18. Oktober 2023
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Mit Stimmen zur Reise von Bundeskanzler Scholz nach Israel und zur Frankfurter Buchmesse. Zunächst aber geht es um den Terroranschlag in Brüssel.

Ein Polizist in blauer Uniform steht in Brüssel vor einem Polizeifahrzeug
Das Attentat in Brüssel ist Thema in den Zeitungen. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Martin Meissner)
Zwei schwedische Fußballfans in blau-gelben Trikots ihrer Mannschaft sind in Brüssel von einem mutmaßlichen Islamisten erschossen worden. Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg erklärt: "Frei und neutral - auf diesen Attributen gründet sich die Anerkennung Schwedens in der Welt. Beides ist so nicht mehr haltbar. Vor den Hass-Attacken von Islamisten ist Schweden nicht mehr sicher, weil das Land Koranverbrennungen nicht verboten hat. Und so wartet in Brüssel ein abgelehnter Asylbewerber und IS-Anhänger auf ein Fußballmatch zwischen Belgien und Schweden, um seine Waffe auf skandinavische Gäste zu richten und zwei von ihnen zu töten. Ein Schock für Brüssel. Ein Schock für den Fußball. Doch zuallererst erleben die Schweden ein Fiasko: Sie werden dafür abgestraft, das ihr Land immer Leuchtturm der Freiheit war", erinnert die VOLKSSTIMME.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt: "Das Land wird ohnehin gebeutelt. Die hohe Inflation, die migrantische Bandengewalt, der verhinderte NATO-Beitritt. Die öffentliche Debatte ist vergiftet, und von sofort an kann einen das Tragen eines Freizeitshirts in Lebensgefahr bringen. Als der Ministerpräsident Ulf Kristersson trotzig sagte, man müsse weiterhin 'stolz mit der schwedischen Flagge am Revers herumlaufen können, alles andere ist undenkbar', da wirkte das wie das Pfeifen im Walde. Der schwedische Fußballverband jedenfalls riet allen Fans davon ab, in Zukunft gelbblaue Trikots zu tragen", stellt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG fest.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG meint: "Ein trauriger Klassiker: Ein schon vor einiger Zeit abgelehnter Asylbewerber hat einen Terroranschlag in einer europäischen Hauptstadt verübt. Er erschoss zwei Schweden, offenbar wegen ihrer Herkunft. Auch wenn dahinter keine Fremdsteuerung stehen sollte, ist es doch einer jener Fälle, die auf die Einwanderungspolitik zurückfallen. Viele der Attentäter der vergangenen Jahre waren irgendwann als Schutzsuchende eingereist, waren den Behörden bekannt und auch teils durchaus aufgefallen, dann aber vom Radar verschwunden. Wie es nun in Brüssel hieß, waren sie wieder unauffällig geworden oder konnten schlicht aus Kapazitätsgründen nicht mehr beobachtet werden. Die Folgen waren mörderisch", mahnt die F.A.Z.
Der NORDBAYERISCHE KURIER aus Bayreuth stellt fest: "Terrorismus bedroht unverändert unsere Gesellschaft, unseren Rechtsstaat, unser Leben. Gerade in Deutschland müssen Politik und Sicherheitsbehörden engagierter prüfen, ob sie auf neue Taktiken im Terrorismus vorbereitet sind: Auf handelsübliche, mit Handgranaten bestückte Drohnen, auf Terroristen, die an Gleitschirmen und in Motorgleitern unbemerkt ihre Anschlagsorte erreichen. Es mangelt an Spezialisten in der Terrorabwehr."
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf stellt fest: "Machen wir uns nichts vor: Nicht nur für Israel ist nach dem 7. Oktober nichts mehr so wie vorher. Auch Europa hat seine Sicherheitslage und seine gesellschaftlichen Diskussionen intensiver als je zuvor in den Blick zu nehmen."
Das STRAUBINGER TAGBLATT nennt die Tat auch einen "schrecklichen Weckruf": "Große Teile der krisenerschöpften Öffentlichkeit hatten die Gefahr verständlicherweise verdrängt angesichts der zahllosen anderen geopolitischen Baustellen. Die Welt scheint völlig aus den Fugen geraten. Gerade deshalb müssten die Behörden die Sicherheitslage neu in den Fokus nehmen. Der Anschlag ist eine Erinnerung, dass der islamistische Terrorismus auch in Zeiten von Ukraine-Krieg und aufgeflammtem Nahost-Konflikt aus Europa nicht verschwunden ist. Im Gegenteil", notiert das STRAUBINGER TAGBLATT.
