Sonntag, 28. April 2024

13. September 2023
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Mit Stimmen zur Finanzierung der Forschung zu Long Covid und zum Treffen von Russlands Präsident Putin mit Nordkoreas Diktator Kim. Zunächst aber geht es um eine Analyse der Bertelsmann-Stiftung, die besagt, dass die Ampel-Koalition ihre Vorhaben zu zwei Dritteln umgesetzt oder angegangen habe - nach außen aber ein zerstrittenes Bild abgebe.

13.09.2023
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, r) spricht im Bundestag bei der Befragung der Bundesregierung neben Christian Lindner (FDP, l), Bundesminister der Finanzen, und Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen, M), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, zu den Abgeordneten im Plenum.
Die Zwischenbilanz der Ampelkoalition ist Thema in den Zeitungen. (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
Die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG meint: "Die Studie selbst macht vor allem den Dauerstreit in der Koalition für das verheerende öffentliche Bild der Ampel verantwortlich. Doch, sorry, das greift zu kurz. Denn die schiere Masse der abgehakten Themen macht noch keine gute Regierung aus."
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG befindet: "Besonders im Jahr 2022 hat die Ampel im Wochentakt komplexe Gesetze vorgelegt, um die Bundeswehr aufzurüsten und dem Land einen kalten Winter samt Wirtschaftsabschwung zu ersparen. Sie hat auf die Zeitenwende richtig reagiert. Und nichts davon stand im Koalitionsvertrag. Danach allerdings hätte er neu geschrieben werden müssen. Statt anzuerkennen, dass der Ukraine-Krieg mit seinen Folgen den Energiemarkt, die Wirtschaft, die Staatsfinanzen und die Migrationspolitik dauerhaft vor neue Herausforderungen stellt, kehrten die Ampel-Koalitionäre Anfang dieses Jahres zum Business as usual zurück. Jeder will nun seine Punkte verwirklicht sehen – vom Heizungsgesetz über die Kindergrundsicherung bis zur Einhaltung der Schuldenbremse. Es werden keine Prioritäten gesetzt", kritisiert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Bei der MEDIENGRUPPE BAYERN, in der die PASSAUER NEUE PRESSE erscheint, ist zu lesen: "Es ist doch ein politisches Gesetz, dass 100 gute und gut gemachte Gesetze ein zentrales schlecht gemachtes, schlecht kommuniziertes nicht aufwiegen können. Das Heizungsgesetz ist dafür der beste Beleg. Es würde in einer quantitativen Zählung wohl als ein Versprechen gewertet. Und doch überlagert es in der Wirkung alles andere."
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg fragt: "Steht die Regierung also zu Unrecht in einem so schlechten Licht da? Wird ihre ach so gute Politik nur schlecht 'verkauft'? Das ist mitnichten so. Vielmehr hat die Ampel-Regierung in wesentlichen Politikfeldern bislang eine denkbar schlechte Performance hingelegt. Die Debatten um das umstrittene Heizungsgesetz sind da nur die Spitze des Eisberges. Vor allem Grüne und FDP geraten immer wieder heftig aneinander. Ein zaudernder Kanzler von der SPD lässt die Dinge laufen. Die Koalition befindet sich im ständigen Streitmodus und packt drängende Probleme wie die Migration, die unsere Kommunen ans Limit bringt, nur unzureichend an. Dass die Koalition bei den Menschen enorm an Ansehen und Vertrauen verloren hat, darf da wirklich niemanden ernsthaft überraschen", folgert die VOLKSSTIMME.
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER mahnt: "Der Blick ist immer noch zu sehr nach innen gerichtet. Zu viel Kraft und Zeit ist nötig, um zwischen den drei unterschiedlichen Partnern einen Konsens herzustellen. Schlechte Voraussetzungen fürs Regieren in Krisenzeiten. Auch wenn die Ampel das Beste daraus macht."
Die STUTTGARTER ZEITUNG thematisiert ein Gipfeltreffen in Berlin zum Umgang mit Long Covid: "Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat mehr angekündigt, als er liefern kann. Die Ampel wollte 'ein deutschlandweites Netzwerk von Kompetenzzentren und interdisziplinären Ambulanzen' schaffen. Aktuell gibt es drei Spezialambulanzen in Deutschland, sie haben teilweise Wartezeiten von einem Jahr. Trotzdem dürfte die Zahl so schnell nicht steigen, es fehlen Geld und Fachpersonal. Versprochen hatte Lauterbach auch 100 Millionen Euro für die sogenannte Versorgungsforschung. Nun macht der Haushalt nur 20 Millionen dafür frei, weitere 20 Millionen sollen über einen Fonds kommen. Auch hier: viel weniger als angekündigt. Gelöst wird das Problem so nicht", stellt die STUTTGARTER ZEITUNG fest.
