Samstag, 11. Mai 2024

21. Oktober 2023
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Heute unter anderem mit Stimmen zum Vorstoß des CSU-Vorsitzenden Söder für ein Ende der Ampel-Koalition. Im Mittelpunkt der Meinungsseiten steht aber weiterhin der Nahostkonflikt.

21.10.2023
Palästinensische Gebiete, Gaza-Stadt: Raketen aus dem Gazastreifen werden über zerstörte Gebäude hinweg auf Israel abgefeuert.
Der Nahostkonflikt ist ein Thema in der Presseschau. (Mohammed Dahman / AP / Mohammed Dahman)
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE beobachtet: "In der Stunde der Not rücken die Israelis zusammen, wie sie es vielleicht noch nie getan haben, vereint in ihrer Trauer, ihrer Wut auch, und fest entschlossen, sich von den bestialischen Anschlägen der Hamas nicht einschüchtern zu lassen. Selbst für ein Volk wie das jüdische, das ständig im Verteidigungsmodus lebt, sind diese Wochen eine beispiellose Herausforderung. Israel meistert sie mit großer Solidarität, mit strategischer Klugheit und einer Tapferkeit, die weit über die seiner Soldaten hinaus reicht. Die Notwendigkeit einer Bodenoffensive gegen die Terroristen, so schmerzhaft sie auch für Israel werden kann, stellt kaum jemand infrage. Die Hamas wünscht Israel den Tod. Der Überlebenswille der Israelis aber ist in diesen Tagen stärker denn je", vermerkt die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Die TAGESZEITUNG bemerkt zur militant-islamistischen Terrororganisation: "Einmarschieren und alles plattmachen – genau darauf spekuliert die Hamas. Ein Segen, dass es Israels Regierung nicht eilt mit der Bodenoffensive. Ein Segen auch die internationalen diplomatischen Anstrengungen. Seit Tagen geben sich ChefdiplomatInnen und SpitzenpolitikerInnen die Klinke in die Hand. Sie sollten nicht damit aufhören. Die Hamas setzt auf Schreckensbilder aus Gaza, auf den dann zu erwartenden internationalen Aufschrei und auf die militärischen Verbündeten in Teheran und im Libanon", urteilt die TAZ.
Die Diplomatie könne vor allem bei zwei Themen Wirkung entfalten, meint die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Bei der Organisation humanitärer Hilfe für den Gazastreifen und bei der politischen Abstimmung in der Region. Beides sollte man nicht gering schätzen. Es wäre in niemandes Interesse, schon gar nicht in dem Israels, wenn die Zivilbevölkerung in Gaza nicht mit dem Nötigsten versorgt würde; auch davon hängt die öffentliche Stimmung in der Nachbarschaft und im Westen ab. Und es ist sinnvoll, wenn westliche Minister und Regierungschefs sich um Deeskalation bemühen", findet die F.A.Z.
Die MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der unter anderem der DONAUKURIER gehört, bewertet das bisherige Engagement von US-Präsident Biden: "Er händelt den verminten Nahost-Konflikt auf Grund seiner Erfahrung und Besonnenheit bisher gut, versucht bei allen Akteuren zu deeskalieren, pocht auf Schutz der Zivilgesellschaft bei einer möglichen Panzeroffensive in Gaza und darauf, die Hisbollah und den dahinter stehenden Iran herauszuhalten. Und er macht deutlich, um was es sowohl in der Ukraine als auch Israel wirklich geht: Buchstäblich um die Rettung zweier Demokratien vor der Vernichtung durch autokratische und Terror-Regime. Sie müssen, im Interesse der gesamten westlichen Welt, absolut gestoppt werden, um die Aussichten auf eine friedlichere Zukunft zu wahren. Bis dahin gilt Hoffen und Beten." Das war der DONAUKURIER.
Themenwechsel. Die Zeitung DIE WELT äußert sich zum Antisemitismus in Deutschland: "Derzeit sind Jüdinnen und Juden hierzulande gezwungen, sich möglichst unsichtbar zu machen, weil sie um ihre Sicherheit fürchten müssen. In Berlin werden ihre Häuser mit dem Davidstern beschmiert, auf ihre Synagogen Anschläge versucht. Ausgerechnet Nancy Faeser, die sich der ersten nationalen Strategie gegen Antisemitismus rühmt, hat zugleich den Expertenkreis Politischer Islamismus aufgelöst. Dieses Gremium war von ihrem Vorgänger Horst Seehofer ins Leben gerufen worden, um die Strukturen islamistischer Gewalt zu erforschen. Faeser sollte mal in ihrer Schreibtischschublade kramen, vielleicht findet sie dort noch die Liste mit den Telefonnummern der Mitglieder des Expertenrats. Es wäre ein guter Zeitpunkt für einen Anruf", empfiehlt DIE WELT.
Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle stellt fest: "Die Mehrheitsgesellschaft betrachtet Antisemitismus wieder als Angelegenheit der Betroffenen. Gewiss, der Horror der Hamas ist beispiellos. Ihre Exekutionen lösen mit Recht Holocaust-Erinnerungen aus. Die genannten Beispiele zeigen aber, dass das Antisemitismus-Problem tiefer reicht, als es jetzt scheint. Es muss spürbar werden, dass das Bekenntnis zum Existenzrecht Israels über das Regierungsviertel hinausgeht. Dies richtet sich vor allem an die arabisch-muslimische Gemeinschaft, die aus Herkunftsländern vielfach antisemitische Stereotype mitbringt und sie nun in Teilen brutal auslebt", analysiert die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG.
Es sei ein wichtiges Zeichen, bemerkt die FRANKFURTER RUNDSCHAU, dass viele gesellschaftliche Organisationen "für Sonntag in Berlin zur Großdemonstration gegen Antisemitismus und für Solidarität und Mitgefühl mit Israel aufrufen. Denn bisher meldet sich weit lautstärker die Pro-Palästina-Fraktion in Deutschland zu Wort. Die Parole 'Free Palestine' klingt nach Befreiungsbewegung. Doch das beschönigt die wahre Botschaft: Sie ist Ausdruck eines Vernichtungswillens gegenüber Israel. Das muss insbesondere jungen Leuten verdeutlicht werden, die sich einer modischen Bewegung anschließen und dabei letztlich von Hasspredigern wie dem Hamas-Chef Ismail Haniyya aufgestachelt werden. Das wiederum führt dazu, dass inzwischen jede Person mit einem Palästinensertuch unter Verdacht steht. Das Bekunden von Solidarität mit den Menschen in Palästina muss aber möglich sein, das Bekunden von Solidarität mit der Hamas allerdings nicht", notiert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Das STRAUBINGER TAGBLATT vertritt diese Ansicht: "Wenn Gewalt und Volksverhetzung wie in Berlin zu erwarten sind, muss der Staat nicht sehenden Auges den Judenhassern und Randalierern freie Bahn lassen. So weit geht die Meinungsfreiheit nicht. Friedlich vorgetragene Kritik an Israel aber muss zulässig bleiben, auch wenn sie noch so grob Fakten verleugnet und der Anlass dafür zu dieser Stunde geradezu grotesk abwegig ist. Die Meinungsfreiheit in der Demokratie verlangt, dass die Mehrheit auch die abstrusesten Meinungsäußerungen ertragen muss", findet das STRAUBINGER TAGBLATT.
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg geht ein auf den Vorstoß des CSU-Vorsitzenden, die Ampelkoalition zu beenden: "Söder, gerade mit mäßigem Ergebnis zum bayerischen Landesfürsten wiedergewählt, bietet CDU und CSU dem SPD-Kanzler als Juniorpartner an. Dafür müsste Scholz nur endlich Grüne und FDP aus der Regierung schmeißen. Dann könnte in der Flüchtlingspolitik aufgeräumt werden mit einer Regierung der nationalen Vernunft. Abgesehen davon, dass das mehr nach einem afrikanischen Putschkabinett klingt, dürfte Söders Vorstoß schon an Themenarmut scheitern. Die Migration ist beileibe nicht die einzige drückende Sorge im Land. Aber wirkungsvoll provozieren und sticheln - das lässt Söder weiter an der Kanzlerkandidatur schnuppern", vermutet die VOLKSSTIMME.
Der MÜNCHNER MERKUR spricht von einem umoralischen Angebot: "Denn es zielt darauf ab, das Misstrauen in der schwer ramponierten Ampelregierung, in der sich die verkrachten Partner SPD, FDP und Grüne nur noch wie Ertrinkende aneinanderklammern, weiter zu vertiefen. Mal schauen, ob die Grünen bei den nun laut Kanzler geplanten Massenabschiebungen abgelehnter Asylbewerber wirklich so klaglos mitspielen. Das ist der taktische Teil. Es gibt aber auch einen staatspolitischen: Der Zersetzungsprozess, der in der deutschen Politik eingesetzt hat und dessen sichtbarstes Zeichen der kometenhafte Aufstieg der Populisten ist, muss jeden Demokraten tief besorgen", mahnt der MÜNCHNER MERKUR.
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER verlangt: "Olaf Scholz muss nun zeigen, wie ernst er es mit dem 'Deutschlandpakt' meint. Dass er seine Ampelregierung platzen lässt, ist im Moment aber unwahrscheinlich. Scholz wartet gerne ab. Zudem würde ihm ein Koalitionsbruch als Führungsschwäche ausgelegt. Er wird daher erst einmal probieren, wie weit er kommt, wenn er die Migration zur Chefsache erklärt. Doch die Idee einer Koalition mit CDU/CSU steht wie ein Gespenst im Raum und könnte den Kanzler noch heimsuchen", vermutet der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER. Und damit endet unsere Presseschau.