zeche zahlen. Möglich, dass das notwendig ist, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu retten. Ein Land, das nicht in der Lage ist, auch nach dem Abschalten der letzten Atomkraftwerke einigermaßen günstigen Strom zu produzieren, hat in der Vergangenheit allerdings vieles falsch gemacht. Dass sich die EU-Kommission auf das Spiel einlässt, ist unwahrscheinlich. Würde sie der Bundesrepublik erlauben, ihre Unternehmen derart massiv zu subventionieren, dürfte das die anderen Mitgliedsstaaten auf den Plan rufen." So weit die OLDENBURGISCHE VOLKSZEITUNG aus Vechta.
In der NEUEN OSNABRÜCKER ZEITUNG ist zu lesen: "Die Energiepreise wurden und werden auch von der Bundesregierung künstlich nach oben getrieben; dies soll die Bürger bekanntlich dazu bringen, sparsamer damit umzugehen. Dass hohe Energiekosten die Kaufkraft der Bürger beschneiden und wichtige Industriezweige in Schwierigkeiten bringen, hätte man vorher wissen können. Ein verbilligter Industriestrompreis böte manchen Konzernen Entlastung – Steuerzahler, Handwerk und mittelständische Unternehmen müssten allerdings dafür aufkommen. Zudem konterkarierte er die aktuelle Energiewendepolitik. Absurd", bemerkt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Bundeskanzler Scholz ruft Bund, Länder und Kommunen dazu auf, die Modernisierung Deutschlands gemeinsam voranzutreiben. Die HEILBRONNER STIMME wirft ein: "Dass Bundeskanzler Olaf Scholz lange Zeit den Eindruck erweckt hat, es stehe bestens um unser Land, hat dazu geführt, dass der Ernst der Lage immer noch nicht jedem bewusst ist. Der Wohlstand Deutschlands muss jeden Tag hart erarbeitet werden. Gerne auch im Rahmen eines Deutschland-Paktes." Das war zum Ende der Presseschau die HEILBRONNER STIMME.