"Es ist höchste Zeit, dass die EU-Staaten einen Migrationspakt samt gemeinsamer Asylreform vereinbaren, der auch hält, was er verspricht", fordert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG. "Neben der nötigen engeren Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern ist der Schutz der EU-Außengrenzen wohl die größte Herausforderung. Er muss viel konsequenter – technologisch und mit mehr Personal – betrieben werden als bisher. Denn nur so kann die Freizügigkeit innerhalb der Union mittelfristig gewährleistet werden. Italiens Premierministerin hat recht, wenn sie sagt, allein die Umverteilung von Flüchtlingen löse das Problem nicht – zumal die Umverteilung auch nicht wirklich klappt. Mit dem Versagen bei der Regelung der Einwanderung verspielt die EU das Vertrauen der Bürger; ihr halbherziges Handeln über Jahrzehnte wird bestraft", stellt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG fest.
Dass EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen nach Lampedusa reiste, sei in erster Linie ein Signal gewesen, notiert die SCHWÄBISCHE ZEITUNG aus Ravensburg. "In der Tat sind die Bilder der überfüllten kleinen Insel aufwühlend. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass sich das eigentliche Migrationsdrama nicht auf Lampedusa, sondern auf dem europäischen Festland abspielt, wohin die Menschen gebracht werden. Im Streit über die Migrationspolitik hat die EU es über Jahre versäumt, einen gemeinsamen Kurs zu finden, der einerseits humanitären Ansprüchen genügt, andererseits die Bevölkerung nicht überlastet."
Die NÜRNBERGER ZEITUNG schreibt: "Der Gedanke Von der Leyens, nicht die Schlepperbanden bestimmen zu lassen, wer nach Europa darf, sondern die europäischen Regierungen – dieser Gedanke hat viel für sich. So wie es jetzt läuft, bestimmen es schwerkriminelle, skrupellose Menschenhändler. Das entspricht nicht nur in keiner Weise unserem europäischen Wertesystem, sondern ist auch unzumutbar für alle Betroffenen", ist in der NÜRNBERGER ZEITUNG zu lesen.
"Es gibt einen Kontrollverlust", heißt es im MÜNCHNER MERKUR. "Und es ist moralisch nicht verwerflich, die Migration aktiv zu begrenzen. Wer dem Demokratieverdruss im Land begegnen will, sollte sich zunächst einmal ehrlich machen: Erstens muss man nicht nur mit der Türkei oder Tunesien, sondern auch mit schwierigsten Staaten wie Libyen zusammenarbeiten. Zweitens muss man sich – natürlich – mit Meloni arrangieren, wofür beispielsweise Söder seinen Vize Weber vor Kurzem noch öffentlich abkanzelte. Und drittens sollte man akzeptieren, dass es ohne unschöne Bilder nicht gehen wird", merkt der MÜNCHNER MERKUR an.
Das Politikmagazin CICERO konstatiert: "Deutsche Politik und vor allem die Medienmeinung werden immer noch wesentlich geprägt von den Träumereien, aber auch von handfesten materiellen Interessen eines No-Borders-No-Nations-Milieus. Und nicht wahrhaben will, dass Grenzenlosigkeit und die Nichtanerkennung von Staatlichkeit in letzter Konsequenz eben auch das Negieren des Sozialstaats bedeutet, weil dieser nur in einer begrenzten Solidargemeinschaft nachhaltig funktionieren kann. Die Überforderung des deutschen Sozialstaats ist jedem, der nicht aktiv die Augen davor schließt, offenkundig. Doch die Regierenden weiten die Leistungsversprechen sogar noch aus und stärken damit den Pull-Faktor, nämlich Deutschlands Attraktivität für Migranten", meint CICERO.
Für den REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER steckt die Politik in einer Selbstblockade: "Vorschläge wie die von CSU-Chef Söder wiederbelebte Obergrenze für Flüchtlinge sind unseriös und versprechen eine Lösung, die es so nicht geben wird. Dennoch erwarten die Bürger eine Antwort. Der Anfang wäre eine ehrliche Bestandsaufnahme und die Anerkennung, dass Deutschland und Europa ein Problem haben. Das sind nicht die Flüchtlinge, sondern der richtige Umgang mit ihnen. Es braucht wieder mehr Kontrolle in der Frage der Zuwanderung, sonst verlieren die Menschen vollends das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Politik", moniert der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Auch die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg hält eine Obergrenze für unrealistisch. "Wer Asyl beantragt, dessen Antrag muss geprüft werden - auch der Zweihunderttausendunderste. Fair wäre die Regel auch nicht. Sie würde jene bevorzugen, die früh im Jahresverlauf ihren Asylantrag stellen - und nicht jene, die besonders schutzbedürftig sind."
