
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER bezeichnet den Asylkompromiss als einen "Schritt zu mehr Ehrlichkeit in der EU-Asylpolitik": "Die Eindämmung der irregulären Zuwanderung in die EU durch Entwicklungshilfe in den Herkunftsländern oder durch fragwürdige Deals mit Herrschern von Drittstaaten reicht nicht aus. Ein strikteres Vorgehen gegen illegale Migration hilft hoffentlich, den ein oder anderen von der lebensgefährlichen Reise abzuhalten. Gut also, dass Deutschland seine Blockade aufgegeben hat. Auch wenn man zähneknirschend auf höhere humanitäre Standards verzichtet, ist dieser Kompromiss besser als das erneute Scheitern der EU-Flüchtlingspolitik", unterstreicht der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG konstatiert: "Der europäischen, und auch der nationalen Asylpolitik hätte es gutgetan, wenn diese Einigung viel früher gekommen wäre. Denn es ist nicht die Aufweichung humanitärer Mindeststandards, die zu fürchten ist, sondern die fortgeschrittene Entkernung des Asylrechts durch Wirtschaftsflüchtlinge und mangelhafte Rückführungen. Zudem ist es eine politische Niederlage Deutschlands, dass erst eine Phalanx von Rechtspopulisten kommen musste, um Bewegung in die Sache zu bringen", heißt es in der F.A.Z.
Die Zeitungen der MEDIENGRUPPE BAYERN finden, dass neben einer europäischen Reform auch national neue Regelungen nötig seien. "Denn ohne abschreckende Botschaft, dass Deutschland künftig weniger Flüchtlinge aufnehmen will, werden wohl auch künftig mehr kommen, als vor Ort zu versorgen sind: Das heißt, mehr Grenzkontrollen und Einsatz gegen Schleuser, Beseitigung von Pull-Faktoren, also Abbau vergleichsweise hoher Sozialleistungen, womöglich Sach- statt Geldleistungen. Deutschland muss sich entscheiden zwischen Realitätsverweigerung aus humanitärer Gesinnung und dem Erhalt der gesellschaftlichen Stabilität."
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG sieht die europäische Krisenverordnung kritisch: "Es ist als Festung geplant und ähnelt einer aus Grausamkeiten aufgetürmten Barrikade, die Menschen aufhalten soll, die in Europa Schutz suchen oder auch nur eine Perspektive. In Lagern an den EU-Außengrenzen sollen sie künftig lange eingesperrt werden können, wenn sie zu viele sind. Mit einer humanen Flüchtlingspolitik hat das nicht mehr viel tun – und soll es auch nicht zu tun haben: Es geht kaum mehr um die Nöte und Rechte der Menschen, die kommen, sondern nur noch darum, dass weniger kommen. Nur: Ändert sich damit Entscheidendes für diese Migranten? Schon jetzt stehen ihre Rechte fast nur noch auf geduldigem Brüsseler Verordnungspapier. Pushbacks an den Außengrenzen hier, Durchwinken nicht registrierter Asylbewerber dort: In der Realität ist Europas Asylsystem längst zum weitgehend rechtsfreien Raum geworden", schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
"Knast, Schnellverfahren, abgesenkte Aufnahmestandards", resümiert die TAGESZEITUNG – TAZ. "Auch wenn die Ampel es anders darstellt: Die Möglichkeiten, einen Krisenfall auszurufen und so die durch die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ohnehin geplanten Einschränkungen der Flüchtlingsrechte weiter zu verschärfen, sind weit gefasst. Das bloße Ankommen der Unerwünschten wird so schon bald oft als 'Krise' gelten, der mit den Mitteln des Notstands begegnet werden darf. Das normale Recht für Schutzsuchende, ohnehin erodiert, wird, umgekehrt, nur noch in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen."