DIE TAGESZEITUNG notiert: "Die Versorgung von Menschen mit Long Covid ist ein Desaster. Dass der Bundesgesundheitsminister nun mehr Geld für Versorgungsforschung, weniger Hürden für Studien, Therapierichtlinien für Ärzt*innen und die Kostenübernahme bei erfolgversprechenden Medikamenten ankündigt, ist überfällig. Die Finanzierung für eine systematische Versorgung von Betroffenen, wie sie eigentlich schon im Koalitionsvertrag versprochen war, bleibt aber ungesichert – und die Betroffenen bleiben ungezählt. Long Covid als 'gesamtgesellschaftliche Aufgabe', wie es Lauterbach einmal nannte – davon sind wir noch weit entfernt", konstatiert die TAZ.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG vermerkt: "Noch gibt es keine Heilung für Long Covid, noch sind viele Betroffene mit ihrem Leid allein. Die Versorgung der Langzeitopfer der Pandemie hat vor dem Hintergrund von Krieg und Wirtschaftskrise keine hohe Priorität für die Bundesregierung mehr, ganz gleich, wie gut die Argumente des Ministers sind. Keine Regierung kann wissenschaftlichen Fortschritt einfach so beschließen. Doch sie kann Rahmenbedingungen schaffen, die mehr Fortschritt ermöglichen. Für Long Covid, ein Problem von großer Tragweite, sind 40 Millionen nicht genug", moniert die F.A.Z.
Das Treffen von Nordkoreas Diktator Kim mit Russlands Präsident Putin beschäftigt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder): "Russlands Präsidenten Wladimir Putin dürfte es beim Treffen mit Kim Jong-Un nicht nur um die enormen konventionellen Munitionsvorräte gehen, über die Nordkorea mit seiner riesigen Armee verfügt. Es geht ihm darüber hinaus um das Zeichen: Russland ist nicht allein, trotz aller weltweiten Sanktionen wegen des Ukraine-Krieges. Die spannende Frage lautet allerdings: Was bekommt Kim im Gegenzug? Sicherlich nicht nur Agrarlieferungen, um die prekäre Nahrungsmittel-Lage zu lindern. Wie weit wird Russland gehen, um zum Beispiel Nordkoreas Atomwaffen- und Raketenprogramm mit Technologie zu unterstützen?", fragt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Der TAGESSPIEGEL aus Berlin erklärt: "Es geht um große Bilder, wenn sich in dieser Woche Russlands Präsident Wladimir Putin und Nordkoreas Diktator Kim Jong Un begegnen. Moskau braucht für den Krieg in der Ukraine Artilleriemunition und Kurzstreckenraketen, Pjöngjang hofft auf Nahrungsmittel für seine hungernde Bevölkerung und auf Waffentechnik, etwa für U-Boote. In ihren Ländern soll das Treffen als Erfolg verkauft werden. Außenpolitisch wollen Kim und Putin Stärke zeigen, die Welt erschaudern lassen. Die zwei Machthaber sind für die internationale Gemeinschaft unzugänglich, teils sogar unberechenbar geworden; sie verstecken sich hinter Angriffsdrohungen und versuchen, in westlichen Gesellschaften Verunsicherung zu säen", warnt der TAGESSPIEGEL.
Die CSU-Politikerin Bär hat ein Verbot der Prostitution in Deutschland gefordert. Der WESER-KURIER aus Bremen kommentiert: "Sind wirklich die Freier die Kriminellen? Dorothee Bär, CSU, will das glauben. Oder zumindest behaupten, dass sie das glaubt. Also fordert sie, käuflichen Sex zu verbieten und wenn er trotzdem stattfindet, allein die zu bestrafen, die zahlen. Das wird natürlich genauso brillant funktionieren wie das Verbot von Drogen. Also gar nicht. Nur der Schwarzmarkt für Sex wird halt noch größer. Und noch unkontrollierbarer. Die Prostituierten werden sich noch weniger zur Polizei trauen. Weil schon ihr Geschäft als solches illegal ist", glaubt der WESER-KURIER
Die BERLINER MORGENPOST argumentiert anders: "Im Jahr 21 nach der Legalisierung ist die selbstbestimmte Sexarbeit zu einer romantisch verklärten Wunschvorstellung von Freiern geworden, die sich in der Sicherheit wiegen können, nichts Verbotenes zu tun. Die Frage, unter welchen Bedingungen die Frau tätig ist, ob sie von einem Zuhälter abkassiert wird, ob sie massiv unter Druck gesetzt, misshandelt und ihrer Freiheit beraubt wird, muss sie nicht interessieren. Die Folge: Deutschland gilt als Bordell Europas - bei dem im Übrigen das Schicksal der Frauen unter dem Radar bleibt. Das passt nicht zu einer feministischen Politik."