Polen hat offenbar Hunderttausende Arbeitsvisa gegen Schmiergeldzahlungen genehmigt. Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg analysiert: "Normalerweise will Polen mit Flüchtlingen aus Asien oder Afrika nichts zu tun haben. Von dieser Position ist die rechtsnationalistische PiS-Regierung keinen Millimeter abgewichen. Die einzige Ausnahme bisher - und die gleich in gehöriger Form - bilden die Ukrainer. Erst als Arbeitsmigranten, dann als Kriegsflüchtlinge gekommen, lebten zeitweise mehrere Millionen Menschen aus der Ukraine in Polen. Alle anderen sollen die Zäune an der Ostgrenze fernhalten. Wie nun bekannt wurde, haben polnische Konsulate hunderttausende Arbeitsvisa für Polen ausgestellt, die zur Durchreise in den Schengenraum berechtigen. Eine beispiellose Unverschämtheit gegenüber den EU-Partnern. Das Echo werden die PiS und Polen zu spüren bekommen", kommentiert die VOLKSSTIMME.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG glaubt, dass die Korruptionsaffäre die nationalkonservative Regierungspartei PiS in Bedrängnis bringen könnte. "Dass es korrupte Diplomaten in Konsulaten gab, die Visa verscherbelt haben, bestreiten nicht einmal alle PiS-Wahlkämpfer. Sie sprechen dann allerdings von nur einigen Hundert Fällen und einer von der Opposition aufgebauschten Affäre. Doch allein die auffällig hohe Zahl der an der deutsch-polnischen Grenze aufgegriffenen Migranten deutet darauf hin, dass es auch für Deutschland mehr als ein Skandälchen ist. Denn von Polen aus lässt sich im kontrollfreien Schengenraum leicht nach Westen weiterreisen", unterstreicht die F.A.Z.
Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat Über-60-Jährige und Menschen mit Vorerkrankungen zu einer weiteren Corona-Impfung aufgerufen. Der KÖLNER STADT-ANZEIGER befürwortet dies. "Der gewichtigste Grund für eine Impfung ist, dass das Coronavirus gefährlicher bleibt als zum Beispiel die Grippe. SARS-CoV-2 hinterlässt nicht selten irreversible Schäden im Körper. Es gibt Hinweise darauf, dass Long Covid auch mit der Zerstörung von feinsten Blutgefäßen zu tun hat. Und es sind gerade die Älteren und Personen mit Vorerkrankungen, die nach einer Infektion unter Langzeitfolgen wie Erschöpfung, Atembeschwerden, Gelenkschmerzen oder Schlafstörungen leiden. Dass es dafür noch keinerlei Therapie gibt, spricht erst recht für eine Auffrischimpfung", betont der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm sieht es positiv, dass beim Thema Corona Normalität eingezogen sei. "Heute gilt: Jeder muss sein Risiko selbst einschätzen. Und danach handeln. Wer sich in übervollen Bahnen unwohl fühlt, kann eine Maske aufsetzen. Wer meint, mit seinem 60. Geburtstag sei nun eine Auffrischungsimpfung nötig, kann das tun. Muss er aber nicht. Mittlerweile gibt es eine Grundimmunität in der Bevölkerung, durch Impfungen genauso wie durch Infektionen. Wer dreimal Viruskontakt hatte und halbwegs gesund ist, kann sich entspannen. Wobei Ausnahmen immer möglich sind. Aber das ist bei jeder Erkrankung so."
"Die neue Gelassenheit ist wohltuend", findet auch die FRANKENPOST aus Hof. "Es gibt keine Alternative dazu - denn die Gesellschaft kann es sich nicht leisten, dass ein Virus und eine verzweifelte Politik nochmals das Leben auf den Kopf stellen und das Land spalten. Aber ohne Eigenverantwortung und Rücksichtnahme, auf die Lauterbach ebenfalls ausdrücklich setzt, wird es nicht gehen." Mit diesem Kommentar aus der FRANKENPOST endet die Presseschau.