Zum ersten Mal in der US-Geschichte ist mit Kevin McCarthy ein Vorsitzender des Repräsentantenhauses durch ein Parlamentsvotum von seinem Posten abgesetzt worden. "Die USA sind politisch blockiert", analysiert der TAGESSPIEGEL. "Und die Uhr tickt. 14 Tage wollen die Republikaner sich Zeit nehmen, um eine Nachfolge für McCarthy zu suchen. Der brauchte 15 Wahlgänge, um sich durchzusetzen. So verrinnt die Zeit, die eigentlich zur Lösung des Budgetkonflikts nötig wäre. Eine Alternative wäre die parteiübergreifende Kooperation der Moderaten, um den Radikalen die Grenzen zu zeigen. Da drängt sich die Frage auf: Hätten moderate Demokraten den Sturz McCarthys verhindern und für seinen Verbleib im Amt stimmen sollen? Das klingt verführerischer und einfacher, als es ist. Opposition hat nicht die Aufgabe, der Mehrheitspartei aus der Patsche zu helfen. Im Einzelfall mag es nötig sein, an ihre Verantwortung für das Gemeinwohl zu appellieren. Aber das muss die Ausnahme bleiben. Die Opposition soll dieRegierung kontrollieren und eine Alternative zu deren Kurs anbieten", notiert der TAGESSPIEGEL.
"Nun herrscht Ratlosigkeit, während die USA erneut auf einen Shutdown zurasen", befürchtet das STRAUBINGER TAGBLATT. "Den Putschisten geht es nicht um das Wohl des Landes und seiner Bürger und schon gar nicht um das der Welt. Ihnen ist es völlig egal, wenn Russlands Diktator Putin sich die Ukraine einverleibt. Ihnen geht es um Zerstörung, um kompromisslose Polarisierung und das eigene Ego. Für sie ist Politik Krieg. Wir gegen die. Notfalls auch gegen die in der eigenen Partei."
Auch die HANNOVERSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG meint, dass es bei dem Konflikt nicht um die Sache gehe "Der ultrarechte bis rechtsextreme Flügel der Republikaner ist schlicht politikunfähig. Einige hassen den demokratischen Staat so sehr, dass sie ihm die Mittel abdrehen wollen. Andere sind Verschwörungsideologen, viele schlicht Krawallmacher und Selbstdarsteller, die sich für ihre wütende Basis inszenieren. So entpuppt sich der Sturz des Speakers als reine Kamikaze-Aktion. Ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin mit tragfähiger Mehrheit hinter sich ist aus naheliegenden Gründen nicht in Sicht", vermutet die HANNOVERSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG.
In Rom hat die Weltsynode der katholischen Kirche begonnen. Die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz ist der Ansicht, dass es höchste Zeit für einen Reformplan wäre. "Wenn der Papst nun 365 stimmberechtigte Mitglieder plus zahlreiche Experten zu einer einmonatigen Weltsynode einlädt und diese zu einem seiner wichtigsten Projekte erklärt, dann weckt das natürlich auch eine Erwartungshaltung. Nun wird in Rom aber wohl wieder einmal geredet - und nichts geregelt. Ein fatales Signal an alle reformwilligen Katholiken. Dass der Synodale Weg nicht mit, sondern trotz Rom vorangetrieben wird, daran mussten sich die deutschen Vertreter schon gewöhnen. Fest steht schon jetzt: Die Weltsynode wird sie in ihrem Reformprozess nicht unterstützen", prophezeit die ALLGEMEINE ZEITUNG.
"Papst Franziskus hat sich einen ganz besonderen Tag ausgesucht", hebt die NEUE PRESSE aus Coburg hervor. "Zum Gedenktag des heiligen Franz von Assisi, seinem Namensvetter, hat er ein apostolisches Schreiben veröffentlicht. Damit will er die Menschheit aufrütteln, die Klimakrise endlich ernst zu nehmen. Die klaren Worte des Papstes werden aber untergehen in all der aufgesetzten Geschäftigkeit, in der sich die katholische Kirche in den nächsten Tagen um sich selbst drehen wird."
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER moniert: "Die tiefen, teils unüberbrückbaren Differenzen über den künftigen Kurs der katholischen Kirche sind offenkundig. Sie verschwinden nicht, nur weil der Papst zur Eintracht mahnt und ideologische Kämpfe aus der Synodenaula hinausspiritualisieren will. Schon ein paar Meter weiter, im Vatikan, werden sie mit unverminderter Schärfe ausgetragen. Das Programmwort des Papstes für die Synode 'mehr Barmherzigkeit' klingt nur aufs erste Hören gut. In Lehre und Praxis der Kirche hat sich dahinter oft ein Gestus der Herablassung und Abwertung verborgen. Selbstreinigung der Kirche muss daher mehr umfassen als stilistische Retuschen." Mit diesem Kommentar aus dem KÖLNER STADT-ANZEIGER endet die Presseschau.