Der Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Israel ist Thema in der HANNOVERSCHEN ALLGEMEINEN ZEITUNG: "Scholz hatte sich im Fall der Ukraine viel Zeit gelassen - streng genommen zu viel Zeit -, selbst dorthin zu reisen. Nun ist sein Signal an die Weltöffentlichkeit am Dienstag umso klarer: Es ist der Besuch zum Versprechen, dass Deutschland an der Seite Israels steht. Eben dies wiederholt Scholz in Tel Aviv. Aus so klaren Worten erwächst eine große Verpflichtung. Nun gilt für Scholz, sein Wort zu halten, ohne dass Deutschland eskalierend auf die brandgefährliche Lage in Nahost wirkt", hebt die HANNOVERSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG hervor.
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER kritisiert: "Wenn Scholz sich als Freund Israels in dieser Zeit der Prüfungen erweisen will, muss er mehr tun. Dabei geht es nicht um militärische Unterstützung oder Waffenlieferungen. Das ist nicht die deutsche Rolle. Dafür sind die Vereinigten Staaten zuständig, die mehrere Flugzeugträger als Warnung ins Mittelmeer beordert haben. Deutschland muss nicht durch militärische Präsenz, sondern durch Diplomatie dazu beitragen, dass Israel nicht in einen Zwei-Fronten-Krieg verwickelt wird. Scholz muss seine Kontakte nutzen, damit der Iran mit seinen Verbündeten wie der islamistischen Hisbollah im Libanon gezügelt wird und kein Flächenbrand im Nahen Osten entsteht", fordert der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER.
Die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG erläutert: "Die Verbündeten Israels senden deutliche Signale, dass es kein Wanken an seiner Seite gibt, und setzen alle diplomatischen Hebel in Bewegung, um das humanitäre Leid zu mildern, vor das die Palästinenser im Gaza-Streifen gestellt sind. Auf der anderen Seite rotten sich die Freunde und Förderer der terroristischen Hamas zusammen. Besonders perfide ist es, dass ausgerechnet Wladimir Putin vor den 'fürchterlichen Folgen' einer israelischen Bodenoffensive warnt. Massaker wie in Butscha, brutaler Häuserkampf in Mariupol, hemmungslose Attacken auf Zivilisten – dafür zeichnet Putin in der Ukraine verantwortlich. Für die mehr als 200 Geiseln in der Hand der Terroristen hat er kein Wort übrig. Es ist ebenso nicht anzunehmen, dass dem Kriegsherren aus Russland das Leid in Gaza zu Herzen geht", konstatiert die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG aus Heide.
Die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus fragt: "Wie vertragen sich die Trauer und die Wut über den Massenmord der Hamas an Unschuldigen in Israel mit dem Mitgefühl für die palästinensischen Opfer? Die unverbrüchliche Solidarität zu Israel wird sich gerade darin zeigen, diese Ambivalenz der Gefühle ertragen zu können. Ob das gelingt, ist längst nicht ausgemacht, weil insbesondere die linken Gruppen in der Bundesrepublik immer mit Israel haderten und das Land in der DDR ohnehin als Feind galt", ist in der LAUSITZER RUNDSCHAU zu lesen.
Zur Eröffnung der Frankfurter Buchmesse betont die FRANKFURTER RUNDSCHAU: "Vielleicht war es nie nötiger, erforderlicher, zum Buch zu greifen, um die großen Zusammenhänge zu begreifen, in die wir uns geworfen sehen. Der Wert des Wortes könnte kaum höher geschätzt werden als in diesen Zeiten der Unruhe: Der russische Überfall auf die Ukraine dauert an. Und in Nahost kündigt sich der nächste große Waffengang an, nach dem Massaker der Hamas an israelischen Zivilisten und Zivilistinnen. Die USA und China reiben sich im Kampf um eine neue Weltordnung. Der globale Süden geht eigene Wege. Inmitten des hohen Wellengangs erscheint der Rückzug in die Zeilen der Bücher wie das Stranden auf einer einsamen Insel", kommentiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die STUTTGARTER ZEITUNG unterstreicht: "Wie brisant die Fürsten der Finsternis dieser Welt selbst das Gut empfinden, um das es hier geht, können in Frankfurt russische und iranische Exilschriftsteller erzählen. Und niemand verkörpert eindrucksvoller den Kampf gegen Hass, Intoleranz und Fanatismus als der britisch-indische Schriftsteller Salman Rushdie, der am Sonntag am symbolträchtigen Gründungsort der Buchmesse, in der Paulskirche, den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels entgegennehmen wird."