26. Oktober 2023
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Kommentiert wird die Rede von UNO-Generalsekretär Guterres zum Nahostkonflikt. Weiteres Thema ist die Sicherheitslage in Deutschland. Doch zunächst Stimmen zu den vom Bundeskabinett beschlossenen strengeren Abschieberegeln.

Hand- und Fußfesseln trägt ein junger Mann aus Afghanistan, den Polizisten zur Abschiebung zum Flughafen bringen.
Ein Mann wird zur Abschiebung zum Flughafen gebracht (Archivbild). (Boris Roessler / dpa / Boris Roessler)
Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Wuppertal erinnert daran, schon der damalige CSU-Innenminister Horst Seehofer habe "mit dem 'Geordnete-Rückkehr-Gesetz' den Versuch unternommen, die illegale Zuwanderung zu erschweren oder unangenehmer zu gestalten. Das Gesetz blieb weitgehend ohne Wirkung. Jetzt geht Nancy Faeser (SPD) als Bundesinnenministerin einen ähnlichen Weg. Ihr 'Rückführungsverbesserungsgesetz' zielt auf pragmatische Änderungen bei beschlossenen Abschiebungen ab, die alternativlos sind, wenn man ernst nehmen will, dass in den deutschen Kommunen die Bereitschaft zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive nicht mehr vorhanden ist, weil die Überlastung greifbar wird. Dazu gehören Maßnahmen, die eine Abschiebung zumindest von deutscher Seite sicherer machen", vermerkt die WESTDEUTSCHE ZEITUNG.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) ist sich sicher: "Das nächtliche Eindringen in Schlafräume, das Handyauslesen, die Verlängerung des Ausreisegewahrsams und all die anderen, vom Bundestag noch zu beschließenden Repressionen, ändern nichts daran, dass die Abzuschiebenden irgendwo hinmüssen. Auch in Zukunft wird man Papiere suchen, Identitäten klären und Herkunftsstaaten um Zusammenarbeit bitten. Abschiebung im großen Stil wird es nicht geben. Der größte Teil der irregulär eingereisten Migranten ist ohnehin nach der Einreise keineswegs illegal im Land. Das Migrationsproblem wird durch ein paar mehr Abschiebungen nicht gelöst", unterstreicht die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Der Bremer WESER-KURIER meint, es sei keine Überraschung, dass SPD, Grüne und FDP beim Thema Abschiebungen letztlich auf einen Nenner gekommen seien: "Sie waren dazu gezwungen - Länder und Kommunen, vor allem aber die Bevölkerung erwarten ein überzeugendes Konzept für das Zuwanderungsland Deutschland. Die Einigung ist in erster Linie als Signal zu verstehen, dass sich in der Ampel und in der Migrationspolitik etwas tut. Die Probleme werden durch schnellere Abschiebungen allein, sofern überhaupt möglich, nicht gelöst. Nötig sind weitere Entscheidungen in heiklen Fragen, vor denen sich diverse Vorgänger-Bundesregierungen gedrückt haben", verlangt der WESER-KURIER.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG stellt fest: "Es gibt inzwischen so viele Vereinbarungen der Ampelkoalition, die den Migrationsdruck senken sollen, dass man annehmen muss: Ab morgen können die Kommunen aufatmen! Es gibt die Migrationspakte I und II, außerdem nun noch den Kabinettsbeschluss zum 'Rückführungsverbesserungsgesetz'. Doch dass jetzt alles plötzlich besser wird, ist nicht zu erwarten. Zwar sind die nun in Gesetzesform gegossenen Maßnahmen zur schnelleren Abschiebung abgelehnter Asylbewerber richtig und überschreiten auch nicht die Grenze zum Inhumanen. Aber entlastet werden die Kommunen dadurch nur sehr langsam. Schließlich sind die Rückführungszahlen zuletzt schon erkennbar gestiegen - ohne, dass Bürgermeister und Landräte sich entspannen konnten. Zumindest wirkt der Bundeskanzler jetzt entschlossen. Das ist ein Fortschritt", bilanziert die F.A.Z.
Themenwechsel. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG geht ein auf die Rede des UNO-Generalsekretärs im Sicherheitsrat zum Nahostkonflikt: "António Guterres zählt zu den erfahrensten Diplomaten des Planeten, es ist daher davon auszugehen, dass er sehr genau wusste, welche Wirkung seine Worte entfalten würden. Es war dem Generalsekretär der Vereinten Nationen offenbar ein Anliegen, im UNO-Sicherheitsrat zu sagen, die mörderische Attacke der Terrororganisation Hamas auf israelische Zivilisten sei 'nicht in einem Vakuum' geschehen. Das ist einerseits richtig, weil nichts in einem Vakuum geschieht, schon gar nicht im Nahen Osten. Das ist andererseits eine unerhörte Aussage, weil sie zumindest unterschwellig nahelegt, die Israelis könnten selbst daran schuld sein, dass sie von Mördern und Schlächtern überfallen wurden. Guterres versteht sich in seiner Rolle als UNO-Generalsekretär vor allem als Anwalt der Schwachen. Wer als Chefdiplomat der Welt in einer solchen Situation nicht zunächst in deutlichsten Worten die Gräueltaten der Hamas verurteilt, hat das Maß verloren. Natürlich hat sich Guterres im Laufe seiner Ausführungen auch gegen die Gewalt der Terroristen ausgesprochen, doch das macht seine Relativierung der Attacke nicht ungeschehen", urteilt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg kritisiert, Guterres lasse sich dazu hinreißen, die Hamas-Erzählung "vom angeblich heroischen Befreiungskampf auf höchster diplomatischer Ebene zu adeln. Der unsäglichen Relativierung des Terrors ist damit Tür und Tor geöffnet und das Recht auf Selbstverteidigung Israels infrage gestellt. In Vergessenheit gerät unterdessen, dass der Raketenbeschuss aus Gaza fast ohne Unterlass anhält und große Mengen der Hilfsgüter nicht dort angekommen, wo sie sollten, weil die Terroristen sie kontrollieren. Dies hätte Guterres ansprechen müssen, anstatt der Hamas auf den Leim zu gehen", findet die VOLKSSTIMME.
Das STRAUBINGER TAGBLATT spricht von Konsequenzen: "António Guterres kann nicht weiter die Welt und die Werte repräsentieren, die sich die Vereinten Nationen in ihrer Charta gegeben haben. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Es ist notwendig, auf die Einhaltung des Völkerrechts zu pochen und den Schutz der Zivilbevölkerung in Gaza einzufordern. Guterres’ Äußerung jedoch bildet den Höhepunkt einer langen Reihe israelkritischer bis -feindlicher Aktivitäten am New Yorker East River, die sich unter anderem in mehr als 100 Resolutionen der Generalversammlung zwischen 2015 und 2021 widerspiegeln. Mit dem Iran haben sich in dem Zeitraum nur fünf befasst. Das sagt schon alles", schreibt das STRAUBINGER TAGBLATT.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf äußert sich zur Sicherheitslage in Deutschland. Diese habe sich verschärft: "Das zeigen die vielen Angriffe und Bedrohungen gegen jüdisches Leben. Doch es trifft nicht mehr nur die in Deutschland lebenden Juden. Im gesamten Bundesgebiet gab es unzählige Bombendrohungen – gegen Schulen, Medienhäuser, Parteizentralen und Botschaften. Noch ist der Hintergrund unklar. Doch die breite Streuung legt die Vermutung nahe, dass es darum geht, das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger zu erschüttern und womöglich auch Hass gegen Israel zu schüren. Es ist ein altbekanntes Muster, dessen Wirkung aber real ist: Terror trifft auch die Psyche", analysiert die RHEINISCHE POST.
Viele hätten die Gefahren durch islamistischen Terrorismus in den vergangenen Jahren verdrängt, heißt es in der FRANKFURTER RUNDSCHAU: "Doch der Dschihadismus war nie weg aus Europa. In den vergangenen Tagen und Wochen wurde er wieder so sichtbar wie lange nicht. Der brutale Angriff der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel wirkt wie ein Katalysator für den Dschihadismus – und für Israelhass und Antisemitismus, der in Gewalt umschlägt. Die Anschläge in Frankreich und Belgien und die vereitelten mutmaßlichen Anschlagspläne von Duisburg machen deutlich, wie wichtig es ist, dass Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste die dschihadistische Szene weiterhin engmaschig im Blick behalten", mahnt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Das Fazit der RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz lautet wie folgt: "Der 11. September 2001, aber auch die Anschlagsserien in Europa zwischen 2015 und 2017 haben gelehrt, dass dieser Terror auch darauf abzielt, liberale Demokratien und freie Gesellschaften in ihrem Kern zu erschüttern. Es wäre wohlfeil zu behaupten, man dürfe sich davon einfach nicht einschüchtern lassen. Wem die Freiheit etwas wert ist und wer seine Kinder in Frieden aufwachsen sehen will, den lässt diese Bedrohungslage nicht kalt. Umso wichtiger ist es, das Gefühl zu haben, dass der Staat seine Sicherheitsaufgabe fest im Griff hat." Mit diesem Kommentar der RHEIN-ZEITUNG endet die Presseschau.